Einstellung im Ermittlungsverfahren vom Vorwurf der Misshandlung von Schutzbefohlenen § 225 StGB

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Der Beschuldigten wird vorgeworfen, als Mitarbeiterin in einem Pflegeheim eine Patientin misshandelt zu haben, indem die Patientin in einem allgemeinen schlechten Zustand war und an einem Tag eine falsche Medikation einnahm.

Die Frau wurde beim Abendessen an einen falschen Platz gesetzt, sodass sie die falschen Medikamente einnahm. Obwohl am Abend ihre Vitalwerte im normalen Bereich lagen, ließ sich die Frau am nächsten Morgen nur schwer wecken und war benommen. Daraufhin kam sie in das Krankenhaus. Es wurde festgestellt, dass die Frau versehentlich Psychopharmaka eingenommen hatte. Die Betreuerin der Frau zeigte bei der Polizei die Vernachlässigung der Einrichtung an.

Das Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen 

Für die Beschuldigte beginnt das Strafverfahren meist mit der Vorladung gegen Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die Beschuldigte kann aber auch erst mit der Zustellung der Anklageschrift von dem Strafverfahren Kenntnis erlangen.

Sollten Sie eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten, so sollten Sie dieser nicht Folge leisten. Als Beschuldigter haben sie ein Schweigerecht, von dem Sie unbedingt Gebrauch machen sollten. Eine unüberlegte Aussage vor der Polizei kann Ihnen den Weg zu einem Freispruch abschneiden, sei sie auch noch so gut von Ihnen gemeint gewesen. Meistens werden Sie gar nicht merken, dass die Vernehmungsbeamten Sie Dinge fragen, zu denen Sie besser hätten schweigen sollen.

Misshandlung von Schutzbefohlenen 

Rechtsgut des § 225 StGB ist die körperliche Unversehrtheit und die psychische Integrität minderjähriger sowie in besonderer Weise auf Fürsorge angewiesener Personen in bestimmten Fürsorge- und Abhängigkeitsverhältnissen, in welchen sie schädigende Einwirkungen durch die Person, von denen sie abhängig sind, wehrlos ausgeliefert sind.

§ 225 StGB schützt Personen unter achtzehn Jahren sowie wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrloser Personen.

Dabei ist derjenige wehrlos, wer sich nicht zur Wehr setzen kann.

Gebrechlichkeit ist ein infolge hohen Alters, Krankheit oder Behinderung eingetretener Zustand eingeschränkter körperlicher Bewegungsfähigkeit.

Abs. 1 unterscheidet 4 verschiedene Schutzverhältnisse:

Die verletzte minderjährige oder wehrlose Person muss nach Nr. 1 der Fürsorge oder Obhut des Täters unterstehen. Im Fall des Nr. 2 muss das Opfer dem Hausstand des Täters angehören. Bei Nr. 3 muss das Opfer vom Fürsorgepflichtigen der Gewalt des Täters überlassen worden sein. Im Fall von Nr. 4 muss das Opfer dem Täter im Rahmen eines Dienst-oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet sein.

Die Sorgepflicht kann auf Gesetz, Vertrag und behördlicher Anordnung beruhen.

Tathandlungen können das Quälen, das rohe Misshandeln oder eine Gesundheitsschädigung durch böswillige Vernachlässigung.

Quälen ist das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden.

Rohes Misshandeln setzt ein gefühlloses, fremdes Leiden missachtende Gesinnung voraus. Der Begriff „roh“ beschreibt zum einen die innere Haltung des Täters, als auch die Art der Misshandlung.

Böswillig ist eine Vernachlässigung, wenn sie aus verwerflichen, insbesondere eigensüchtigen Beweggründen geschieht.

Der Versuch ist gem. § 225 Abs. 2 StGB strafbar.

Der Regelstrafrahmen beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren.

Ausgang des Verfahrens

Nach erfolgter Akteneinsicht stellte Strafverteidiger einen Einstellungsantrag gem. § 170 II StPO, dem die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren folgte.

Die Staatsanwaltschaft begründet die Einstellung damit, dass eine zunehmende Verwahrlosung einer Patientin im Pflegeheim noch keine Strafbarkeit begründet, da allein eine vorübergehende nicht den Pflegestandards entsprechende Versorgung ohne nachweisbare weitere Folgen keinen Straftatbestand begründet.

Hinsichtlich der falschen Medikation brachten der Sachverhalt und die Beweismittel keine Anhaltspunkte einer vorsätzlichen Tat. Es käme höchstens eine fahrlässige Körperverletzung in Betracht. Die Staatsanwaltschaft machte dabei deutlich, dass wenn der Beschuldigten überhaupt ein Vorwurf gemacht werden kann, sind die gesundheitlichen Folgen dieses Versehens gering geblieben. Es gab keine Anhaltspunkte für eine systematische Vernachlässigung. Ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht nicht.

Ein Strafantrag, der innerhalb einer dreimonatigen Antragsfrist gestellt werden muss, wurde nicht rechtzeitig, sodass es an einer notwendigen Voraussetzung zur Strafverfolgung fehlt.

Verhalten bei Vorladung oder Anklage wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen 

Sofern Sie eine Vorladung oder bereits eine Anklage wegen Zuwiderhandlungen gegen Verbote erhalten haben, sollten Sie dringend einen Strafverteidiger mit Ihrem Fall vertraut machen. Zusammen mit Ihnen kann Ihr Strafverteidiger dann auf Grundlage der Ermittlungsakten eine individuelle Verteidigungsstrategie entwickeln.

Gerne können Sie kurzfristig einen Termin in unserer Kanzlei an einem unserer Berliner Standorte vereinbaren. Als bundesweit tätiger Anwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne in allen Abschnitten des Strafverfahrens wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen zur Seite und entwickle Ihre persönliche Verteidigungsstrategie.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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