Fünf häufige Rechtsmythen über den Gesellschaftsvertrag der GbR
- 5 Minuten Lesezeit

Inhaltsverzeichnis
Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags ist bei vielen Firmengründungen einer der ersten und wichtigsten Schritte. Die zweifelsfrei einfachste Rechtsform ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bzw. BGB-Gesellschaft. Sie ist schnell gegründet, stellt kaum formale Anforderungen und erfordert auch kein Mindestkapital. Gerade deshalb hat sich auch der ein oder andere Rechtsmythos über den Gesellschaftsvertrag der GbR eingeschlichen. Diese Irrtümer können für die GbR und ihre Gesellschafter schwerwiegende Folgen haben. Deshalb klärt die juristische Redaktion von anwalt.de folgende Mythen rund um den Gesellschaftsvertrag der GbR:
- „Wir haben überhaupt keinen Gesellschaftsvertrag“
- „Wir brauchen keinen Vertrag“
- „Ein Mustervertrag reicht vollkommen aus“
- „Die gesetzlichen Vorgaben genügen“
- „Der GbR-Vertrag ist an keine Form gebunden“
Mythos Nummer 1: „Wir haben überhaupt keinen Gesellschaftsvertrag“
Es gibt keine GbR, die keinen Gesellschaftsvertrag hat. Die GbR ist nämlich per Definition ein vertraglicher Zusammenschluss von mindestens zwei Personen, die gemeinsam einen Zweck verfolgen. Da die GbR somit auf einem Vertrag beruht, kann es logischerweise keine GbR ohne Gesellschaftsvertrag geben.
Dieses populäre juristische Ammenmärchen geht vermutlich auf den Umstand zurück, dass viele GbRs automatisch mit einem sog. konkludenten Vertrag gegründet werden. Damit ein Gesellschaftsvertrag entsteht, genügt es nämlich in der Regel bereits, dass zwei oder mehr Menschen aktiv werden, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Dabei ist ihnen nur selten bewusst, dass sie genau damit einen Vertrag abgeschlossen und eine GbR gegründet haben.
Mythos Nummer 2: „Wir brauchen keinen GbR-Vertrag“
Genauso häufig wie den Irrglauben vom fehlenden Gesellschaftsvertrag trifft man den Mythos an, man würde überhaupt keinen (individuellen) Vertrag benötigen. Viele GbRs werden von Freunden gegründet, die sich bei der Gründung ihrer Gesellschaft nicht im Entferntesten vorstellen können, sich jemals zu zerstreiten. Dennoch passiert genau das im Laufe der Zeit nicht selten. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Ohne einen individuellen und schriftlichen GbR-Gesellschaftsvertrag können solche Streitereien zwischen den Gesellschaftern schnell das Aus für die Firma bedeuten.
Ohne einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag können bestimmte Einigungen bei einem späteren Streit nicht bewiesen werden. In vielen Fällen können sich die Gesellschafter nicht einmal mehr daran erinnern, was sie abgesprochen haben, weil zwischen der Firmengründung und dem Streit mehrere Jahre vergangen sind. Hinzukommt, dass nicht jede gesetzliche Vorgabe den Bedürfnissen der Gesellschafter entspricht. Nach dem gesetzlichen Leitbild der GbR ist es z. B. charakteristisch für diese Rechtsform, dass die Gesellschafter persönlich sehr miteinander und mit der Gesellschaft verbunden sind. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass die GbR nur mit all ihren Gesellschaftern bestehen kann. Scheidet einer der Gesellschafter freiwillig (durch Kündigung) oder unfreiwillig (durch unerwartetes Versterben) aus der Gesellschaft aus, ist diese deshalb zu beenden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gesellschafter einen Gesellschaftsvertrag mit einer sog. Fortführungsklausel abgeschlossen haben.
