Eigenbedarfskündigung – Was Mieter und Vermieter wissen sollten

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Eine Eigenbedarfskündigung ist ein oft kontrovers diskutiertes Thema im Mietrecht. Sie ermöglicht Vermietern, einem Mieter die Wohnung zu kündigen, wenn sie diese selbst oder für nahe Angehörige benötigen. Doch was genau ist eine Eigenbedarfskündigung, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie sieht die aktuelle Rechtsprechung dazu aus? In diesem Ratgeberartikel finden Mieter und Vermieter Antworten auf diese Fragen.

Was ist eine Eigenbedarfskündigung?

Eine Eigenbedarfskündigung ist eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter, wenn er die Wohnung für sich oder einen nahen Angehörigen benötigt. Dieser Grund für eine Kündigung ist im § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Der Vermieter muss also einen eigenen Bedarf an der Wohnung haben, um das Mietverhältnis kündigen zu können.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Damit eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Eigener Bedarf: Der Vermieter muss die Wohnung für sich oder einen nahen Angehörigen benötigen. Hierzu zählen in erster Linie Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister oder Enkelkinder. Andere Verwandte oder nicht verwandte Personen können ebenfalls als naher Angehöriger anerkannt werden, wenn sie in einem engen persönlichen Verhältnis zum Vermieter stehen.
  2. Angabe von Gründen: Der Vermieter muss in der Kündigungserklärung die Gründe für den Eigenbedarf angeben. Eine pauschale Behauptung reicht nicht aus. Der Vermieter muss plausibel darlegen, warum er die Wohnung benötigt und warum kein anderer Wohnraum zur Verfügung steht.
  3. Alternativen prüfen: Der Vermieter muss prüfen, ob er nicht auf andere Wohnungen zurückgreifen kann, die ihm zur Verfügung stehen. Auch muss er prüfen, ob er nicht auf eine andere Weise den Bedarf decken kann, z.B. durch Umbau oder Erweiterung einer vorhandenen Wohnung.
  4. Richtiges Kündigungsschreiben: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und alle rechtlichen Anforderungen erfüllen, z.B. muss die Kündigungsfrist eingehalten werden.

Wie lange ist die Kündigungsfrist?

Die Kündigungsfrist bei einer Eigenbedarfskündigung beträgt grundsätzlich drei Monate zum Monatsende. Wenn das Mietverhältnis jedoch schon länger als fünf Jahre besteht, verlängert sich die Kündigungsfrist auf sechs Monate zum Monatsende. Bei mehr als acht Jahren verlängert sich die Frist nochmal um drei Monate, also insgesamt neun Monate zum Monatsende. Wichtig ist, dass die Kündigungserklärung dem Mieter rechtzeitig zugeht und die Kündigungsfrist eingehalten wird. 

Was können Mieter tun, wenn sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten?

Wenn ein Mieter eine Eigenbedarfskündigung erhält, kann er diese nicht einfach ignorieren. Er sollte schnell handeln und sich rechtlichen Rat einholen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Mieter auf eine Eigenbedarfskündigung reagieren kann:

  1. Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung: Ein Mieter sollte die Kündigung auf ihre Wirksamkeit hin prüfen. Hierbei kann eine Anwältin oder ein Anwalt betroffene Mieter unterstützen und beraten. Wenn die Kündigung nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht oder der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet wurde, kann der Mieter gegen die Kündigung vorgehen.
  2. Schriftliche Stellungnahme: Der Mieter kann dem Vermieter schriftlich mitteilen, dass er die Kündigung ganz oder zum Teil nicht akzeptiert. Dies kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Kündigungsfristen nicht eingehalten worden sind. Hierbei kann ebenfalls juristische Beratung eingeholt werden, um eine solche Stellungnahme zu verfassen.
  3. Einigung mit dem Vermieter: Es kann sinnvoll sein, sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Lösung zu einigen. Hierfür kann zum Beispiel ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden, der zum Beispiel die Auszahlung einer Abfindung vorsieht oder eine Vereinbarung zur Fortsetzung des Mietverhältnisses beinhaltet.
  4. Widerspruch gegen die Kündigung: Der Mieter kann Widerspruch gegen die Kündigung einlegen. Der Widerspruch muss dabei bis spätestens zwei Monate vor Ende der Kündigungsfrist dem Vermieter zugehen. Für die Erklärung eines rechtlich wirksamen Widerspruchs sollte unbedingt zuvor eine Anwältin oder ein Anwalt hinzugezogen werden. Die Anforderungen an ein wirksames Widerspruchsschreibens sind durchaus hoch und juristischen Laien können dabei schnell folgenschwere Fehler unterlaufen. 

Aktuelle Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung

Die aktuelle Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung ist sehr komplex und hängt von den jeweiligen Einzelfällen ab. Grundsätzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den letzten Jahren mehrere Urteile zur Eigenbedarfskündigung gefällt, die Mieter und Vermieter berücksichtigen sollten:

  1. Härtefallklausel: Der BGH hat in einem Urteil aus dem Jahr 2013 entschieden, dass Vermieter bei einer Eigenbedarfskündigung auch Härtefälle berücksichtigen müssen. Das heißt, wenn der Mieter aufgrund seines Alters, seiner Gesundheit oder anderer Umstände in besonderem Maße auf die Wohnung angewiesen ist, kann eine Kündigung unzumutbar sein.
  2. Nachweis des Eigenbedarfs: Der Vermieter muss den Eigenbedarf nachweisen können. Wenn er die Wohnung nur als Anlageobjekt erworben hat und nie selbst nutzen wollte, kann eine Eigenbedarfskündigung unwirksam sein.
  3. Prüfungspflicht des Vermieters: Der Vermieter muss bei einer Eigenbedarfskündigung alle Alternativen prüfen und darlegen, warum er die betreffende Wohnung benötigt. Wenn er andere Wohnungen besitzt oder auf andere Weise den Bedarf decken kann, kann eine Kündigung unwirksam sein.
  4. Allein das hohe Alter eines Mieters begründet noch keinen Härtefall: Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 03.02.2021, dass allein das hohe Alter eines Mieters nicht schon ausreicht, um einen Härtefall annehmen zu können. In dem Fall ging es um eine 90-jährige Mieterin, die eine Eigenbedarfskündigung von ihrem Vermieter erhalten hatte. Der Bundesgerichtshof betonte in dieser Entscheidung zudem, dass auch allein eine lange Mietdauer nicht schon einen Härtefalleinwand begründet. Der Mieter müsse umfassend seine Lebensumstände darlegen wie zum Beispiel die Einbindung in das soziale Gefüge der Nachbarschaft, die Teilnahme an kulturellen, sportlichen oder religiösen Veranstaltungen in der Nähe der Wohnung und/oder die medizinische Versorgung, welche der Mieter in der Nähe zur Wohnung in Anspruch nimmt.

Fazit

Eine Eigenbedarfskündigung ist ein komplexes Thema im Mietrecht, das sowohl Mieter als auch Vermieter kennen sollten. Wichtig ist, dass der Vermieter den Eigenbedarf nachweisen kann, die rechtlichen Anforderungen an die Kündigung eingehalten werden und der Mieter seine Rechte kennt und gegebenenfalls dagegen vorgeht. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass Vermieter bei einer Eigenbedarfskündigung alle Alternativen prüfen müssen und auch Härtefälle berücksichtigen müssen.


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Foto(s): Bild von mastersenaiper auf Pixabay

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