Die Urkundenfälschung – Wann ein Kunstwerk eine Urkunde darstellt

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Die Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB 

Wegen Urkundenfälschung macht sich gemäß § 267 Abs. 1 StGB strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht.

Die Urkundenfälschung gem. § 267 StGB ist kein Kavaliersdelikt und wird auch bei geringem Schaden von den Strafverfolgungsbehörden zur Anklage gebracht. Bei Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Welche Strafe der Richter im Einzelnen verhängt, hängt von der Schwere der Schuld, insbesondere den Vorstrafen, der Tatbegehung und dem Ausmaß des Schadens ab. Hier ergeben sich gute Ansatzmöglichkeiten für einen Strafverteidiger, zum Beispiel auf ein Einstellen des Verfahrens wegen geringer Schuld hinzuwirken.

Um sich wegen Urkundenfälschung strafbar zu machen, muss man vorsätzlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr gehandelt haben. Man muss Kenntnis der wesentlichen Umstände haben, aus denen sich die Urkundeneigenschaft ergibt. Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt man, wenn man versucht, einen anderen über die Echtheit der Urkunde zu täuschen und ihn dadurch zu einem rechtlich erheblichen Verhalten veranlassen will. Wer also seinen Personalausweis oder seine Geburtsurkunde verändert, um dem Liebhaber zu gefallen, begeht keine Urkundenfälschung.

Was unter den Begriff der Urkunde im Sinne der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB fällt, kann allerdings weit über die das geläufig angenommene unterschriebene Schriftstück hinausgehen. So kann unter anderem ein an einem Kfz befestigtes Kennzeichen oder ein mit einem Preisticket versehener Gegenstand Urkundenqualität haben.

Urkunden im Sinne des § 267 StGB sind verkörperte menschliche Gedankenerklärungen, die geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen und die ihren Aussteller erkennen lassen.

Stellt auch ein Kunstwerk eine Urkunde dar? 

Um genau diese Frage drehte sich auch der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 2020 (2 StR 398/19).

Anlass hierzu gab der Angeklagte, welcher ein Gemälde zum Zweck des Verkaufs in eine Ausstellung einliefern ließ. Bei dem vermeintlich von dem russischen Avantgardisten El Lissitzkiy stammenden Werk handelte es sich um eine Fälschung. Dies stellte das Landgericht auch fest. Hierbei äußerte es sich jedoch nicht dazu, ob das Kunstwerk signiert war, sondern gab lediglich an, das Werk werde dem Künstler El Lissitzkiy „zugeschrieben“. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Gebrauchmachens einer unechte Urkunde gemäß § 267 Absatz 1 Var. 3 StGB.

Dies veranlasste den BGH dazu, sich damit auseinanderzusetzten, ob ein Kunstwerk trotz fehlender Signierung eine Urkunde darstellen kann. Dies verneinte der BGH. Fehlt es an einer Signierung eines Werkes, hat dieses nicht die Qualität einer strafrechtlichen Urkunde. Diese erlangt das Kunstwerk erst mit seiner Signierung.

Die Signatur ist wesentlich für die Urkundenqualität eines Kunstwerkes, da ein unsigniertes Werk zwar die Einstellung des Kunstschaffenden zu einer bestimmten Frage zum Ausdruck bringt, eine rechtlich erhebliche Tatsache beweist dieses jedoch nicht. Es lässt ebenfalls seinen Aussteller nicht erkennen. Dies ist selbst dann der Fall, wenn ein unsigniertes Kunstwerk seinem „Stil“ nach einem bestimmten Künstler zuzuordnen ist.

Das vom BGH zitierte Reichsgericht fasst die Bedeutung der Signierung wie folgt zusammen:  Die Signierung kann „einzig und allein bezwecken, ein sichtbares Zeichen dafür zu geben, dass das Gemälde von seiner, des Künstlers Hand herrühre, dass er es für vollendet und verkehrsreif gelten lassen wolle, und dass er es als seine Schöpfung gegenüber der Öffentlichkeit anerkennen und vertreten werde. Ebenso erblickt weiterhin die allgemeine Anschauung in dem Namenszug des Künstlers die Gewähr für seine Urheberschaft und die Reife seines Werkes.“ (RGSt 34, 53, 54)

Somit hat die Signatur von Kunstfälschungen wesentliche Bedeutung bei der strafrechtlichen Einordung dieser im Rahmen der Urkundendelikte. Hierbei ist zu beachten, dass die vorliegende Rechtsprechung nicht nur auf eindimensionale Werke wie Gemälde oder Zeichnungen, sondern auch auf plastische oder dreidimensionale Werke anwendbar ist.

Wann brauche ich anwaltliche Hilfe? 

Wenn Sie wegen Urkundenfälschung angezeigt wurden, müssen Sie vor Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht keine Angaben zur Sache machen. Ihr Schweigen wird Ihnen nicht als Schuldanerkenntnis ausgelegt. Einer Vorladung vor der Polizei oder dem Staatsanwalt müssen Sie nicht Folge leisten. Sie sollten sie ignorieren. Vorladungen vor Gericht sind jedoch einzuhalten. Häufig kann durch die Strafverfolgungsbehörden nicht belegt werden, dass es sich tatsächlich um eine Urkunde im Sinne von § 267 StGB handelt. Erst Ihre Einlassung kann dazu führen, dass ein Nachweis der Urkundenfälschung möglich ist. Deshalb sollten Sie sich frühzeitig an einen Strafverteidiger wenden. Nach Akteneinsicht ist es dann möglich, eine Einlassung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden abzugeben, die auf die Schwächen des Beweisergebnisses eingeht.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen Urkundenfälschung strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.




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