Entwurf der Richtlinie über Green Claims: Was gegen Greenwashing geplant ist

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Für die Werbung mit Aussagen über Umweltschutz, Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit soll es zukünftig klare rechtliche Vorgaben geben: Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (Richtlinie über Umweltaussagen) vorgelegt. Den Hintergrund des Entwurfs und die geplanten Regelungen erläutere ich im folgenden Beitrag:

Problem Greenwashing


Das Problem der „Grünfärberei“ in der Werbung (sog. Greenwashing) ist zwar nicht ganz neu. Zwei Bestandsaufnahmen der Europäischen Kommission haben jedoch einen erheblichen Wildwuchs in diesem Bereich erkennen lassen: In der zuletzt durchgeführten Studie aus dem Jahr 2020 wurde festgestellt, dass ein wesentlicher Anteil der Umweltaussagen (53,3 %) zu einer Vielzahl von Produktkategorien Waage, irreführende oder unbegründete Informationen über die Umwelteigenschaften der Produkte enthalten. In diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass 40 % der Aussagen nicht belegt wurden. Kein Wunder also, dass sogenannte Green Claims wie z.B. „klimaneutral“ inzwischen bereits wiederholt als irreführend angegriffen worden sind und Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen waren. Über entsprechende Fälle hatte ich hier bereits berichtet:


Green Claims: Der schmale Grat zwischen zulässiger Werbung und Greenwashing


Was die Europäische Kommission erreichen möchte


Die Europäische Kommission möchte mit Ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über Umweltaussagen u.a.:


  • den Umweltschutz verbessern und einen Beitrag zur Beschleunigung des ökologischen Wandels hin zu einer kreislauforientierten, sauberen und klimaneutralen Wirtschaft in der EU leisten,
  • Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen vor Grünfärberei schützen und die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, einen Beitrag zur Beschleunigung des ökologischen Wandels zu leisten, indem sie fundierte Kaufentscheidungen auf der Grundlage von glaubwürdigen Umweltaussagen und Umweltzeichen treffen können und
  • die Rechtssicherheit in Bezug auf Umweltaussagen verbessern.

Welche Regelungen geplant sind


Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht unter anderem folgende Regelungen vor:


  • Verbot von Umweltaussagen, die nicht die Mindestkriterien erfüllen,
  • Verbot von Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht die Mindestanforderungen an Transparenz und Glaubwürdigkeit erfüllen

Anforderungen an die Begründung von Umweltaussagen:


Um irreführende Aussagen zu verhindern, ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen auf einer Bewertung beruhen muss, die die ausgewählten Mindestkriterien erfüllt. Das heißt, dass die zugrunde liegende Bewertung:


  • sich auf anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse und den neuesten Stand der Technik stützt,
  • nachweist, dass die Bedeutung der Auswirkungen, Aspekte und Leistung unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus erheblich sind,
  • bei der Bewertung der Umweltleistung alle wichtigen Aspekte und Auswirkungen berücksichtigt,
  • anzeigt, ob die Aussage für das gesamte Produkt oder nur für Teile davon (für den gesamten Lebenszyklus oder nur für bestimmte Phasen, für alle Tätigkeiten des Gewerbetreibenden oder nur für einen Teil davon) zutreffend ist,
  • nachweist, ob die Aussage den gesetzlichen Anforderungen entspricht,
  • Angaben darüber liefert, ob das Produkt oder der Gewerbetreibende unter dem Umweltgesichtspunkt wesentlich besser als üblich abschneidet,
  • feststellt, ob positive Entwicklungen zu einer erheblichen Verschlechterung anderer Auswirkungen führen,
  • verlangt, dass über Kompensationen von Treibhausgasen in transparenter Weise Bericht erstattet wird,
  • genaue Primär- oder Sekundärinformationen enthält.

Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte und Jahresumsatz von höchstens 2 Mio. EUR) sollen von den Anforderungen ausgenommen werden, es sei denn, sie wünschen eine Konformitätsbescheinigung für ihre Umweltaussage; in diesem Fall müssen sie die Anforderungen erfüllen.


