Falsche Angaben zum Einkommen beim Kindesunterhalt

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Die Höhe des Kindesunterhalts hängt davon ab, was der unterhaltspflichtige Elternteil verdient. Dieser ist verpflichtet, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen. Um die Unterhaltszahlungen möglichst gering zu halten, fühlen sich manche Unterhaltspflichtige befleißigt, falsche Angaben zu machen oder Einkommen zu verschweigen. Besonders schwerwiegend erweist sich, wenn der Unterhaltsanspruch zwangsweise vollstreckt werden muss und in der Vermögensauskunft falsche Angaben gemacht werden.

Warum ist der Unterhaltspflichtige auskunftspflichtig?

Unterhaltspflichtige Eltern sind ihren Kindern auskunftspflichtig (§ 1605 BGB). Dieser gesetzliche Auskunftsanspruch ist die Grundlage, warum ein unterhaltspflichtiger Elternteil Angaben über sein Einkommen und Vermögen erteilen muss. Nur wenn ordnungsgemäß Auskunft erteilt wird, ist das unterhaltsberechtigte Kind in der Lage, seinen Unterhaltsanspruch zu beziffern.

Wie sind die Auskünfte zu erteilen?

Die Auskunft bezieht sich inhaltlich auf alle laufenden Einkünfte. Der auskunftspflichtige Elternteil schuldet eine in sich geschlossene geordnete Zusammenstellung, die es dem betreuenden Elternteil als dem gesetzlichen Vertreter des Kindes ermöglicht, das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen und damit die Höhe des Kindergeldanspruchs zu ermitteln (BGH FamRZ 1983, 998). Die Auskunft ist schriftlich zu erteilen, braucht aber vom auskunftspflichtigen Elternteil nicht persönlich unterschrieben zu werden (BGH FamRZ 2008, 600).

Mündlich erteilte Auskünfte sind insoweit allenfalls relevant, wenn das unterhaltsberechtigte Kind auf dieser Grundlage seinen Unterhaltsanspruch beziffert und der unterhaltspflichtige Elternteil den insoweit bezifferten Unterhaltsanspruch akzeptiert und zahlt. Besteht über die Höhe des Kindesunterhalts hingegen Streit, muss das unterhaltsberechtigte Kind darlegen und beweisen, was der unterhaltspflichtige Elternteil verdient. Dieser ist insoweit verpflichtet, schriftlich Auskunft zu erteilen.

Über die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege vorzulegen (§ 1605 Abs. I BGB). Nur so lassen sich die Angaben zur Auskunft überprüfen und das Einkommen errechnen. Als Belege kommen vornehmlich

  • Verdienstbescheinigungen,
  • Lohnsteuerkarten,
  • Arbeitslosen- und Krankengeldbescheide,
  • Einkommensteuererklärungen mit sämtlichen Anlagen,
  • Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnung
  • oder Einkommensteuerbescheide in Betracht.

Werden insoweit falsche Angaben gemacht, geht es meist darum, dass Unterlagen verfälscht oder Einkünfte verschwiegen werden.

Falsche Angaben gegenüber dem Jugendamt

Der unterhaltspflichtige Elternteil kann seine Unterhaltspflicht für das Kind beim Jugendamt in einer Jugendamtsurkunde anerkennen. Nach Maßgabe der Einkommensangaben berechnet das Jugendamt den Kindesunterhalt. Da der Elternteil Einkommensbelege vorlegen muss, sind die Manipulationsmöglichkeiten eher gering. Ein Ansatzpunkt ergibt sich dann, wenn der Elternteil Erwerbstätigkeiten verschweigt und darüber keine Belege vorlegt. Beziffert das Jugendamt den Kindesunterhalt dann als zu gering, riskiert der Elternteil den Vorwurf des Betruges.

Falsche Angaben gegenüber dem Familiengericht

Klagt das Kind seinen Unterhaltsanspruch gerichtlich ein, kann das Familiengericht anordnen, dass der unterhaltspflichtige und auskunftspflichtige Elternteil Auskunft über

  • seine Einkünfte,
  • sein Vermögen
  • und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse

erteilt und bestimmte Belege vorlegt. Dazu kann das Gericht anordnen, dass der Elternteil schriftlich versichert, dass die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig ist. Diese Versicherung kann nicht durch den Rechtsanwalt erteilt werden, der den Elternteil im Unterhaltsverfahren vertritt (§ 235 FamFG). Die schriftliche Versicherung macht im Regelfall den Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung entbehrlich. Die schriftliche Versicherung ist aber noch keine eidesstattliche Versicherung im Sinne des Strafrechts. Falsche Angaben können aber den Tatbestand des versuchten Prozessbetruges erfüllen.

