Ehebedingter Nachteil – unbefristeter Unterhalt?

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Bei einer Scheidung streiten sich die ehemaligen Partner häufig um Unterhaltsansprüche. Nicht nur um die Höhe geht es dann, sondern auch um die Dauer. Wie groß müssen ehebedingte Nachteile sein, damit der Unterhaltsanspruch unbefristet besteht? 

Im vorliegenden Fall war das Ehepaar von 1994 bis 2016 verheiratet. Vor der Heirat hatte die Frau ein Germanistikstudium abgeschlossen. Ihre anfänglichen Bewerbungen waren erfolglos geblieben, so dass sie sich während der Ehe hauptsächlich Haushalt und Kindern gewidmet und daneben nur in Teilzeit oder ehrenamtlich tätig gewesen war. Nach der Trennung absolvierte sie eine Umschulungsmaßnahme zur Sport- und Fitnesskauffrau und war während der Auseinandersetzung vor Gericht noch in der Bewerbungsphase.

Das Ehepaar stritt zunächst um Höhe und Dauer der Unterhaltszahlungen. Im Beschwerdeverfahren ging es dann im Wesentlichen um die Frage der Befristung des Unterhaltsanspruchs.

Die Frau hat Anspruch auf unbefristeten Unterhalt, entschied das Gericht. Sie sei nicht in der Lage, ihren Bedarf aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Seit Abschluss der Umschulung befinde sie sich in der Bewerbungsphase. Ob ihre Bewerbungen Erfolg haben würden, sei ungewiss.

Fest stehe, dass die Frau einen ehebedingten Nachteil zu tragen habe, der relevant sei für die Frage des Unterhalts. Hätte das Paar nicht geheiratet, hätte sich die Frau entweder weiterhin und überregional beworben, um beruflich Fuß zu fassen oder aber sie hätte sich beruflich neu orientiert. Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass die Frau eine nachhaltige berufliche Perspektive entwickelt hätte. Dafür spreche schon, dass sie dazu auch 2016 bereit und gut motiviert gewesen sei und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe.

Ehebedingter Nachteil: Ausbildung nach Scheitern der Ehe 
Nun sei es ihr nach über 20 Jahren ohne entsprechende Berufserfahrung in dem studierten Bereich nicht mehr möglich, einen ihrem Hochschulstudium entsprechenden Beruf zu erlangen.

Sie habe ehebedingt die Ausbildung erst im Alter von etwa 48 Jahren begonnen und werde damit größere Schwierigkeiten haben, beruflich zu starten. Das habe zur Folge, dass sie gewisse Verdienstspitzen erst später oder gar nicht werde erreichen können. Auch dabei handele es sich um einen ehebedingten Nachteil. Weil sie erst nach dem Scheitern der Ehe eine Ausbildung aufgenommen habe, ergebe sich eine nicht vollständig aufzuholende Lücke im Erwerbslebenslauf.

Ungewisse Aussichten auf einen Arbeitsplatz – unbefristeter Unterhalt 
Fazit des Gerichts: Derzeit sei es unter anderem aufgrund ihres für den allgemeinen Arbeitsmarkt bereits fortgeschrittenen Alters und der familiär bedingten langen beruflichen Abstinenz noch nicht sicher erkennbar, ob sie ihren Unterhalt durch eine eigene Berufstätigkeit werde sichern können. Daher sei eine Befristung des Unterhalts nicht möglich.

Oberlandesgericht Hamm am 7. September 2018 (Az: 7 UF 9/18) 

Quelle: ARGE FamR im DAV


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