EuGH zur Leiharbeit: Equal-pay gilt auch für Urlaubsgrundsätze

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkt Leiharbeitnehmer:innen mit seiner neuen Entscheidung v. 12.5.22 (Az.: C-426/20) den Rücken. Die europäische Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG steht einer unterschiedlichen Behandlung von Leiharbeitnehmer:innen bei Urlaubslänge und Urlaubsabgeltung entgegen, so der EuGH. Geklagt hatten 2 portugiesische Leiharbeitnehmer:innen, denen aufgrund einer nationalen Sonderregelung im portugiesischen Arbeitsgesetzbuch erheblich weniger Urlaub zustand. Sie klagten gegen diese Ungleichbehandlung und hatten schließlich Erfolg. 

Leiharbeitnehmer:innen stehen die gleichen Arbeitsbedingungen zu

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung ausdrücklich klar, dass Leiharbeitnehmer:innen für die Dauer der Überlassung grundsätzlich die gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen zustehen, wie der Stammbelegschaft auf vergleichbaren Arbeitsplätzen. Leiharbeit diene nämlich hauptsächlich dazu, den Leiharbeitnehmer:innen den Zugang zu unbefristeten Arbeitsplätzen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Dies führe, so die Richter:innen, zur Pflicht des nationalen Gesetzgebers die vollumfänglichen Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmer:innen zu gewährleisten. Da Urlaubsgrundsätze und die Urlaubsabgeltung zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen im Sinne der o.g. EU Richtlinie gehören, scheidet die sachliche Begründung für eine Ungleichbehandlung damit aus. Den Kläger:innen steht somit der gleiche Urlaub und damit die gleiche Urlaubsabgeltung zu, wie der Stammbelegschaft.

Abweichungen im deutschen Arbeitsrecht zulässig?

Im § 8 des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist eine ähnliche Abweichung von dem o.g. Gleichbehandlungsgrundsatz enthalten. Für mind. 9 Monate oder länger (teilweise sogar bis zu 48 Monate) dürfen Zeitarbeitgeber durch Tarifverträge vom Equal-pay Grundsatz abweichen. Von dieser Ausnahmeregelung haben die Tarifvertragsparteien auch Gebrauch gemacht und in ihren Tarifverträgen u.a. abweichende Urlaubsgrundsätze festgelegt. Ob dies mit der EU-Leiharbeitsrichtlinie so vereinbar ist, wird der EuGH demnächst zu klären haben, denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den EuGH bereits um eine Vorabentscheidung (siehe: BAG Beschluss v. 16.12.2020 - 5 AZR 143/19) gebeten. Hier wird i.Ü. argumentiert, dass die partielle Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz per Tarifvertrag durch div. Untergrenzen (z.B. den Lohnuntergrenzen gem. § 3a AÜG) aufgefangen wird. Der sog. "Gesamtschutz" der Leiharbeitnehmer:innen sei so gewährleistet. Ob diese Aussage so noch Gültigkeit besitzt, darf aber bezweifelt werden. 

Ihre Rechte als Leiharbeitnehmer:in

Das alles kann allerdings nur dann gelten, wenn der gesamte Tarifvertrag in Bezug genommen worden ist, also vollständig angewandt wird. Wendet eine Zeitarbeitsfirma den einschlägigen Tarifvertrag also nur teilweise an oder enthält der Arbeitsvertrag sonstige Regelungen, die im Widerspruch zum Tarifvertrag stehen, so ist von der Ausnahmeregelung in nicht zulässiger Weise Gebrauch gemacht worden und den Leiharbeitnehmer:innen steht von Anfang an (!) die gleichen Arbeitsbedingungen, wie der Stammbelegschaft zu. Das gilt sowohl für den Urlaub, als auch für alle anderen wesentlichen Arbeitsbedingungen wie Gehalt, etc. Wenn Sie also bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt sind, sollten Sie unbedingt überprüfen (lassen), ob Ihr Arbeitgeber vom Tarifvertrag abweicht oder diesen überhaupt vollständig in Bezug genommen hat.


Für Fragen rund um das Thema Leiharbeit stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. 


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