Mythos Nummer 3: „Ein Mustervertrag reicht vollkommen aus“
Das Internet ist mittlerweile voll mit unterschiedlichen Musterverträgen. Daher findet man über Google & Co. auch schnell scheinbar passende Exemplare für die Gründung einer GbR. Dennoch ist es ein großer Irrglaube, mit Unterzeichnung eines solchen Mustervertrags rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, denn die Regelungsbedürfnisse der eigenen individuellen GbR kann kein Muster vollständig abdecken. Vielmehr sammeln Musterverträge typische Regelungsbedarfe mit einem oder mehreren Regelungsvorschlägen. Welche Regelungen man in welcher Form tatsächlich benötigt, hängt von den Gesellschaftern und ihrem individuellen Vorhaben ab.
Für den Gesellschaftsvertrag der eigenen GbR sollte daher kein Mustervertrag ungeprüft aus dem Internet übernommen werden. Vielmehr sollten verschiedene Musterverträge verglichen werden, um herauszufinden, welche Klauseln man mit welchem Inhalt benötigt. Nur so kann ein GbR-Vertrag entstehen, der auf die individuellen Bedürfnisse der GbR zugeschnitten ist und das Rechtsverhältnis der Gesellschafter umfassend nach deren Wünschen regelt.
Mythos Nummer 4: „Die gesetzlichen Vorgaben genügen“
Die GbR ist zwar als Grundform der Personengesellschaften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gesetzlich verankert. Die dort enthaltenen Vorgaben sind aber sehr allgemein gehalten und entsprechen eher selten den Bedürfnissen oder Wünschen der individuellen GbR-Gründer. So regelt das BGB z. B. nur, dass die Gesellschafter der GbR gemeinsam einen Zweck verfolgen. Worin dieser Zweck genau besteht und welche Pflichten jeder Gesellschafter übernimmt, um diesen Zweck zu erreichen, ist hingegen im Gesetz nicht geregelt. Dies ergibt sich immer aus der Absprache der Gesellschafter und sollte stets schriftlich fixiert werden. Typische Beispiele für gesetzliche Vorgaben, die oft nicht den Wünschen der Gesellschafter entsprechen, sind etwa der prozentual gleich große Gesellschaftsanteil jedes Gesellschafters oder die Beendigung der GbR, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.
Entscheiden sich Existenzgründer für die Rechtsform der GbR, sollten sie daher genau überprüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben auch ihren Wünschen entsprechen. Zu allgemein gehaltene Regelungen sollten sie mithilfe eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags konkretisieren und unerwünschte Regelungen entsprechend abändern.
Mythos Nummer 5: „Der GbR-Vertrag ist an keine Form gebunden“
Grundsätzlich stimmt die Aussage, dass der Gesellschaftsvertrag der GbR formlos geschlossen werden kann. Normalerweise ist der Gesellschaftsvertrag der GbR gesetzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden, sodass er auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln abgeschlossen werden kann. Abgesehen davon, dass die Schriftform schon aus Nachweis- und Beweisgründen anzuraten ist, gibt es aber auch von dieser Grundregel Ausnahmen. Es gibt deshalb auch GbRs, für deren Gründung ein schriftlicher oder gar notariell beglaubigter Gesellschaftsvertrag zwingend vorgeschrieben ist.
Ob der Gesellschaftsvertrag der GbR formfrei geschlossen werden kann oder an eine bestimmte Form gebunden ist, hängt von den Verpflichtungen der Gesellschafter ab. Eine bestimmte Form muss immer dann eingehalten werden, wenn einer der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag ein formbedürftiges Leistungsversprechen abgibt. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Gesellschafter ein Grundstück einbringen soll, das künftig zum Gesellschaftsvermögen gehört. Die Übertragung von Immobilien ist nach § 311b BGB von einem Notar zu beurkunden. Daher ist in diesem Fall auch der Gesellschaftsvertrag der GbR an diese Form gebunden und notariell zu beurkunden.
