Erbrecht: Häufige Irrtümer bei Testamenten - Tipps zur Vermeidung, Teil III!

  • 4 Minuten Lesezeit

Ich möchte Ihnen im Anschluss an Teil II v. 19.03.2015 dieses Beitrages kurzweilig an praktischen Beispielen aus der Rechtsprechung erklären, welche weiteren Fallstricke es bei Testamenten gibt. Ich bin Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, berate und vertrete Mandanten im Erbrecht und werde auch von Gerichten als Nachlasspfleger in Erbfällen bestellt.

V. Wenn ich nach dem ersten Testament ein späteres neues Testament errichte, gilt dann nur das neue?

In meiner Arbeit als gerichtlich bestellter Nachlasspfleger kommt es vor, dass ich bei der Suche in Nachlässen auf Testamente oder mehrere „Mein letzter Wille“ stoße. Nicht schlimm meinen Sie, das zeitlich jüngste Testament gilt. Das Problem: Ihr Kopfkino bzw. die Beweggründe bei der Abfassung von mehreren Testamenten/letzten Willen kennt keiner. Dann ist der Streit, wer Erbe geworden ist oder welches Testament/letzter Wille gelten soll, vorprogrammiert. Richter, die Sie nicht kennen, müssen dann bestimmen, was gemeint war – dann tritt deren Wille an Ihre Stelle und es wird sehr formaljuristisch. Das OLG Köln, Beschl. v. 06. Oktober 2014 – I-2 Wx 249/14, 2 Wx 249/14 –, Rn. 44, juris, hatte einen solchen Fall, in dem mehrere Testamente zeitlich nacheinander errichtet waren. Es musste entscheiden, wer Erbe war und hat ausgeführt:

„Unter Zugrundelegung des notariellen Testaments vom 17.12.2007 ist der Beschwerdeführer nicht Alleinerbe des Erblassers geworden. Denn in diesem Testament hat der Erblasser ausdrücklich die Beteiligten zu 1) bis 3) … als seine Erben eingesetzt. Die Erbeinsetzungen durch Testament vom 17.12.2007 sind nicht durch das spätere Testament vom 12.05.2009 widerrufen worden. Denn durch dieses Testament hat der Erblasser lediglich Vermächtnisse zugunsten der Beteiligten zu 1), 3), 4), 5), 7) und 8) ausgesetzt. Dafür, dass es sich insoweit um Erbeinsetzungen handelt, weil der Erblasser das Wort „vererben“ gewählt hat, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Bei der Auslegung von Testamenten ist gem. § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn zu haften, sondern auf den wirklichen Willen abzustellen. … Der Beschwerdeführer ist auch unter weiterer Berücksichtigung des Testamentes vom 03.12.2010 nicht Alleinerbe des Erblassers. Geht man zunächst vom Wortlaut dieses Testaments aus, hat der Erblasser dadurch nur die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) ausdrücklich gem. §§ 2253, 2254 BGB widerrufen, es aber im Übrigen bei den Erbeinsetzungen der Beteiligten zu 1), 3), sowie 5) bis 7) belassen. Denn die Zuwendungen einzelner Gegenstände stellen grundsätzlich gem. § 2087 Abs. 2 BGB nur Vermächtnisse dar. Sollten allerdings die zugewandten Einzelgegenstände den wesentlichen Nachlass des Erblassers ausgemacht haben, so wie der Beschwerdeführer vorträgt, könnten diese Zuwendungen gem. § 2087 Abs. 1 BGB auch Erbeinsetzungen darstellen mit der Folge, dass die Einsetzungen im Testament vom 17.12.2007 gem. §§ 2253, 2258 Abs. 1 BGB widerrufen worden wären.“

Rechtstipp:

Machen Sie Ihr Kopfkino für die Nachwelt sichtbar. Schreiben Sie bei späteren „Letzen Willen“ oder Verfügungen klar, was mit den zeitlich älteren Testamenten und deren Inhalt geschehen soll oder vernichten Sie alte Testamente mit Kopien vollständig, wenn sie nicht mehr gelten sollen! Stellen Sie klar, wenn es sich bei der neuen Verfügung nur um eine Ergänzung handelt. Datieren Sie immer Ihre Testamente, damit nachvollziehbar ist, welches das jüngere ist.  

VI. Wenn ich als Deutscher im Ausland lebe und ein Testament errichte, ist dann deutsches Recht anzuwenden?

Viele Senioren verleben mittlerweile ihren Lebensabend im Ausland in einer eigenen Immobilie – Spanien, Portugal, Türkei o. ä. Wenn dort ein Testament verfasst wird und der Betreffende dort stirbt, ist häufig völlig unklar, welches Recht gilt.

Das OLG Frankfurt, Beschl. v. 12. Dezember 2013 – 20 W 281/12, juris, hatte sich mit einem solchen Fall beschäftigt und ausgeführt:

„Das Nachlassgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdegegner Erben des in Deutschland und in Spanien gelegenen Vermögens des Erblassers geworden sind. Der Erblasser war Deutscher. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterlag deshalb gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht als dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Die Bestimmung des Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterstellt die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich einer einzigen Rechtsordnung als Gesamtstatut, ohne auf den Lageort der Vermögensgegenstände Rücksicht zu nehmen; das Erbstatut gilt daher grundsätzlich auch für in einem anderen Staat belegene Vermögensgegenstände. … Für in Spanien belegene Nachlassgegenstände eines deutschen Erblassers ist somit deutsches Erbrecht anzuwenden, da das spanische Internationale Privatrecht für die Beerbung ebenfalls an das Heimatrecht des Erblassers unabhängig davon, in welchem Land das Vermögen belegen ist, anknüpft. Die Gültigkeit des Testaments vom 17.01.2009 bestimmt sich nach § 26 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 EGBGB. … Die Formgültigkeit des Testaments vom 17.01.2009 bestimmt sich somit entweder nach deutschem Recht, weil der Erblasser Deutscher war und deutsches Recht auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden ist, oder nach spanischen Recht, weil der Erblasser in Spanien letztwillig verfügt hat, dort auch seinen Wohnsitz sowie unbewegliches Vermögen hatte. Dies gilt gemäß Art 26 Abs. 3 Satz 2 EGBGB auch für Eigenschaften, welche die für die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung erforderlichen Zeugen besitzen müssen. Das Testament ist nach deutschem Recht nicht gültig.“

Rechtstipp:

Gerade, wenn Sie mit deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland leben und dort Vermögen haben, sollten Sie von Fachleuten prüfen lassen, ob und wie Sie ein Testament errichten – sonst könnte Ihr letzter Wille unberücksichtigt bleiben!

Mit unserem Team von fünf Anwälten sind wir für Nachfragen mit Hauptsitz in Erfurt und Zweigstellen in Tabarz sowie Eisenach erreichbar.

Matthias GrünertRFTH

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Grünert, Swierczyna, König - Rechtsanwälte | Fachanwälte

Beiträge zum Thema