Fallbericht: Erfolgreiches Vorgehen aus einer Bürgschaft für Mandanten

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Eine Bürgschaft bietet für den Gläubiger zusätzliche Sicherheit für Zahlungen des Schuldners. Bei der Abfassung der Bürgschaft sollte man genau auf den Wortlaut achten - nur wenn der Wortlaut eindeutig ist, kann der Gläubiger damit etwas anfangen. Für einen Mandanten war dies von entscheidender Bedeutung, sodass das Kreditinstitut letztlich kurzfristig zahlen musste.

1. Der Fall - Bürgschaft auf erstes Anfordern

Im relevanten Fall sah der Vertrag mit dem Schuldner die Stellung einer jederzeit fälligen Bürgschaft 

  • auf erstes Anfordern 
  • unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage 

voraus. Der Schuldner übersandte einen Entwurf einer Bürgschaftsurkunde vor, die jedoch weitere Voraussetzungen für eine Leistungsverpflichtung des Kreditinstitutes vorsahen. Damit konnte sich der Mandant nicht einverstanden erklären und die Bürgschaftsurkunde wurde entsprechend geändert und im Original übergeben. 

Nach Übergabe des Originals wurde das Kreditinstitut direkt in Anspruch genommen. Neben einigen Formalien wurde vom Kreditinstitut eingewandt, dass man nach Übergabe der Bürgschaftsurkunde und Erfüllung sämtlicher Formalien etwa eine Woche benötige, um die Zahlung vorzunehmen. 

Durch ein Einschreiten im Rahmen eines persönlichen Termins bei dem Kreditinstitut konnte erreicht werden, dass diese "Zahlungsfrist" nicht weiter aufrechterhalten und noch am gleichen Tag die Zahlung veranlasst wurde. Das hat zwar etwas Zeit und Aufwand gekostet, aber der Mandant hat sein Geld bekommen. 

2. Worauf man bei einer Bürgschaft achten sollte

Eine Bürgschaft ist im Grunde eine Erklärung eines Dritten, für Schuld eines Anderen (dem Schuldner) einstehen zu wollen und entsprechende Zahlungen zu leisten. Die Bürgschaft ist von der Hauptforderung grundsätzlich abhängig, man spricht hier von sog. Akzessorietät. Daher kann der Bürger grundsätzlich alle Einwendungen geltend machen, die der Schuldner gegenüber dem Gläubiger geltend machen kann. Des Weiteren ist es im Grundsatz so, dass der Gläubiger zunächst auf den Schuldner (erfolglos) zugreifen muss, um den Bürgen in Anspruch zu nehmen. Grundsätzlich bedarf eine Bürgschaft der Schriftform. Alle diese Voraussetzungen gelten jedoch nicht uneingeschränkt und bei der Akzeptanz einer Bürgschaft bzw. der Abgabe einer Bürgschaftserklärung sollte man in jedem Falle aufpassen. 

a) Schriftformerfordernis

Eine Bürgschaftserklärung bedarf grundsätzlich der Schriftform. Die Erteilung einer Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Eine Bürgschaft, die diese Anforderungen nicht erfüllt, ist nichtig. 

ABER: Es gibt hiervon eine sehr wichtige Ausnahme, die viele Unternehmer nicht kennen. Im kaufmännischen Verkehr kann auf dieses Formerfordernis verzichtet werden. Hier ist eine Bürgschaftserteilung auch mündlich möglich. Darüber sollte man sich im klaren sein, wenn man irgendwelche "Übernahmeerklärungen" abgibt. Es kommt nicht selten vor, dass man sich dann über die Existenz und vor allem den Inhalt der Bürgschaft und damit auch die Fälligkeit streiten wird. 

b) Bürgschaft auf erstes Anfordern 

Bürgschaft auf erstes Anfordern bedeutet, dass der Bürge zunächst keine Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger geltend machen kann. Er ist verpflichtet, sofort zu zahlen, ohne dass er geltend machen kann, dass z.B. die Forderung nicht besteht. Im Grunde rückt damit die Bürgschaft in die Nähe einer Zahlungsgarantie und bedarf einer entsprechenden individualvertraglichen Vereinbarung. Da dies ein Risiko für den Bürgen bedeutet, kann dies z.B. auch nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Will der Bürger geltend machen, dass die Forderung nicht besteht, muss er gegen den Gläubiger nach Zahlung vorgehen und sich den Betrag "zurückholen". 

c) Verzicht auf die Einrede der Vorausklage (selbstschuldnerische Bürgschaft)

Da die Bürgschaft grundsätzlich akzessorisch ist, kann der Bürge im Normalfall vor einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger einwenden, dass dieser zunächst den Schuldner (erfolglos) in Anspruch nehmen muss. Das ist natürlich für den Gläubiger schlecht, denn in diesem Fall muss er zunächst erfolglos gerichtlich gegen den Schuldner vorgehen und bekommt erst dann Geld. Dies entspricht aber nicht dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers. Daher verlangen die Gläubiger - im hier vorliegenden Fall auch - dass der Bürge auf die diese sog. Einrede der Vorausklage verzichtet. So kann er im Grunde direkt gegen den Bürgen vorgehen und sich aus der Bürgschaft befriedigen. Bei einer solchen Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage handelt es sich um eine sog. selbstschuldnerische Bürgschaft. 

