Fallstricke beim Praxismietvertrag – kleine Fehler - große Wirkung

  • 2 Minuten Lesezeit

Die meisten Praxen sind in gemieteten Praxisräumlichkeiten tätig. Da die  Mietverträge häufig für einen langen Zeitraum fest abgeschlossen werden und die monatlichen Mietzahlung nach den Personalkosten zumeist den größten Kostenfaktor einer Praxis darstellen, sollte bei der Verhandlung und Abfassung des Mietvertrages viel Wert auf die konkrete Ausgestaltung der Regelungen gelegt werden. Zudem sollten die Mieter darauf achten, dass den Besonderheiten einer freiberuflichen Tätigkeit Rechnung getragen wird, also z.B. die Praxis durch Hinzunahme neuer Partner weiterentwickelt, die Praxis veräußert und der Mietvertrag auf den Erwerber übertragen werden kann und zudem Sonderkündigungsregelungen für den Fall der Berufsunnfähigkeit oder des Versterbens des Mieters vereinbart werden. 

Von der Verwendung eines Mustermietvertrages ist daher dringend abzuraten.

Zudem sind die gesetzlichen Vorgaben für den Bereich der gewerblichen Mietverträge zu beachten. In der Praxis häufig übersehen wird das sog. "Schriftformerfordernis", welches der Gesetzgeber für gewerbliche Mietverträge angeordnet hat und welches nicht durch die Parteien abbedungen werden kann.

Dies bedeutet, dass alle Vertragsinhalte schriftlich niedergelegt werden müssen. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis ist, dass die ordentliche Kündigungsfrist gilt, also eigentlich vereinbarte Festlaufzeiten samt eventuell vorhandener Verlängerungsoptionen wegfallen. 

Für eine ärztliche Praxis ist der Verbleib in den angestammten Räumlichkeiten aufgrund der Bindung der Patienten an den Ort der Praxis häufig von großer Wichtigkeit. Es muss daher dringend darauf geachtet werden, dass jegliche Änderungen und Nachträge zu einem Praxismietvertrag ebenfalls schrifrtlich fixiert werden. Bereits kleine Versäumnisse können dazu führen, dass ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis festgestellt wird.


Beschluss OLG Celle (Az. 2 U 27/23) – fehlende Datumsangabe

So hat das OLG Celle in seinem Beschluss vom 30.06.2023 (Az. 2 U 27/23) entschieden, dass bereits das Fehlen einer Datumsangabe auf einer Nachtragsvereinbarung zu einem Praxismietvertrag einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis darstellt. Aus diesem Grunde war der Mietvertrag durch den Vermieter ordentlich kündbar und die in den Räumlichkeiten tätige Praxis zum Auszug verpflichtet.


Änderungen während der Mietzeit

Vorsicht ist auch geboten, wenn sich während der vereinbarten Mietzeit Änderungen z.B. in Bezug auf die Räumlichkeiten ergeben. So ist nicht selten zu beobachten, dass im Laufe der Jahre z.B. ein Kellerraum zusätzlich genutzt oder ein ungenutzter Raum für eine anderweitige Vermietung durch den Vermieter freigegeben wird. Auch diese Änderungen sind zwingend schriftlich zu vereinbaren, da ansonsten ebenfalls ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis mit den oben genannten Konsequenzen vorliegt.


Praxis-Tipps

Insofern sollte bereits bei der Abfassung des Mietvertrages darauf geachtet werden, dass alle Abreden - mögen sie auch noch so unbedeutend erscheinen - in den Mietvertrag aufgenommen werden. Zudem müssen alle Änderungen, welche sich im Laufe eines langfristigen Mietverhältnisses immer wieder ergeben, ebenfalls schriftlich fixiert und mit Datums- und Ortsangabe sowie den erforderlichen Unterschriften versehen werden.

Im Zweifel sollte ein sachkundiger Anwalt hinzugezogen und mit der Prüfung des Vertrages bzw. der Nachträge zum Vertrag beauftragt werden.


Rechtsanwältin Sabine Warnebier

Fachanwältin für Medizinrecht

Mediatorin

warnebier@voss-medizinrecht.de

www.voss-medizinrecht.de

Foto(s): Voß.Partner

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwältin Sabine Warnebier

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten