Digitale Personalakte und Befristungsabrede

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Digitale Personalakte und Befristungsabrede


In Zeiten der immer weiter rasant fortschreitenden Digitalisierung, welche mittlerweile in fast jeden Bereichen des täglichen Lebens Einzug hält, stellt sich die Frage, ob die andauernde Digitalisierung tatsächlich in allen Gebieten sinnvoll erscheint. Auch im Arbeitsleben werden Personalakten häufig in digitaler Form geführt und die haptischen Schriftstücke unter anderem entsorgt. Doch es kann durchaus Folgen haben, wenn eine Urkunde nicht mehr im Original, sondern nur noch in digitaler Form vorliegt.


Beispielsweise hält ein Arbeitgeber die Schriftform einer Befristungsabrede nicht ein, wenn er im Prozess eine Vertragsurkunde über die Vertragsbefristung nur in digitaler Form vorlegen kann. So hat das Landesarbeitsgericht Köln in einem Teilurteil vom 22.02.2022 (16 Ca 5021/21) entschieden.


Der Kläger arbeitete jahrelang für die beklagte Arbeitgeberin, teilweise fest, teilweise als Leiharbeiter. Vom 01.09.2019 bis zum 31.08.2020 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag. Die Beklagte berief sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf und kündigte das Arbeitsverhältnis vorsorglich mit mehreren Schreiben. Der Kläger wandte sich mit seiner Klage sowohl gegen die Wirksamkeit einer Befristung als auch gegen die der Kündigungen.


Das Landesarbeitsgericht in Köln erachtete die Befristungsvereinbarung für unwirksam, weil sie die zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG erforderliche Schriftform nicht gewahrt hat. Die Beklagte war dabei für die Wahrung der Schriftform beweisbelastet, da sie sich als Arbeitgeberin auf die Wirksamkeit der Befristung berufen hat. Dem Kläger lag die Vereinbarung nicht (mehr) vor, wodurch er in zulässiger Weise mit Nichtmehrwissen bestritten hat, dass die von der Beklagten vorgelegte Vereinbarung über die bis zum 31.08.2021 befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf Seiten der Beklagten im Original unterschrieben worden ist.


Das Arbeitsgericht führte zur Beweiswürdigung näher aus:


„Diesen Beweis hat die Beklagte nicht angetreten. Der Urkundsbeweis wird durch die Vorlegung der Urkunde angetreten (§§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 420 ZPO). Die Vertragsurkunde konnte sie nicht mehr vorlegen, weil sie nach eigenem Vortrag ihre Personalakte digital führt und die Originalurkunde vernichtet hat.


Der eingereichte Scan als Augenscheinsobjekt i. S. v. § 371 Abs. 1 Satz 2 ZPO vermag das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung (§ 286 ZPO) nicht davon zu überzeugen, dass die eingescannte Urkunde im Original von beiden Parteien unterschrieben war. Bei der Beklagten werden durchaus auch Unterschriften in arbeitsrechtlichen Willenserklärungen eingescannt, die der Schriftform bedürfen, wie sie hinsichtlich der Unterschrift des Werksleiters auf dem Kündigungsschreiben vom 09.09.2021 in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat. Dieser unstreitig eingescannten Unterschrift sieht man die fehlende Originalität auf dem mit der Klageschrift vorgelegten elektronischen Scan auch nicht ohne weiteres an. Außerdem weist der von der Beklagten vorgelegte Scan Bl. 95 naturgemäß die scantypische "Verpixelung" auf und erlaubt schon deshalb bei der gerichtlichen Inaugenscheinnahme keinen hinreichend sicheren Rückschluss darauf, dass das eingescannte Dokument Originalunterschriften aufwies.“


Fazit: 

Im Sinne der Rechtssicherheit sollten die originalen Urkunden auch in physischer Form noch aufbewahrt werden. Natürlich ist dies ein Mehraufwand, der zum momentanen Zeitpunkt jedoch noch zwingend erforderlich ist, wenn es zu Rechtsstreiten wie den obig skizzierten kommt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie in Zukunft die digitale Personalakte und die sich hierin befindlichen Unterlagen durch den Gesetzgeber in den entsprechenden arbeitsrechtlich relevanten Schriftform-Vorschriften eingearbeitet werden. Das Auseinanderdriften zwischen Digitalisierung und der im Gesetz an manchen Stellen vorgeschriebenen Schriftform kann nicht zu Lasten der Parteien gehen. Es besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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