Drohender Totalverlust bei zwei Angeboten der One Group!

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Anlegerinnen und Anleger der One Group, einer deutschen Tochter des österreichischen Immobilienkonzerns Soravia, stehen vor einem Totalverlust ihres investierten Kapitals in die nachrangigen Schuldverschreibungen „ProReal Europa 9“ und „ProReal Europa 10“. Zusammen sind hiervon 278 Millionen Euro betroffen. Der Insolvenzantrag der SC Finance Four GmbH, der diese Schuldverschreibungen herausgegeben hat, deutet auf eine Zahlungsunfähigkeit hin, die durch die Nichteinhaltung von Zahlungszusagen bei vier Projekten und dadurch entstandene negative Folgeeffekte verursacht wurde. Diese Situation resultiert aus der Schwierigkeit der Projektgesellschaften, Zinsen für gewährte Darlehen zu zahlen, und der Unmöglichkeit, neue Finanzmittel für die Fortsetzung der Projekte zu beschaffen. Trotz der Unsicherheit über die genaue Insolvenzquote und mögliche Sanierungsmaßnahmen, warnt Soravia Deutschland vor einem drohenden Totalverlust für die Anleger.

Probleme bei Immobiliekonzern Soravia

Problemfälle des österrei­chischen Immobilien­konzerns Soravia bescheren Anlegern der deutschen Tochter One Group möglicherweise einen Komplett­ausfall. Das legt ein kürzlich gestellter Insolvenz­antrag nahe.


Anleger der One Group betroffen

Anle­gerinnen und Anleger von zwei Anla­geangeboten der One Group aus Hamburg müssen sich auf einen Total­verlust einstellen. Sie haben Geld in die nach­rangigen Schuld­verschreibungen „ProReal Europa 9“ und „ProReal Europa 10“ gesteckt. Bei Schuld­verschreibungen verleihen Anleger zum Beispiel an Firmen Geld gegen Zinsen. Insgesamt handelt es sich  wohl um 278 Millionen Euro. Das legt der Insolvenz­antrag der SC Finance Four GmbH, Neu-Isenburg, früher Hamburg, vom 8. März 2024 nahe, der am Insolvenzge­richt Offenbach einge­reicht wurde und der Finanztest vorliegt. 
Dies meldet jedenfalls Stiftung Finanztest am 19.04.2024.

Beide Angebote hatte die One Group aus Hamburg Ende 2020 und Mitte 2021 auf den Markt gebracht. Die One Group gehört zum großen österrei­chischen Immobilien­konzern Soravia. Der Konzern mit mehr als 140-jähriger Geschichte hat 14 300 Wohnungen gebaut, Projekte mit 4,9 Milliarden Volumen sind nach eigenen Angaben derzeit in der Entwick­lung. Nicht nur Soravia, sondern auch andere Immobilien-Projekt­entwickler kämpfen momentan mit nicht nach Plan verlaufenden Projekten. Dies liegt wohl auch an den steigenden Zinsen, die es den Projektentwicklern allgemein schwerer macht, am Markt zu bestehen und Anleihen zurückzuzahlen.

Das Kapital der Anleger – 100 Millionen Euro (ProReal Europa 9) beziehungs­weise 178,5 Millionen Euro (ProReal Europa 10) – sollte während der jeweils dreijäh­rigen Lauf­zeit mit 6 Prozent beziehungs­weise 5,75 Prozent pro Jahr verzinst werden. Ende Dezember 2023 wurden überraschend die Zinszahlungen ausgesetzt. Soravia Deutsch­land teilte mit, etwa 11 000 Anle­gerinnen und Anleger seien „von einem hohen Ausfall­risiko betroffen“, so die Stiftung Warentest.


Projektgesell­schaften zahlten nicht

Die Schuld­verschreibungen hatten die ProReal Europa 9 GmbH (PRE 9) und ProReal Europa 10 GmbH (PRE 10) heraus­gegeben. Der Insolvenz­antrag beschreibt, dass beide Gesell­schaften Kapital an die SC Finance Four GmbH für 10 Prozent Zinsen pro Jahr verliehen hätten. Die SC Finance Four wiederum habe damit 28 Darlehen an Projektgesell­schaften vergeben, die ihr dafür 10,75 bis 12,25 Prozent Zinsen pro Jahr zahlen sollten. Diese Darlehens­vergaben seien qualifiziert nach­rangig gewesen. Das heißt: SC Finance Four konnte Forderungen schon nicht mehr durch­setzen, wenn eine Insolvenz bei den Projektgesell­schaften droht.

