Erstattung von Desinfektionskosten bei einer unfallbedingten Reparatur

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Die aktuelle Pandemie hat zu einem weiteren Themenbereich bei der Unfallabwicklung geführt. Die Unfallparteien streiten sich nun oft, ob Desinfektionskosten vom Schädiger zu ersetzen sind oder nicht. Die Desinfektion des Fahrzeuginnenraums und der –flächen ist einerseits erforderlich, damit sich die Mitarbeiter des Reparaturbetriebes nicht infizieren, aber auch, damit der Virus nicht von den Werkstattmitarbeitern an den Geschädigten oder andere Fahrer des reparierten Fahrzeuges weitergegeben werden. Die Versicherer argumentieren gern, Händewaschen wurde ausreichend und eine Desinfektion sei nicht erforderlich. Auch wird behauptet, bei diesen Kosten handelt es sich um Gemeinkosten, welche die Werkstatt bzw. der Geschädigte zu tragen haben. 

Unter den mit Ansprüchen aus Verkehrsunfällen beschäftigten Gerichten hat sich nun die Auffassung durchgesetzt, dass auch die Kosten für eine Fahrzeugdesinfektion vom Schädiger zu erstatten sind. Diese Arbeiten gehören zu den erforderlichen Aufwendungen bei der Fahrzeuginstandsetzung. Denn die Gegenmeinung verkennt, dass der zum Schadensersatz Verpflichtete nach § 249 Absatz 1 BGB den Zustand herzustellen hat, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da die Desinfektion ohne unfallbedingten Werkstattaufenthalt nicht erforderlich wäre, weil dann der Geschädigte die Werkstatt zumindest aus unfallbedingten Reparaturgründen nicht aufsuchen müsste, wären diese Kosten nicht angefallen.

Darüber hinaus darf der Geschädigte die Kosten ersetzt verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Das Robert-Koch-Institut stellte klar, dass „eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen (…) insbesondere in der unmittelbaren Umgebung der infektiösen Person nicht auszuschließen sei, da vermehrungs­fähige SARS-COV-2-Viren (…) auf Flächen einige Zeit infektiös bleiben“. Damit ist die Desinfektion eine nicht unwesentliche Maßnahme zum Schutz Dritter vor einer Infektion und zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig.

Dem Begehren des Geschädigten auf Kostenerstattung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Pandemie ein außergewöhnliches Ereignis sei. Denn es liegt nicht außerhalb aller Lebenswahrscheinlichkeit, dass es bei einer Pandemie zur Anordnung und Umsetzung von entsprechenden Schutzmaßnahmen kommt und angesichts der aktuell empfohlenen Hygienemaßnahmen der Geschädigte die Desinfektion seines Fahrzeuges nach einer Reparatur berechtigterweise erwarten kann, wie dazu von den Gerichten ausgeführt wird. So wie die Reinigungskosten sind auch die Desinfektionskosten in voller Höhe erstattungsfähig, denn eine Differenzierung von Kostenpositionen im Zuge der Instandsetzung sind mit dem Grundgedanken des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht zu vereinbaren. Auch umfassen die Reinigungskosten nicht die Desinfektion des Fahrzeuges, denn diese erfordert einen deutlich über die übliche Reinigung hinausgehenden Aufwand.

Sollte Ihnen ein Schädiger oder dessen Versicherung die Desinfektions- oder andere Kosten nicht ersetzen wollen, empfehlen wir Ihnen, rechtlichen Rat und Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ihre rls Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Norman Retzlaff


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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