Endlich: Erstes Urteil des Bundesgerichtshofs zum Volkswagen-Diesel EA189 - VI ZR 252/19

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Nun ist es doch passiert: Nachdem zig Prozesstermine am Bundesgerichtshof (BGH) durch Vergleiche aufgehoben wurden und es nicht mehr zum Urteil kam, hat der BGH heute (VI ZR 252/19) ein erstes Urteil zum Motor EA 189 von Volkswagen gefällt. 

Der Sachverhalt

Der Kläger hatte 2014 einen Sharan 2.0 TDl match von einem Autohändler erworben. Der Kläger hatte im Februar 2017 ein Software-Update durchführen lassen. 

Der Motortyp: Diesel EA189 Euro 5. 

Die Abschalteinrichtung (AE): "Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten."

Das Urteil

Der BGH stellt fest, der Kläger habe einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB. Dabei werden wesentliche Fragen, die die Land- und Berufungsgerichte sich permanent stellen, beantwortet. Im Einzelnen:

Zur Sittenwidrigkeit

Frage: Ist es sittenwidrig, ein Fahrzeug mit einer AE in den Handel zu bringen?

Antwort: Ja, die Nutzung von AE sei eine strategische Entscheidung von Volkswagen gewesen. Es ginge um Kosten- und Gewinninteressen. Auch liege eine bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vor. Damit bestehe für den Käufer das Risiko einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung. 

Zur Zurechnung an Vorstände

Frage: Wer ist im Unternehmen verantwortlich?

Antwort: Es sei anzunehmen (!), dass die Leiter der Entwicklungsabteilung und die für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verantwortlichen vormaligen Vorstände diese Entwicklung kannten und billigten.  

Zum Schaden

Frage: Hat der Käufer überhaupt einen Schaden erlitten?

Antwort: Ja, denn er sei aufgrund der arglistigen Täuschung eine ungewollte vertragliche Verpflichtung eingegangen. Das Fahrzeug sei nicht voll brauchbar.

Zu etwaigen Nutzungsvorteilen

Frage: Muss der Käufer die Nutzung bezahlen?

Antwort: Ja, Nutzungsvorteile auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer sind anrechnen.

Fazit

Das Urteil fällt aus, wie zu erwarten. Es war dringend geboten, in das Durcheinander differierender Urteile endlich eine klare Linie zu bringen. Nunmehr steht fest: AE (hier die Prüfstanderkennung) sind illegal. AE führen zur Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs. Ob das Argument des Motorschutzes eine Rolle spielte, lässt sich der Pressemitteilung des BGH nicht entnehmen (dazu hatte sich aber vor Kurzem die Generalanwältin am EuGH geäußert). Wer derartige Fahrzeuge in den Verkehr bringt täuscht den Käufer arglistig und handelt vorsätzlich sittenwidrig. Und: Software-Updates beseitigen den Mangel nicht. Vom Tisch ist damit auch das Argument, der Käufer trage im Prozess nicht ausreichend konkret vor, was beim Hersteller so alles nicht stimme. Folge: Der Kaufvertrag wird rückabgewickelt, d. h. der Käufer gibt das Fahrzeug zurück, zahlt eine Nutzungsentschädigung und erhält den Kaufpreis erstattet. 

Es ist sehr zu hoffen, dass das Urteil seine Wirkung auch gegenüber anderen Herstellern wie etwa Daimler, BMW usw. erfährt. 

Wir beraten Sie gerne dazu.


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