Schlussabrechnung für Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfe (Coronahilfen) - Bericht über eine Zumutung

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Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Mandanten bei der Beantragung von Zuschüssen für ihre Unternehmen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Dabei handelt es sich um Überbrückungshilfen und die November- und Dezemberhilfe. Diese Subventionen waren über sogenannte „prüfende Dritte“ zu beantragen. Dabei handelt es sich etwa um Rechtsanwälte oder Steuerberater.

Bereits für das Antragsverfahren stellten die Landesbanken einen digitalen Workflow zur Verfügung. Diese Web-basierte Anwendung muss man sich wie ein Formular vorstellen. Zu hinterlegen waren dort die persönlichen Antragstellerdaten, sämtliche Daten zum Unternehmen und schließlich Umsätze und Betriebsausgaben für bestimmte Zeiträume (je nach Förderzeitraum). Auf dieser Basis wurden Zuschüsse berechnet, die als Vorschuss unter Vorbehalt der Nachprüfung ausgezahlt wurden.

Diese Nachprüfung erfolgt nun im Rahmen einer Schlussabrechnung. In deren Rahmen ist für jedes Unternehmen ein sogenanntes „Organisationsprofil“ zu erstellen. Auf dieser Ebene werden sämtliche in Anspruch genommene Zuschüsse gebündelt. Die Abrechnung erfolgt für die Überbrückungshilfe I-III und die Dezember- und Novemberhilfe im Paket 1 sowie für die Überbrückungshilfe III plus und IV im Paket 2.

Die Schlussabrechnung ist quasi eine Spiegelung des Antragsverfahrens: Sämtliche dort eingegebene Daten werden erneut abgefragt und hinterlegt. Abweichungen aus unternehmerischen Gründen sind zu dokumentieren und zu begründen.

Die erste Schlussabrechnung habe ich für einen Mandanten am 26.10.2022 (!) eingereicht. Am 23.01.2024 erhalte ich eine obskure E-Mail der Landesbank zum Aktenzeichen. Grund: "Sie haben eine abweichende Berechnung der Beträge im Vergleichsmonat im Vergleich zum Erstantrag vorgenommen, dies ist im Rahmen der Schlussabrechnung nicht zulässig." Und weiter: „Wir geben Ihnen den vorliegenden Antrag zur Korrektur zurück. Dieser wird Ihnen ab fortan als zurückgezogener Antrag angezeigt. Bitte reichen Sie einen neuen, korrigierten Antrag bei uns ein. Zu diesem Zweck haben Sie die Möglichkeit, den vorliegenden Antrag zu duplizieren, sodass Sie lediglich die fehlerhaften Angaben korrigieren müssen."

Die E-Mail kommt über noreply-ibb@ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de. Rückfragen unerwünscht. Ich brauche mehrmalige Durchläufe um halbwegs zu verstehen was man von meinem Mandanten will. Der „Vergleichsmonat im Vergleich“ irritiert mich. Weiter irritiert mich, dass diese scheinbare Abweichung in der Schlussabrechnung nach 15 Monaten (!) erkannt worden sein soll. Pikant dazu, dass mein Mandant mehrfach bei der Landesbank nachfragte, wann mit einer Bearbeitung zu rechnen sei? Die Antwort lautete regelmäßig sinngemäß, man habe auf die Daten keinen Zugriff. 

Ich habe echte Verständnisprobleme: Der Antrag kommt zur "Korrektur" zurück. Andererseits wird er als "zurückgezogener" Antrag angezeigt. Ja was denn nun? Korrektur oder Rückzug? Ein "neuer" Antrag soll eingereicht werden. Dieser ist aber zugleich ein "korrigierter" Antrag. Letztendlich ist er aber sogar "dupliziert" (!?). Bedeutet das nicht, dass sich nichts ändert? Der Status der Akte meines Mandanten im digitalen Workflow steht nun auf „zurückgezogen auf Antrag“. Ich war das nicht! Und ich frage mich, wer dann?

Dieses Wording schafft mich. Ich komme mir vor, als spreche ich eine andere Sprache. Doch Hilfe naht sofort. Über einen eleganten Link verweist die Landesbank auf ein Dokument. Dabei handelt es sich um den Leitfaden für prüfende Dritte, eine Datei mit lediglich 63 Seiten. Ehrlich jetzt? Die Datei wurde seit 2022 bereits 10mal geändert; einmal Lesen genügt da natürlich nicht ... . Aber es gibt ja noch die FAQs und Videotutorials. Wer das erfassen will, ist gut ausgelastet.

Überhaupt, der digitale Workflow ist komplett anders als alles, was man von Computeranwendungen bislang kannte. Zentrales Problem ist, dass die Bearbeitung extrem aufwändig ist. Das liegt an den hinterlegten technischen Begriffen ebenso wie daran, dass sich der Workflow permanent ändert. Völlig atypisch ist auch, dass man sämtliche Zuschüsse unter den Vorbehalt einer Nachprüfung stellt, unabhängig davon, wie hoch dieser sein mag. Warum beschränkt man das nicht auf Zuschüsse im sechsstelligen Bereich und lässt darunter Stichproben genügen? Die Schlussabrechnung geht hier einen anderen Weg: sie findet immer statt. Und in einigen Fällen, erfolgt eine Tiefenprüfung. Das kann dann so aussehen, dass bei einem Zuschuss von vielleicht 40.000 € eine kleinteilige Auflistung bestimmter Betriebsausgaben gefordert wird (Auflistung sämtlicher Rechnungen). Auch hier begegnete mir eine unverständliche technische Sprache, nach deren Analyse man feststellen musste, dass bereits die Fragestellung der Landesbank selbst fehlerhaft war. Nachbearbeitung garantiert.

Diese Auflistung der Kuriositäten ließe sich zahlreich fortsetzen. Für die Mandantschaft ist das alles hoch problematisch. Nicht nur, dass Kapazitäten durch die Bereitstellung aktueller Daten gebunden sind, so ist der zeitliche Aufwand für die Schlussabrechnung extrem. Besonders problematisch dabei ist, dass diese Entwicklung absolut nicht vorhersehbar war. Sie ließ sich weder zeitlich, noch kostenmäßig kalkulieren.

Die Anlage der Schlussabrechnung ist höchst fehleranfällig. Das gilt für beide Seiten, und jeder, der einmal eine Excel-Datei bearbeitet hat, weiß das.

Der digitale Workflow ist eine Zumutung. Es gab keinen Probelauf und keine Einführungsphase. Anstatt das Verfahren etwa in Elster zu integrieren, schaffte man eine grauenvolle Insellösung. Dafür ist "ziviler Ungehorsam" angezeigt. Deshalb empfehlen wir unseren Mandanten, ab einer Abweichung von auch nur "1 Cent nach Unten" Widerspruch und gegebenenfalls Klage zu erheben.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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