Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (der sog. 111a-Beschluss)

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Gemäß § 69 des Strafgesetzbuches (StGB) kann einem Straftäter neben der Strafe als Maßregel die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (Abs. 1). Von dieser Ungeeignetheit ist gemäß Abs. 2 in der Regel dann auszugehen, wenn es sich bei der Tat z. B. um Trunkenheitsfahrten gemäß §§ 315c oder 316 StGB handelt.

Eine solche Entziehung der Fahrerlaubnis zuzüglich einer Sperre für die Neuerteilung (§ 69a StGB) verhängt der Richter im Urteil, also am Ende der Hauptverhandlung.

Wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass es zu einer solchen Entziehung der Fahrerlaubnis kommen wird, kann bereits im Ermittlungsverfahren die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, § 111a Strafprozessordnung (StPO), um die Allgemeinheit vor den Gefahren durch einen ungeeigneten Kraftfahrzeugführer zu schützen.

Wann solche dringenden Gründe vorliegen, kann im Einzelfall sehr fraglich sein:

Der Mandant hatte am Fahrbahnrand im Bereich einer Einfahrt geparkt und auf seinen Mitfahrer gewartet, der am Geldautomaten kurz Geld abheben wollte. Nach dessen Rückkehr sah er in die Rückspiegel und nahm den späteren Unfallgegner hinter sich wahr, der nach seiner Ansicht noch weit genug entfernt war. Er parkte aus. Dabei kam es zu einer seitlichen Kollision. Eine bei dem Mandanten abgenommene Blutprobe ergab einen Promillewert von 0,60.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin entzog gemäß § 111a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig: Mein Mandant habe den Unfall verursacht und es sei hoher Sachschaden entstanden, also ein Fall des § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB.

Diese Begründung kann aber eine solche Entscheidung nicht rechtfertigen. Im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit (0,3 bis 1,09 Promille) bedarf es zur Feststellung der Fahruntüchtigkeit i. S. der §§ 315c, 316 StGB weiterer Beweisanzeichen, etwa des Vorliegens eines Fahrfehlers, der zudem noch alkoholbedingt sein muss. Je geringer die festgestellte Blutalkoholkonzentration beim Täter ist, desto strengere Anforderungen sind an den Nachweis der Fahruntüchtigkeit zu stellen (vgl. LG Hamburg, Beschluss v. 13.01.2009, 603 Qs 10/09 nach Juris).

Auf dieser Linie hatte bereits das Landgericht Berlin das Übersehen einer roten Ampel mit 0,70 Promille als nicht ausreichend angesehen (BA 07, 186).

Da auch nüchterne Verkehrsteilnehmer unvorsichtig vom Fahrbahnrad anfahren und es keine weiteren Beweisanzeichen für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Mandanten gab, hob das Landgericht Berlin auf meine Beschwerde hin die Entscheidung des Amtsgerichts auf und gab den beschlagnahmten Führerschein wieder an den Mandanten heraus.

19.08.2010

Rechtsanwalt Michalski, Berlin-Schöneberg

Strafsachen - Verkehrsunfallsachen


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