Entscheidung des AG Brandenburg: Außerordentliche Kündigung bei Verzug aus einer Nebenkostenabrechnung

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Rechtstipp von Rechtsanwalt Robin Wulff

Fristlose Kündigung wegen unbezahlter Nebenkosten – Wann ist sie möglich?


A) Zum Sachverhalt

In einem aktuellen Fall vor dem Amtsgericht Brandenburg (Urteil vom 20.12.2024, Az. 33 C 33/24) wurde ein Mieter wegen nicht gezahlter Nebenkostennachforderungen fristlos gekündigt und auf Räumung verklagt. Der Mieter hatte über mehrere Jahre Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen nicht geleistet, wodurch sich ein Rückstand von 1.735,89 EUR ansammelte.

Der Vermieter forderte die Zahlung mehrfach an, blieb jedoch erfolglos. Nachdem auch ein Vollstreckungsbescheid nicht zur Begleichung der Schulden führte, sprach der Vermieter mehrere Kündigungen aus – sowohl fristlos als auch ordentlich. Der Mieter wehrte sich mit dem Argument, dass Nebenkostennachforderungen nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen.

Das Gericht entschied zugunsten des Vermieters und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung.


B) Entscheidung des Gerichts

Das AG Brandenburg stellte fest, dass eine fristlose Kündigung wegen Nebenkostennachforderungen grundsätzlich möglich ist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

  1. Regelmäßige Miete vs. Nebenkostennachforderungen

    • Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen gehören nicht unmittelbar zur laufenden Miete.
    • Daher rechtfertigt nicht jede unbezahlte Nebenkostennachforderung sofort eine fristlose Kündigung.
  2. Wann ist eine fristlose Kündigung möglich?

    • Ein Zahlungsrückstand von mindestens zwei Monatsmieten kann eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen.
    • Das gilt auch für Betriebskostennachforderungen, wenn der Gesamtbetrag diese Schwelle überschreitet.
    • Im vorliegenden Fall belief sich die offene Summe auf 1.735,89 EUR, was mehr als fünf Monatsmieten entsprach.
  3. Wiederholte Mahnungen und Zahlungsaufforderungen

    • Der Mieter wurde mehrfach schriftlich zur Zahlung aufgefordert.
    • Er reagierte weder auf Mahnungen noch auf einen gerichtlichen Vollstreckungsbescheid.
    • Das Gericht sah darin eine erhebliche Pflichtverletzung, die die fristlose Kündigung rechtfertigte.
  4. Schutz des Mieters und Räumungsfrist

    • Das Gericht erkannte an, dass der Mieter bereits seit 15 Jahren in der Wohnung lebte.
    • Aufgrund der angespannten Wohnmarktlage wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2025 gewährt, um eine neue Wohnung zu finden.

C) Auswirkungen für die Praxis

Für Mieter:

  • Nebenkostennachforderungen sind ernst zu nehmen, da sie Bestandteil der Miete sind.
  • Auch wenn die Miete regelmäßig gezahlt wird, kann ein hoher Rückstand bei Nebenkosten zur fristlosen Kündigung führen.
  • Wer eine Nachzahlung nicht leisten kann, sollte sofort das Gespräch mit dem Vermieter suchen oder eine Ratenzahlung vereinbaren.
  • Ist die Abrechnung unklar, sollte der Mieter fristgerecht Einwände erheben und ggf. rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

Für Vermieter:

  • Eine fristlose Kündigung wegen offener Nebenkosten ist nicht in jedem Fall möglich.
  • Die Gesamtschuld muss mindestens zwei Monatsmieten betragen.
  • Der Vermieter sollte dem Mieter mehrere Zahlungsaufforderungen und Mahnungen zukommen lassen.
  • Ist keine Reaktion erkennbar, kann eine fristlose Kündigung nötigenfalls je nach Fallsituation in Verbindung mit einer ordentlichen Kündigung erfolgen.

D) Fazit

Dieses Urteil zeigt, dass auch unbezahlte Nebenkostennachforderungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, wenn der Zahlungsrückstand erheblich ist. Mieter sollten daher nicht nur auf die pünktliche Zahlung der Miete achten, sondern auch Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen ernst nehmen. Ein frühzeitiger Dialog mit dem Vermieter kann helfen, Kündigungen und Räumungsklagen zu vermeiden.
E) Meine Bewertung der gerichtlichen Entscheidung
Ich kann dem Urteil zustimmen, da auch hier eine Titulierung per Vollstreckungsbescheid betrieben wurde und der Mieter keine Einwände gegen die Nebenkostenabrechnung erhoben hat. In diesem Fall wäre der Sachverhalt anders zu bewerten und der Mieter wohl eher zu schützen vom "scharfen Schwert" der "sog Doppelkündigung" seines Mietverhältnisses


Rechtsanwalt Robin Wulff
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