Tatsäch­lich hätten Darlehens­nehme­rinnen nicht gezahlt. Dadurch und durch Folge­effekte habe die Zahlungs­unfähigkeit der SC Finance Four gedroht, weil diese ihre Zahlungen an die PRE9 und 10 nicht mehr leisten konnte. Die Forderungen der SC Finance Four an die Projektgesell­schaften seien laut Insolvenz­antrag nur noch in Höhe von 1,7 Prozent wert­haltig.

Soravia Deutsch­land betonte auf Nach­frage von Finanztest, die tatsäch­liche Insolvenzquote – der Anteil, den Gläubiger bekommen – hänge von der weiteren Entwick­lung ab und lasse sich heute nicht abschließend prognostizieren: „Tatsäch­lich ist aber davon auszugehen, dass ohne die Realisierung der beabsichtigten Sanierungs­maßnahmen ein Total­verlust droht.“

Kein Insolvenz­antrag bei ProReal 9 und 10

Der Ausfall von SC Finance Four bringt PRE 9 und 10 in Schwierig­keiten. Die Anwalts­kanzlei Semper Fidelis Rechts­anwälte aus Frank­furt, die den Insolvenz­antrag einge­reicht hatte, kündigt darin daher an, auch bei PRE 9 und 10 Insolvenz­anträge vorzubereiten. Davon rückte Soravia Deutsch­land in der Stellung­nahme ab: Es sei eine „Zahlungs­unfähigkeit zukünftig nicht zu erwarten“. Für die Anle­gerinnen und Anleger bedeutet das jedoch keine Entwarnung.

Grund: Die Schuld­verschreibungen der Anleger sind nach­rangig, das heißt, diese können ihre Forderungen nach Zahlung von Zinsen und Rück­zahlung bei Insolvenzgefahr nicht durch­setzen, kriegen selbst kein Geld. Somit können sie keine Zahlungs­unfähigkeit auslösen, solange der Zustand anhält.

Vier Projekte waren besonders problematisch

Vier Projekte, die sich laut Insolvenz­antrag besonders negativ ausgewirkt haben:

  • Das Projekt mit dem ehemaligen Rechenzentrum der Allianz in Unterföhring wurde demnach komplett abge­wickelt, die gesamten 16,7 Millionen Euro Kredit hätten abge­schrieben werden müssen.
  • Das gelte auch für das ehemalige Hotel „Sylter Hof“ in Berlin mit 30,4 Millionen Euro.
  • Beim Wohn- und Hotel­projekt „Quartier Tegernsee“ sei zwar nur ein Teil rück­abgewickelt worden, doch die 21,1 Millionen Euro hätten voll­ständig wert­berichtigt werden müssen.
  • Bei den Wohn­anlagen „Zoll­hafen Elements“ in Mainz habe sich der Bau verzögert, wodurch 18,5 von 20,0 Millionen Euro hätten abge­schrieben werden müssen.

Zahlungs­zusagen schwer zu erfüllen

Es geht also um mehr als 86 Millionen Euro bei den vier Problem­projekten. Der Insolvenz­antrag schildert zudem Folge­effekte: Zuflüsse aus diesen Projekten seien schon dafür einge­plant gewesen, weitere Projekte zu finanzieren. „Die zeitgleiche Projekt­entwick­lung von verschiedenen Projekten entspricht der markt­üblichen Tätig­keit“ eines in der Region Deutsch­land, Österreich und Schweiz tätigen Projekt­entwick­lers, erklärt Soravia Deutsch­land dazu.

Für die Fortsetzung wären laut Insolvenz­antrag 80 bis 120 Millionen Euro nötig. Die seien weder von den Gesell­schafter­gruppen aufzubringen noch am Kapitalmarkt zu beschaffen. Das unerfreuliche Fazit der Analyse für Anle­gerinnen und Anleger von PRE 9 und 10 in Deutsch­land: Die „derzeit zu finanzierenden Projekte“ seien ohne das Insolvenz­verfahren von SC Finance Four nicht zu realisieren.



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