Sie bietet dem Gläubiger im Grunde doppelte Sicherheit, denn er kann sich bei Eintritt der Fälligkeit der Verbindlichkeit des Schuldners sowohl aus einem Vorgehen gegen den Schuldner als auch gegen den Bürgen befriedigen. 

Für den Bürgen bedeutet eine solche Bürgschaft das größtmögliche Risiko, denn er kann sich gegen seine Inanspruchnahme nur sehr begrenzt wehren. Er sollte sich in diesem Fall auf jeden Fall über den Schuldner absichern, denn er möchte ja sein Geld in jedem Fall auch wieder zurück haben. 

Die meisten Bürgschaften im geschäftlichen Verkehr sind selbstschuldnerische Bürgschaften, da nur darüber das Sicherungs- und Befriedigungsinteresse hinreichend gewahrt ist. 

3. Wann ist die Bürgschaft fällig? 

In dem am häufigsten auftretenden Fall der selbstschuldnerischen Bürgschaft tritt die Fälligkeit der Bürgschaft mit dem Eintritt der Fälligkeit der Hauptforderung ein. Das ist die Konsequenz, dass der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Daher sollte man in solchen Fällen immer die Verjährung der Bürgschaftsforderung im Auge behalten. 

4. Wann erlischt eine Bürgschaftsforderung? 

Eine Bürgschaft erlischt grundsätzlich durch 

  • Erlöschen der Hauptforderung, 
  • Erfüllung des Bürgen gegenüber dem Gläubiger,
  • wenn ein neuer Hauptschuldner die Hauptforderung übernimmt (das geht grds. nur mit Zustimmung des Gläubigers), 
  • Ablauf des Zeitraumes, für den die Bürgschaft eingegangen wurde, 
  • Kündigung des Bürgen, wenn dem Bürgen ein solches Recht vertraglich vereinbart wurde, 
  • durch Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen, wenn dies in der Bürgschaftserklärung so aufgenommen wurde. 

ACHTUNG - wichtiger Praxishinweis:

Der Bürge ist zur Erfüllung der Bürgschaftsforderung nur Zug-um-Zug gegen Übergabe der Originalbürgschaftsurkunde verpflichtet (von der Ausnahme im HGB mal abgesehen). Das bedeutet - wenn der Gläubiger die Bürgschaftsurkunde aus der Hand gibt, ohne Geld zu haben, hat er hinterher unter Umständen erhebliche Probleme, seine Forderung durchzusetzen. Daher sollte man die Bürgschaftsurkunde erst dann aus der Hand geben, wenn die Zahlung bereits angewiesen ist. Das kann in der Praxis ein wenig Aufwand bedeuten, aber so sind beide Seiten hinreichend abgesichert. 

Im vorliegenden Fall wurde die Bürgschaftsurkunde auch erst dann an das Kreditinstitut ausgehändigt, also das Kreditinstitut bestätigt hatte, die Zahlung angewiesen zu haben. 

5. Im Zweifel mit anwaltlicher Unterstützung

Bürgschaften sind nicht immer so einfach zu handhaben, wie es den Anschein macht. In "problematischen" Fällen - vor allem wenn Ärger mit dem Schuldner besteht - kann die Durchsetzung der Bürgschaftsforderung Probleme machen. 

Damit solche gar nicht erst entstehen, sollte man bei Akzeptanz der Bürgschaft eben peinlichst genau auf die Zahlungsmodalitäten achten. Hier kann anwaltliche Unterstützung hilfreich sein. Aber auch wenn die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft aus Sicht des Gläubigers erfolgen oder aber aus Sicht des Bürgen verhindert werden soll, kann anwaltlicher Rat helfen. 

Wenn Sie Fragen zu einer ganz bestimmten Bürgschaftskonstellation oder zum Inhalt einer solchen oder aber zur Inanspruchnahme aus einer solchen haben, können Sie mich gern im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung ansprechen. Sie können das unten stehende Kontaktformular nutzen, Sie können mich anrufen oder Sie schreiben mir eine mail an marc.gericke@gericke-recht.de . 

Foto(s): Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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