Anforderungen an die Kommunikation von Umweltaussagen:


Im Hinblick auf die Kommunikation von Umweltaussagen sieht der Vorschlag u.a. vor, dass alle Aussagen, sobald sie getätigt werden,


  • nur Umweltauswirkungen, Umweltaspekte oder Umweltleistungen betreffen sollen, die gemäß den im Vorschlag enthaltenen Anforderungen an die Begründung bewertet wurden, und die für das betreffende Produkt oder den betreffenden Gewerbetreibenden von Bedeutung sind,
  • Informationen darüber enthalten sollen, wie Verbraucherinnen und Verbraucher das Produkt angemessen nutzen können, um die Umweltauswirkungen zu verringern, sofern dies für die Aussage relevant ist,
  • mit Informationen zur Begründung ergänzt werden sollen (einschließlich folgender Angaben: Informationen über das Produkt oder die Tätigkeiten der Gewerbetreibenden; Umweltaspekte, Umweltauswirkungen oder Umweltleistungen, die Gegenstand der Aussage sind; gegebenenfalls andere einschlägige internationale Normen; zugrunde liegende Studien oder Berechnungen; Erläuterungen, wie die in der Aussage zugesagten Verbesserungen erreicht werden; Konformitätsbescheinigung und Daten der Prüfstelle).

Kleinstunternehmen sollen von den Anforderungen in Bezug auf die Bereitstellung von Informationen zur Begründung ausgenommen werden, es sei denn sie wünschen eine Konformitätsbescheinigung für die Umweltaussage; in diesem Fall müssen sie die Anforderungen erfüllen.


Bestimmungen über Umweltzeichen und Umweltzeichensysteme: 


Zur Verbesserung der Qualität von Umweltzeichensystemen sieht der Vorschlag Transparenz- und Glaubwürdigkeitsanforderungen vor. Diese Anforderungen sind den Verwaltungskriterien einer Reihe bekannter und renommierter öffentlicher und privater Systeme für Nachhaltigkeitskennzeichnungen relativ ähnlich und umfassen Folgendes:


  • Transparenzanforderungen und Anforderungen an die Zugänglichkeit von Informationen über die Eigentumsverhältnisse, das Entscheidungsgremium und die Ziele,
  • die Kriterien, die der Vergabe von Zeichen zugrunde liegen und von Sachverständigen entwickelt und von Interessenträgern überprüft werden,
  • einen Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismus,
  • Verfahren für den Umgang mit Verstößen und die Möglichkeit, bei anhaltender Nichteinhaltung der Anforderungen bzw. schwerwiegenden Verstößen die Verwendung des Zeichens auszusetzen oder es zu entziehen.

Tipps für die Praxis:


Wenn Sie mit Green Claims werben möchten, sollten Sie sich zum einen an den Vorgaben der aktuellen Rechtsprechung orientieren und zum anderen die geplanten Regelungen im Auge behalten.


Was Sie bereits aktuell prüfen sollten:


Entspricht die Werbeaussage den Tatsachen?

Kann der Wahrheitsgehalt der Werbeaussage bewiesen werden?

Bezieht sich die Werbeaussage auf den Herstellungsprozess und das Produkt insgesamt oder lediglich auf Teile des Herstellungsprozesses und des Produktes?

Aus welchen Tatsachen ergibt sich die Werbeaussage und anhand welcher Kriterien, Herangehensweisen und Bewertungsmaßstäbe sind die entsprechenden Tatsachen ermittelt worden?


Was Sie bereits aktuell vermeiden sollten:


Werbung mit selbst kreierten Gütesiegeln oder Zertifikaten,

Werbung mit Gütesiegeln oder Zertifikaten, die nach unklaren oder sachfremden Kriterien vergeben werden,

Werbung mit Angaben, die nicht bewiesen werden können,

irreführende Hervorhebung von Produkteigenschaften, die entweder überhaupt keinen oder nur einen sehr geringen Einfluss auf den beworbenen Umwelt-Effekt haben,

Werbung mit Angaben, die nur unter Einschränkungen gelten und

Werbung mit unvollständigen Angaben


Fazit und Ausblick


Klar ist: Green Claims haben Einfluss auf Kaufentscheidungen. Und schon heute werfen die entsprechenden Werbeaussagen verschiedene Fragen auf: z.B. wie die Werbeaussagen zu verstehen sind und ob die Werbeaussagen auch der Wahrheit entsprechen. Dies bedeutet: schon heute droht bei irreführenden grünen Werbeaussagen eine Abmahnung. Aktuell ist noch umstritten, welche Informationen Werbende zur Verfügung stellen müssen, um eine wettbewerbswidrige Irreführung zu vermeiden. Die geplanten Regelungen in dem Vorschlag für eine Green-Claims-Richtlinie geben jedoch bereits die Richtung vor, in die es zukünftig gehen wird. Und die Verbände, die bereits aktuell gegen irreführende Werbeaussagen vorgehen, werden sich in bereits laufenden Verfahren nach meiner Einschätzung zunehmend an den geplanten Regelungen orientieren. Damit ist auch klar: Green Claims werden zukünftig häufiger Gegenstand einer Abmahnung sein.


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Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.


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Andreas Kempcke

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