Drohung mit Krankmeldung rechtfertigt außerordentliche Kündigung!

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Drohung mit Krankmeldung rechtfertigt außerordentliche Kündigung!

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.07.2020 – 8 Sa 430/19

Der Kläger war erst seit kurzem bei der Beklagten beschäftigt und ging gegen seine außerordentliche Kündigung vor.

Hintergrund der Kündigung war eine Andeutung, die der Kläger in einem Telefonat mit der Beklagten gemacht hatte. Während dieses Telefonates hatte die Beklagte den zu dieser Zeit freigestellten Kläger aufgefordert, am nächsten Tag an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen, um ein „Abstimmungsgespräch“ zu führen. Bei diesem Abstimmungsgespräch sollte es uA um einen Aufhebungsvertrag und eine mögliche Abfindungszahlung gehen, denn die Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen dessen vorheriger Verfehlungen beenden.

In dem Telefongespräch wurde jedoch deutlich, dass der Kläger eine Abfindungssumme im Sinn hatte, die die übliche und von der Beklagten angedachte Summe bei weitem überstieg. Die Beklagte machte deutlich, dass sie nicht bereit wäre, eine solche Summe zu zahlen und wies den Kläger erneut an, am nächsten Tag an seinem Arbeitsplatz zu dem Abstimmungsgespräch zu erscheinen

Der Kläger erwiderte auf die Anweisung, er wisse nicht ob er kommen würde, „er könne ja noch krank werden“.

In weiteren Mails betonte der Kläger wiederholt, er wolle nicht oder nur in Beisein eines Anwaltes zu dem Gespräch erscheinen, was die Beklagte ebenfalls ablehnte.

An dem darauf folgenden Tag meldete der Kläger sich tatsächlich krank!

Daraufhin erhielt der Kläger die fristlose Kündigung, die insbesondere darauf gestützt war, dass er eine Krankmeldung angedroht hatte um seinen Willen durchzusetzen.

Das LAG Rheinland-Pfalz musste sich nun mit der Frage beschäftigen, ob die Androhung einer Krankmeldung durch den AN eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

Eine fristlose bzw. außerordentliche Kündigung gem. § 626 I BGB ist grundsätzlich zulässig, wenn ein Verhalten des AN vorliegt, das an sich (abstrakt) und unter Berücksichtigung des Einzelfalles (konkret), die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der „normalen“ Kündigungsfrist unzumutbar erscheinen lässt. (= „wichtiger Grund“)

Das Gericht stellte fest, dass eine Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten auf jeden Fall vorliegt, wenn der AN seine eigenen Interessen durch die „rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel“ gegenüber dem AG durchzusetzen versucht.

(Ob es sich dabei strafrechtlich gesehen um Nötigung oder Erpressung handelt, spielt insofern keine Rolle, auch unterhalb dieser „Strafbarkeitsschwelle“ kann ein solches Verhalten eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung darstellen.)

Insbesondere stellt das Ankündigen einer zukünftigen Erkrankung für den Fall, dass der AG einem Wunsch des AN (bspw. Urlaubsgewährung) nicht entsprechen sollte, eine so schwere Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten dar, dass an sich ein „wichtigen Grund“ vorliegt.

Dies gilt sogar, wenn der AN zum angekündigten Zeitpunkt tatsächlich krank werden sollte! Denn das Verhalten, dass die arbeitsrechtliche Pflicht verletzt und somit einen Kündigungsgrund darstellt, ist nicht, dass der AN an dem angekündigten Zeitpunkt krank ist: Der Kündigungsgrund ist die Art und Weise, wie der AN versucht, seinen Willen gegenüber dem AG durchzusetzen! Nämlich durch ein „erpressungsgleiches Verhalten“!

 

Bezüglich der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, berücksichtigte das Gericht in diesem Fall, dass der Kläger im Telefonat zu keiner Einigung gekommen war und per Mail mehrfach ausgedrückt hatte, dass er nicht oder nur in Beisein eines Rechtsanwaltes (was die Beklagte ablehnte) zu dem Abstimmungsgespräch erscheinen wolle. Vor diesem Hintergrund konnte die Andeutung einer möglichen Krankheit nur darauf gerichtet sein, die Beklagte zu einem Einlenken, in diesem Fall zur Zusage der sehr hohen Abfindungssumme, zu bewegen!

Bezüglich dem Erfordernis einer vorherigen Abmahnung urteilte das Gericht, die Drohung mit einer willkürlichen Krankmeldung stelle als erpresserisches Verhalten eine derart schwere Pflichtverletzung dar, dass eine Abmahnung in diesen Fällen entbehrlich ist.

 

Somit hatte die Klage des AN keinen Erfolg! Die Kündigung die auf der Basis der Androhung einer Krankmeldung ausgesprochen wurde, war rechtmäßig.


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