Artikel teilen:
Rechtstipps zu "GbR-Vertrag"
-
18.03.2023 Rechtsanwalt Jens Reime„… Rechts (GbR) oder einer Kommanditgesellschaft (KG). Sie erhalten eine Rendite in Form von Ausschüttungen oder Gewinnbeteiligungen. Direktinvestition in einen Solarfonds: Ein Solarfonds …“ Weiterlesen
-
23.02.2023 Rechtsanwalt Dr. Holger Traub , Dipl. Kfm.„… der GbR zu beenden. Neue Geschäfte und Verträge können nur geschlossen werden, wenn dies der Liquidation/Abwicklung dienlich ist. b.) Alle Gegenstände, die ein Dritter oder Gesellschafter der GbR …“ Weiterlesen
-
24.02.2023 Rechtsanwalt Dr. Holger Traub , Dipl. Kfm.„1. Ausgangssituation Eine Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) tritt dann ein, wenn entweder ein gesetzlicher und/oder vertraglicher Auflösungsgrund besteht und/oder eine gesetzliche …“ Weiterlesen
-
01.02.2023 Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Gottwald„… von Gewerbe betreiben? Dann denken Sie auch an die Frage der Haftung. Als Einzelunternehmer oder Gesellschafter einer GbR oder OHG haften Sie unbeschränkt persönlich. Diese unbeschränkte persönliche Haftung …“ Weiterlesen
-
20.01.2023 Rechtsanwalt Malte Jörg Uffeln„… , Kerb). Die Organisation der GbR ist „ nicht körperschaftlich!“. Es muss kein schriftlicher GbR- Vertrag vorliegen. Mündliche Absprachen reichen aus. Schriftform ist aber – auch zur Vermeidung …“ Weiterlesen
-
21.01.2023 Rechtsanwältin Senta Masurat„… Deal. Ein Unternehmen kann als Einzelunternehmen bestehen, d.h. ohne eine Gesellschaft (Gesellschaften sind z.B. GmbH, GmbH & Co KG, OHK, KG, GbR, AG). Ohne eine Gesellschaft ist nur ein Asset Deal …“ Weiterlesen
-
03.01.2023 Rechtsanwalt Simon Otto„… Seite. a) Zu den Personengesellschaften gehören insbesondere: Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), auch BGB-Gesellschaft genannt, §§ 705 ff. BGB die offene Handelsgesellschaft (OHG), §§ 105 ff …“ Weiterlesen
-
14.12.2022 Rechtsanwalt Dr. Holger Traub , Dipl. Kfm.„Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts stellt die einfachste und allgemeinste Form der Personengesellschaft des deutschen Gesellschaftsrechts dar. Die GbR ist ein auf Gesellschaftsvertrag zwischen …“ Weiterlesen
-
05.12.2022 Rechtsanwalt Simon Otto„… der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Vorteile Nachteile direkter Liquiditätszufluss bei der Gesellschaft Erfordernis vertraglicher Anpassungen durch die geänderte …“ Weiterlesen
-
16.01.2023 Rechtsanwalt Dr. Michael Krieg„… nicht nur bei der GbR, sondern auch bei der KG und GmbH anzuwenden. Im Vertrag kann aber eine Abfindungsklausel verortet werden, wenn die vertraglich vereinbarte Abfindung unterhalb des Verkehrswerts …“ Weiterlesen
-
01.02.2023 Rechtsanwalt Dr. Holger Traub , Dipl. Kfm.„… , wenn der Unternehmer zusammen mit einem anderen Unternehmer am Markt zu agieren plant. Eine GbR benötigt daher mind. zwei Gesellschafter und kann durch formfreien Vertrag ohne wesentliche Inhaltliche …“ Weiterlesen
-
17.10.2022 Rechtsanwalt Bernfried Rose LL. M.„… bekommen Sie diese Themen in den Griff. Im Schenkungsvertrag sollten Sie auch Ihre persönliche Absicherung verankern. Hierzu gehören vertragliche Rücktrittsrechte, die es Ihnen – zusätzlich …“ Weiterlesen
-
