Diesel-Abgasskandal bei VW: Ausnahme von der Spätkäuferregelung des Bundesgerichtshofs

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Ein geschädigter Verbraucher erhält für seinen 2016 als Neuwagen erworbenen VW Tiguan mit dem Motortyp EA189 insgesamt 42.713,85 Euro abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Das Besondere an dem Urteil ist, dass das Fahrzeug erst weit nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals bei VW gekauft worden ist. Für Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung ist dieses Urteil ein weiterer Meilenstein in der verbraucherfreundlichen Rechtssprechung. 

Das Landgericht Krefeld hat (Urteil vom 17.06.2020, Az.: 2 O 541/19) die Volkswagen AG zu einer umfangreichen Schadensersatzzahlung für einen VW Tiguan verurteilt. Der Zweiliter-Diesel vom Motortyp EA189 (Euro 5) wurde im August 2016 als Neuwagen gekauft, der geschädigte Verbraucher erhält insgesamt 42.713,85 Euro abzüglich einer Nutzungsentschädigung. 

In dem Wagen ist laut Gericht eine Motorsoftware zur Optimierung der Stickstoffoxid-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren verbaut. Die Software erkennt, ob sich das Kfz auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoffoxid-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb. Hierdurch werden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt. 

Das Urteil folgt grundsätzlich dem allgemeinen Trend, die Volkswagen AG nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Dieselskandal zu verurteilen. Inzwischen liegen zahlreiche Urteile vor, die bestätigen, dass sich VW durch die Abgasmanipulationen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung beziehungsweise wegen Betruges schadensersatzpflichtig gemacht hat. Auch die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof haben diese Sichtweise inzwischen durch gerichtliche Entscheidungen bestätigt, erläutert der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde. 

Das Besondere an dem Urteil des Landgerichts Krefeld ist aber, dass das Fahrzeug als Neuwagen erst weit nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals bei VW im Jahr 2016 gekauft worden ist. Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung bei Käufen von Gebrauchtwagen mit den vom Abgasskandal betroffenen Motoren nach dem 22. September 2015 die von § 826 BGB vorausgesetzte Sittenwidrigkeit verneint. Das Landgericht Krefeld hat diese Ansicht indes im vorliegenden Fall ausdrücklich verneint. Schließlich habe der geschädigte Verbraucher im August 2016 einen Neuwagen gekauft, und zwar direkt bei Volkswagen. Daher habe der Käufer davon ausgehen müssen, ein Fahrzeug ohne manipulierte Software zu erwerben. VW hätte die Möglichkeit gehabt, auf die Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund reiche das Verhalten der beklagten Volkswagen AG nach Aufdeckung des Abgasskandals nicht aus, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu revidieren. 

Für Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung ist dieses Urteil ein weiterer Meilenstein in der verbraucherfreundlichen Rechtssprechung. Mehr und mehr wird jetzt deutlich, dass das Dieselgate um den Skandalmotor EA189 längst nicht beendet ist. Auch Käufer, die nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals ihre Fahrzeuge in Treu und Glauben erworben haben, sollten ihre Schadensersatzansprüche auf dem Wege der Betrugshaftungsklage gegen die Volkswagen AG und die Tochtermarken prüfen lassen. 

Die erste Generation der VW-Schummeldiesel, also der Motorentyp EA189 hat bei der Justiz somit noch lange nicht ausgedient. Vor allem häufen sich zuletzt auch die klagestattgebenden Urteile im Bereich „Dieselgate 2.0“, das den angeblich sauberen VW-Nachfolgemotor des Typs EA288 mit der Abgasnorm Euro 6 betrifft.



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