Dynamischer statt statischer Unterhaltstitel - Wahlrecht?

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Wer legt eigentlich fest, wenn es zur Erstellung eines Unterhaltstitels kommt, ob dieser dynamisch oder statisch ist? Ein dynamischer Titel birgt Vorteile für den Unterhaltsempfänger bzw. für dessen gesetzlich Vertretenem. Gibt es eine Änderung in der Düsseldorfer Tabelle, muss schließlich nicht dauernd der Unterhaltstitel abgeändert werden. Erfahren Sie hier mehr über die Eigenschaften dynamischer Titel, wie man einen bekommt, einen statischen Titel umwandeln kann und was bei Volljährigkeit damit passiert.

Was ist ein (statischer) Unterhaltstitel?

In einem statischen Unterhaltstitel ist der Zahlbetrag des Kindesunterhalts als fester Betrag festgelegt, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle ergibt. Zum Beispiel könnte ein dreijähriges Kind Anspruch auf 481 € Unterhalt (abzüglich ½ Kindergeld) haben, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil bis zu 2.700 € netto verdient.

Allerdings entsteht ein Problem, wenn das Kind älter wird oder der Gesetzgeber das Existenzminimum für minderjährige Kinder neu festlegt. In solchen Fällen muss das Kind ausdrücklich den höheren Unterhalt geltend machen. Der einfachste Weg dafür ist, dass der unterhaltspflichtige Elternteil eine neue vollstreckbare Urkunde, beispielsweise eine neue Jugendamtsurkunde, erstellt, in der er sich zur Zahlung eines höheren Unterhalts als in der vorherigen Urkunde verpflichtet.

Wenn der Unterhaltspflichtige die Änderung nicht akzeptiert, bleibt dem Kind nichts anderes übrig, als den Unterhalt in einem neuen Verfahren einzuklagen. Deshalb scheint es wenig sinnvoll zu sein, den Unterhalt in statischer Form festzulegen oder zu vereinbaren. Es ist besser, den Unterhalt von Anfang an dynamisch festzuschreiben, um mögliche Änderungen in der Zukunft einfacher umsetzen zu können.

Was sind die Vorteile eines dynamischen Unterhaltstitels?

Seit 1998 eröffnet § 1612a BGB die Möglichkeit, eine dynamische Titulierung des Kindesunterhalts zu fordern. Im Gegensatz zu einem statischen Titel weist ein dynamischer Unterhaltstitel keinen festen Zahlbetrag aus, sondern legt den Unterhaltsbetrag in Form eines Prozentsatzes des jeweiligen Mindestunterhalts fest.

Danach kann ein minderjähriges Kind den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Dieser Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden, sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Danach wird der Unterhalt als Prozentsatz einer Bezugsgröße geltend gemacht. Ändert sich die Bezugsgröße, wird der Titel automatisch angepasst.

Der Vorteil besteht mithin darin, dass dieser Titel weiter Bestand hat, auch dann, wenn das Kind älter wird oder der Zahlbetrag sich aufgrund der regelmäßigen Anpassung der Düsseldorfer Tabelle erhöht. Der Titel wächst mit der Veränderung der Gegebenheiten sozusagen mit, ohne dass es einer Abänderung oder einer neuen Inverzugsetzung des Elternteils bedarf. Der Elternteil schuldet ab dem Eintritt der Änderung den höheren Unterhalt, und zwar auch dann, wenn Sie diesen zu einer höheren Unterhaltsleistung nicht gesondert aufgefordert haben und möglicherweise vom Eintritt der Erhöhungsgründe überhaupt keine Kenntnis haben.

Kann man sich aussuchen, ob man einen dynamischen Titel bekommt?

Als der gesetzliche Vertreter Ihres minderjährigen Kindes haben Sie die Möglichkeit, zwischen einer dynamischen oder statischen Titulierung des Kindesunterhalts zu wählen. Ein unterhaltspflichtiger Elternteil hat demnach kein Recht zu fordern, dass ein dynamischer Unterhaltstitel in einen statischen Titel geändert wird (OLG Celle, FamRZ 2017, 2020). Ebenso kann er nicht eigenmächtig entscheiden, welche Art von Titel beurkundet werden soll. Die Entscheidung über die Art des Unterhaltstitels liegt bei Ihnen als gesetzlichem Vertreter des Kindes.

