Enge Grenzen bei der Auslegung des gemeinschaftlichen Testamentes

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Der Wille des Erblassers, der in einem Testament niedergelegt wird, wird nicht immer so deutlich formuliert, dass die Funktion des Testamentes zur Streitvermeidung erreicht wird. Wird das Testament zu eng formuliert, so hilft häufig auch die Auslegung nicht weiter, da der von den Beteiligten behauptete wahre Wille nicht formwirksam formuliert ist. Andreas Keßler, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht mit dem Interessenschwerpunkt Erbrecht aus Bad Vilbel bei Frankfurt am Main, www.Kanzlei-Andreas-Kessler.de weist in diesem Zusammenhang auf ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes München vom 19. Dezember 2012 hin. (Aktenzeichen 31 Wx 43412)

Im entschiedenen Fall hatte der verstorbene Erblasser gemeinsam mit seiner Frau ein als Vollmacht überschriebenes Schriftstück verfasst, in dem eine Regelung für den Tod des zuletzt Versterbenden getroffen wurde. Begünstigt war hier ausschließlich die eheliche Tochter. Der uneheliche Sohn des Verstorbenen, wurde im Testament nicht erwähnt.:

  • Sowohl das Amtsgericht als auch die Rechtsmittelinstanz haben zutreffend das Dokument als Testament gewertet. Es ergibt sich aus diesem Dokument ein bestimmter Wille auf den Todesfall.
  • Jedoch enthält dieses Testament, das als gemeinschaftliches Testament zu qualifizieren ist, nur eine Bestimmung für den Todesfall des Letztversterbenden.
  • Da der Vater des unehelichen Abkömmlings zuerst verstorben ist stellte sich die Frage, ob für diesen Fall auch einen Regelung getroffen wurde. Es ist zu beachten, dass im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ein gesetzliches Erbrecht des Abkömmlings noch nicht gegeben war. Dies ist erst durch eine Gesetzesänderung im Mai 2009, also vor dem Erbfall,       begründet worden.
  • Bis dahin bestand keine Notwendigkeit, den unehelichen Abkömmling von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Durch die Änderung der Gesetzeslage hätte aber auch der Erblasser neue Vorsorge treffen müssen.
  • Im Ergebnis trat also nach dem ersten Erbfall die gesetzliche Erbfolge ein, so dass der uneheliche Sohn zu 1/4 Miterbe wurde und eine Erbengemeinschaft begründet wurde.

Es zeigt sich, dass die privatschriftliche Formulierung von Testamenten zu Ergebnissen führt, die weder wohl weder gewollt waren noch dem familiären Frieden dienten. Die fachkundige Beratung hätte hier im Vorfeld dazu führen können, dass der durch die neue Rechtslage begünstigte uneheliche Abkömmling zumindest aus der Erbengemeinschaft herausgehalten wäre. Vorliegend ging es um Kapitalvermögen in Höhe von Euro 150.000. Welche Folgen sich ergeben hätten, wenn der Streit einer Erbengemeinschaft in ein Unternehmen des Erblassers hineingetragen worden wären, kann man sich leicht ausmalen.

Es empfiehlt sich daher, bei Abfassung eines Testamentes einen Fachmann um Rat zu fragen, der hilft, den letzten Willen rechtssicher in einem Testament umzusetzen. Wenn schon ein Testament im Hinblick auf die aktuellen Änderungen zu Ansprüchen unehelicher Abkömmlinge nicht den Willen des Erblassers zutreffend umsetzt, um wie viel größer sind dann die Möglichkeiten zu Fehlinterpretationen bei einem komplexen Testamenten mit Erben, Vermächtnissen, Vor- und Nacherbfolge, Pflichtteilen, Testamentsvollstreckung u.s.w. 

Rechtsanwalt und Steuerberater Andreas Keßler, Kasseler Str. 30., 61118 Bad Vilbel, Tel.: 06101-800660

http://www.Kanzlei-Andreas-Kessler.de


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