Dieselabgasskandal um EA189 der Volkswagen AG: Richtungsweisendes Urteil zur Verjährung

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Das Landgericht Duisburg hat die Volkswagen AG im EA189-Abgasskandal zu Schadenersatz für die Manipulationen an einem CC verurteilt. Das Besondere: Die Verjährung trete nicht vor dem 31. Dezember 2022 ein. Es sei nicht ersichtlich, woher der Kläger schon vor 2018 hätte wissen sollen, dass sein Fahrzeug mit einem Motor dieses bestimmten Typs ausgestattet gewesen sei.

Das Landgericht Duisburg (Urteil vom 23.03.2021, Az.: 1 O 334/20) hat im Rahmen des Dieselabgasskandals der Volkswagen AG rund und den Vierzylinder-Dieselmotor EA189 (Dieselgate 1.0) den Autohersteller zu Schadenersatz in Höhe von 22.649,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2020 zu zahlen (abzüglich einer Nutzungsentschädigung). Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Streitgegenständlich war ein VW CC 2.0 TDI (Erstzulassung 7. November 2013), den der geschädigte Verbraucher im September 2014 mit einer Laufleistung von 26.401 Kilometern zum Preis von 22.000 Euro erworben und finanziert hatte. „Bekanntlich wurde bei dem EA189 regelmäßig eine Software eingesetzt, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand betrieben wird, und dann eine Rückführung von Abgasen in den Motor veranlasst. Das führt zu einer Reduzierung der Stickoxide in den ausgestoßenen Abgasen im Vergleich zum Betrieb ohne die erhöhte Abgasrückführung. Im Prüfstandsmodus mit einer erhöhten Abgasrückführung werden die Grenzwerte nach der Euro 5-Norm eingehalten“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Das Gericht ließ sich nicht auf die Argumente der Volkswagen AG ein, dass beispielsweise der Kläger die Chance hatte, das Fahrzeug 2017 im Rahmen der Finanzierung zurückzugeben. Zudem seien etwaige Ansprüche ohnehin verjährt. Dieser Einrede hat das Landgericht Duisburg einen Riegel vorgeschoben und die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB bestätigt. „So sei die dreijährige Verjährungsfrist nicht zur Zustellung der Klageschrift am 21. Dezember 2020 abgelaufen, da nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger schon 2018 oder früher Kenntnis der seine Ansprüche begründenden Umstände hatte oder haben musste, sodass die Verjährung nicht vor dem 1. Januar 2019 in Lauf gesetzt worden sein. Damit lassen sich Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB mindestens bis 31. Dezember 2022 durchsetzen“, erklärt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Das Gericht schreibt in seiner Urteilsbegründung, dass der Kläger aus den einschlägigen Veröffentlichungen der Volkswagen AG zum Abgasskandal Dieselgate 1.0 nicht erfassen konnte, dass der von ihm erworbenen CC davon betroffen gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich, woher der Kläger hätte wissen sollen, dass sein Fahrzeug mit einem Motor dieses bestimmten Typs ausgestattet gewesen sei. Im Kaufvertrag habe es keine Bezeichnung des Motors gegeben, und in den Fahrzeugpapieren sei die Motorenbezeichnung für einen Laien nicht erkennbar. Ebenfalls für den geschädigten Verbraucher spricht laut Gericht, dass das im September 2015 angekündigte Software-Update der Volkswagen AG die Mängel gar nicht beheben konnte.

Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung weist daher darauf hin, dass geschädigte Dieselkäufer nicht aus Sorge vor Verjährung auf Betrugshaftungsklagen verzichten sollten. Und selbst wenn dem Kläger kein Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zustehe, bleibe die Volkswagen AG regelmäßig nach § 852 BGB zu Schadenersatz als Anspruch auf Restschadenersatz verpflichtet. „Nach dieser Bestimmung hat der Ersatzpflichtige selbst nach Verjährung des Schadenersatzanspruches nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Anspruch aus § 852 BGB weiterhin ein deliktischer Schadensersatzanspruch ist. Der von der Volkswagen AG erschlichene finanzielle Vorteil muss an die Geschädigten zurückgegeben werden, und die Verjährung tritt frühestens nach zehn Jahren ab Kauf ein.“

Das Dieselgate 2.0 bezüglich des VW-Nachfolgemotors des Typs EA288 der Abgasnorm Euro 6 hingegen ist auf keinen Fall von der etwaigen Verjährungsproblematik des VW-Vorgängermotors des Typs EA189 oder der vom Bundesgerichtshof entwickelten Spätkäufer-Problematik betroffen und somit noch lange nicht beendet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Gerichte den geschädigten Dieselkäufern in den nächsten Jahren zudem weitreichende Schadensersatzansprüche zusprechen werden. Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat eine spezielle Website zur neuen EA288-Thematik eingerichtet und listet dort alle Modelle von Audi, VW, Seat und Skoda auf, die sehr vom VW-EA288-Abgasskandal betroffen sind. Die Liste ist unter www.hartung-rechtsanwaelte.de/vw-dieselskandal-ea288 frei zugänglich.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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