Statischen in dynamischen Titel „upgraden“

Ein minderjähriges Kind hat das Recht, darauf zu bestehen, dass ein bereits durch eine Urkunde festgelegter Unterhaltsbetrag in einen dynamischen Unterhaltstitel umgewandelt wird, selbst wenn dieser Titel für die Dauer der Minderjährigkeit begrenzt wurde. Dies gilt auch dann, wenn sich dadurch der aktuelle Zahlungsbetrag nicht ändert (Quelle: OLG Celle, FamRZ 2017, 2020). Wenn der Elternteil, der zur Zahlung verpflichtet ist, sich weigert, kann das Kind das Gericht durch eine Abänderungsklage bitten, den statischen Titel in einen dynamischen Titel zu ändern.

Tipp:

Der unterhaltspflichtige Elternteil kann einen dynamisch gewordenen Titel nicht dadurch aus der Welt schaffen, indem er einen früheren vorliegenden, zunächst nicht unterzeichneten statischen Titel doch noch anerkennt.

Dynamischen Titel „downgraden“, sprich abändern lassen?

Sofern der Titel in dynamisierter Form beurkundet ist, kann eine Abänderung sowohl für das Kind als auch für den Elternteil nur noch in Ausnahmefällen aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht gezogen werden. Dies ist der Fall, wenn sich die Verhältnisse erheblich verändert haben, wie es in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2017, 370) festgestellt wurde. Eine solche Störung könnte beispielsweise eintreten, wenn der zuvor gut verdienende unterhaltspflichtige Elternteil aufgrund einer schweren Erkrankung arbeitsunfähig wird und nicht mehr in der Lage ist, den vereinbarten Unterhalt zu leisten.

In einem solchen Szenario ist es erforderlich, darzulegen, auf welcher Grundlage der Unterhalt ursprünglich vereinbart wurde und welche Veränderungen seitdem eingetreten sind. Anschließend kann eine Anpassung des Unterhalts in Erwägung gezogen werden, sofern sich die Verhältnisse tatsächlich verändert haben und dies eine Anpassung notwendig macht. Wenn der Elternteil eine Anpassung des Unterhalts verlangt, ist er dazu verpflichtet, genau darzulegen und nachzuweisen, welche Veränderungen eingetreten sind.

Was passiert mit dynamischen Titeln, wenn das Kind 18 wird?

Mit dem Erreichen der Volljährigkeit endet vorerst die Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind. Diese Verpflichtung besteht jedoch weiterhin, wenn sich das Kind in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die beide Elternteile gemeinsam finanzieren müssen. Falls das Kind auch nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin Unterhalt benötigt, ist es erforderlich, dass es darlegt und nachweist, dass sein Anspruch auf Kindesunterhalt aufgrund der laufenden Ausbildung fortbesteht.

Wenn ein Kind die Volljährigkeit erreicht hat, kann es den Unterhalt nicht mehr in einer dynamisierten Form verlangen. Wenn das Kind jedoch noch minderjährig ist, besteht die Möglichkeit, die Dynamisierung des Unterhalts zu verlangen, ohne dass diese Forderung zeitlich begrenzt ist und auch für die Minderjährigkeit gilt. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil die Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels aufgrund der Volljährigkeit des Kindes erreichen möchte, genügt bereits das Eintrittsdatum der Volljährigkeit, um das Recht auf eine Abänderung zu eröffnen.

Alles in allem

Wenn Ihnen als Unterhaltsempfänger eine feste Vereinbarung bezüglich des Kindesunterhalts vorgelegt wird, ist es ebenso wichtig, diese rechtlich überprüfen zu lassen, wie jeden anderen dynamisierten Titel, der Ihnen als Unterhaltsschuldner zur Unterzeichnung vorgelegt wird. Der Fokus sollte nicht darauf liegen, einen Elternteil gegen den anderen auszuspielen, sondern vielmehr darauf, eine faire und langfristig tragfähige Lösung zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Daher empfiehlt es sich, in solchen Fällen juristischen Rat einzuholen, um Ihre Interessen und die des Kindes angemessen zu schützen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die getroffene Regelung den langfristigen Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird. Gerne stehen wir Ihnen dabei zur Seite.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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