Ein Kuss und eine fristlose Kündigung

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Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 01.04.2021 – 8 Sa 798/20

Ein Teamevent, viel Alkohol und ein Kuss – ein Arbeitnehmer überschreitet Grenzen und erhält eine fristlose Kündigung. Zu Recht?

Der Fall

Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme gingen das Arbeitsgericht Köln in erster sowie das Landesarbeitsgericht Köln in zweiter Instanz von dem folgenden (hier stark vereinfachten) Sachverhalt aus:

Der Kläger war als EDI-Manager (EDI = Elektronic Data Interchange) bei der Beklagten im Team „S“ beschäftigt. Am 26.09.2019 und am 27.09.2019 fand ein Event für das Team „S“ mit Übernachtung in einem Hotel statt. Nachdem die Teilnehmer den ersten Tag in der Hotelbar haben ausklingen lassen, gingen der Kläger und seine Kollegin, die Zeugin „L“, gemeinsam in den gegenüberliegenden Gebäudekomplex, in dem sie ihre Zimmer bezogen hatten.

Obwohl die Zeugin „L“ dem Kläger im Aufzug sagte, dass er solle sie nicht auf ihr Zimmer begleiten, folgte ihr der Kläger bis zu ihrer Zimmertür, zog sie zu sich heran und versuchte, sie zu küssen. Die Zeugin „L“ konnte den Kläger zunächst wegdrücken. Dem Kläger gelang es jedoch, sie erneut zu sich heranzuziehen und diesmal auch zu küssen. Die Zeugin „L“ drückte den Kläger erneut weg und sagte klar „Nein!“. Erst danach gelang es ihr, ihre Zimmertür zu öffnen, schnell hineinzugehen und die Tür von innen zu verschließen.

Nach dem Teamevent vertraute sich die Zeugin „L“ einem gemeinsamen Vorgesetzten an. Es fand zunächst ein Personalgespräch mit dem Kläger und anschließend eine Betriebsratsanhörung zu der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers statt. Sodann wurde der Kläger mit Schreiben vom 15.10.2019 fristlos und mit weiterem Schreiben vom 21.10.2019 nochmals ordentlich zum 31.05.2019 gekündigt. Der Kläger wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen beide Kündigungen.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil, wonach die fristlose Kündigung für wirksam war.

Der Kläger habe eine „rote Linie“ überschritten. Sein Verhalten rechtfertige – auch ohne eine vorherige Abmahnung –, eine Kündigung. Der Beklagten sei es darüber hinaus nicht zumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Hinweise für die Praxis

Im Ergebnis überrascht das Urteil wenig. Auch wenn das Fehlerhalten eines Mitarbeiters grundsätzlich nicht sofort mit dem Ausspruch einer Kündigung quittiert werden kann, ist anerkannt, dass besonders schwerwiegende Pflichtverstöße keiner vorherigen Abmahnung bedürfen.

In unserer ausführlichen Urteilsbesprechung unter https://www.ra-wittig.de/urteile-arbeitsgericht/verhaltensbedingte-fristlose-kuendigungen/ein-kuss-und-eine-fristlose-kuendigung/ erfahren Sie, wieso die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens des Klägers – in Betracht kommt eine sexuelle Belästigung gemäß § 184i StGB – bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung keine Rolle spielt und worauf es tatsächlich ankommt. Weitere interessante Informationen zu der verhaltensbedingten Kündigung im Arbeitsrecht erhalten Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht“ unter https://www.ra-wittig.de/ratgeber/ratgeber-arbeitsrecht/kuendigung/verhaltensbedingte-kuendigung/.

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

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