Erbvertrag nichtehelicher Lebenspartner bei späterer Heirat und Ehescheidung

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Die Regelung des § 2077 Abs. 1 S.1 BGB, wonach eine letztwillige Verfügung des Erblassers zugunsten seines Ehegatten unwirksam ist, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist, enthält keine widerlegliche Vermutung, sondern lediglich eine dispositive Auslegungsregel. Diese findet auch im Falle der Scheidung vor dem Tod keine Anwendung, wenn Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen Erbvertrag geschlossen haben oder der Erblasser zu Gunsten seines Partners ein Testament errichtet hat und die Partner später heiraten.


Diesem Beschluss des OLG Rostock vom 13.07.2021 – 3 W 80/20 – lag folgender Sachverhalt zugrunde: der Erblasser hatte mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau 17 Monate vor der Eheschließung einen Erbvertrag abgeschlossen, in welchem sich beide gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und zum Erben der Letztversterbenden sowohl der Sohn - und einziges leibliches Kind - des Erblassers als auch die Tochter der Partnerin bestimmten. Der Antrag des Sohnes auf Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Alleinerbe wurde zurückgewiesen.


Ein Anspruch auf Erteilung dieses Erbscheins bestand vorliegend nicht: Die gesetzliche Erbfolge ist dann nicht eingetreten, wenn der Erblasser eine abweichende letztwillige Verfügung getroffen hat. Diese war vorliegend auch wirksam. Insbesondere war der Erbvertrag nicht gemäß §§ 2279, 2077 BGB mit der Ehescheidung unwirksam geworden. Die auch auf vertragsmäßige Zuwendungen in einem Erbvertrag anwendbare Regelung des § 2077 BGB ist dem Wortlaut nach nicht auf nichteheliche Lebensgemeinschaften unmittelbar anwendbar. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft wird in der Regel ohne rechtliche Bindung und ohne bestimmte Dauer eingegangen, sodass selbst dann, wenn die nichtehelichen Partner später die Ehe schließen, nicht ohne weiteres ein entsprechender Bindungswille unterstellt werden kann. Vielmehr ist gemäß § 2084 BGB der tatsächliche Wille des Erblassers zu ermitteln, insbesondere, ob er in gleicher Weise verfügt hätte, wenn er die spätere Trennung in Betracht gezogen hätte. Ergeben sich hierfür keine ausdrücklichen Anhaltspunkte aus dem Testament/ Erbvertrag, so ist der vermutliche hypothetische Erblasserwille zu ermitteln. Hiernach hätte es aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Erblasser bei dem Erbvertrag auch dann belassen, wenn er die spätere Trennung vorhergesehen hätte.


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