20.09.2022 Rechtsanwalt Johannes Kromer„Wenn der Gesellschaftsvertrag einer GbR-Satzung keine Bestimmung zu Wettbewerbsverboten enthält, sind Unklarheiten und Streit vorprogrammiert. Kein gesetzliches Wettbewerbsverbot Das Gesetz kennt für …“ Weiterlesen
-
08.09.2022 Rechtsanwältin Darja Enkova LL.M.„… des Unternehmers) aufgelöst wird. 2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Die GbR ist eine Personengesellschaft aus mindestens zwei Gesellschaftern. Praktisch entsteht eine GbR bereits, wenn zwei Personen …“ Weiterlesen
-
08.08.2022 Rechtsanwältin Nazanin Reißler„… bürgerlichen Rechts (GbR), Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG, auch GmbH & Co. KG) ) bestehen jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. So geht der Anteil …“ Weiterlesen
-
06.08.2022 Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner„… Startkapital aufbringen. Übrigens kann auch eine Person eine GmbH gründen. Die Gründung einer GbR ist wegen des geringeren bürokratischen Aufwands wesentlich einfacher. Außerdem ist kein Mindestkapital …“ Weiterlesen
-
Der gesetzgeberische Grundsatz der Vollausschüttung bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)03.08.2022 Rechtsanwalt Dr. Volker Haardt„Sehr häufig wird zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft (GbR) gestritten, ob und inwieweit ein festgestellter Gewinn an die Gesellschafter auszuschütten ist. Die Rechtsprechung geht …“ Weiterlesen
-
28.07.2022 Rechtsanwältin Dipl.Jur Stefanie Lindner„… , wenn sich drei Personen selbstständig machen und eine GbR gründen, können sie die mangelhafte Büroausstattung auch nach Wochen und Monaten noch reklamieren. Gründen Sie hingegen eine GmbH, müssen …“ Weiterlesen
-
18.07.2022 Rechtsanwalt Dr. Rainer Freudenberg LL.M.„… /Gewinnbezugsrecht etc.). Der Unterbeteiligte erhält vertragliche Rechte gegen den Hauptbeteiligten , insbesondere auf Teilhabe am Gewinn und Koordination des Stimmrechts etc. Zwischen …“ Weiterlesen
-
19.07.2022 Rechtsanwalt Dr. Rainer Freudenberg LL.M.„… sich von einer Unterbeteiligung dadurch, dass die Unterbeteiligung eine GbR-Innengesellschaft an einem Gesellschaftsanteil begründet, nicht jedoch an dem Unternehmen. II. Einsatzgebiete Die stille Gesellschaft …“ Weiterlesen
-
13.07.2022 Rechtsanwalt Dr. Rainer Freudenberg LL.M.„I. Einleitung Gesellschaftervereinbarungen (englisch: Shareholders Agreement) sind Verträge, welche Gesellschafter neben dem Gesellschaftsvertrag der gemeinsamen Gesellschaft abschließen, um interne …“ Weiterlesen
-
20.06.2022 Rechtsanwalt Bernd Gasteiger LL.M.„… den vertraglichen Anspruch, weiterhin als Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten behandelt zu werden. Der Anspruch auf Einreichung und nachträgliche Berichtigung einer unrichtigen Gesellschafterliste richtet …“ Weiterlesen
-
30.05.2022 Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner„… , die noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, haften Sie mit Ihrem Privatvermögen, bis sie offiziell als solche anerkannt sind. Sie sollten demnach jede vertraglich vorgeschriebene gewerbliche …“ Weiterlesen
-
30.05.2022 Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann„… diese keinen steuernden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können und auch nicht aktiv für die Gesellschaft tätig sind, können in der Regel auch für Wettbewerber tätig werden. Vertragliche …“ Weiterlesen