Gibt der Elternteil einen unter seiner Qualifikation liegenden Verdienst an, lässt sich ein verschleiertes Arbeitseinkommen vermuten. Dann ist er neben der Vorlage der Gehaltsbescheinigungen verpflichtet, auch den Arbeitsvertrag vorzulegen und Angaben über die Art den Umfang seiner Tätigkeit zu machen (LG Kassel NJW-RR 1999, 509). Auch reicht es nicht aus, einen Bescheid über SGB-II-Leistungen zu übersenden, da der Bescheid allein noch keine Aussage über das vollständige Einkommen in den Fällen ermöglicht, in denen der Elternteil einer, sei es auch nur stundenweise Tätigkeit nachgeht.

Wurde die Auskunft hingegen nach Angaben des Elternteils erteilt und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Auskunft aufgrund fehlender Sorgfalt oder betrügerischer Absicht unvollständig oder unrichtig ist, kann das unterhaltsberechtigte Kind gegenüber dem Familiengericht beantragen, dass der Elternteil seine Angaben eidesstattlich versichert. Spätestens jetzt bewegt sich der Elternteil im strafrechtlichen Bereich. Die falsche Versicherung an Eides statt ist nach § 156 StGB strafbar.

Ignoriert der auskunftspflichtig Elternteil auch die Aufforderung des Familiengerichts, ordnungsgemäß Auskunft zu erteilen, kann das Familiengericht bestimmte Belege bei Dritten anfordern. Es sind

  • Arbeitgeber,
  • Sozialleistungsträger,
  • Versicherungsunternehmen
  • und Finanzämter

verpflichtet, der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten und die gewünschten Auskünfte zu erteilen (§ 236 FamFG). Sollte der Elternteil zuvor unvollständige oder bewusst falsche Angaben gemacht haben, dürfte jetzt die Wahrheit ans Licht kommen.

Falsche Angaben in der Vermögensauskunft

Ist der Unterhaltsanspruch des Kindes rechtsverbindlich festgestellt (tituliert), kann das Kind aus dem Dokument die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der Elternteil den Kindesunterhalt nicht oder nicht ordnungsgemäß bezahlt. In letzter Konsequenz könnte der Elternteil veranlasst werden, gegenüber dem Gerichtsvollzieher die Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung) abzugeben. In der Vermögensauskunft ist im Vermögensverzeichnis Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Falsche Angaben führen zur Strafbarkeit wegen falscher Eides der Versicherung nach § 156 StGB. Auch die fahrlässig falsch abgegebene Vermögensauskunft kann strafbar sein. Allerdings bleibt der Schuldner straflos, wenn er seine Angaben rechtzeitig berichtigt.

Auch PayPal-Konten müssen angegeben werden

In der Vermögensauskunft sind Angaben zu machen, ob und wo der Elternteil Bankkonten unterhält. Dazu gehört auch die Angabe eines PayPal-Kontos, auch wenn das Konto nicht in Deutschland geführt wird. Aufgrund eines EU-Vollstreckungsübereinkommens kann ein in Deutschland ausgestellter Vollstreckungstitel auch im EU-Ausland zwangsweise vollstreckt werden. Die dafür notwendigen Formalitäten sind jedoch hoch. Auch ein Pfändungsschutzkonto ist anzugeben, unabhängig davon, dass der Zugriff auf ein Guthaben unterhalb der Pfändungsfreigrenze des Elternteils als Kontoinhaber nicht möglich ist.

Bei der Angabe der Konten sind auch Konten ohne derzeitiges Guthaben sowie Konten von Dritten anzugeben, allerdings mit der Einschränkung, „sofern das Konto benutzt wird“. Verfügt der unterhaltspflichtige Elternteil über eine Bankvollmacht, mit der er über das Konto einer anderen Person verfügen kann, wäre dieses Konto anzugeben, aber nur, soweit er dieses Konto für eigene Verfügungen nutzt.

Beispiel I: Abwicklung der Vermögensgeschäfte Verstorbener

Ist die Kontovollmacht nur dann relevant, um im Sterbefall des Kontoinhabers die Beerdigung abzuwickeln, wird das Konto nicht für eigene Verfügungen „benutzt“ und braucht im Regelfall nicht im Vermögensverzeichnis angegeben zu werden.

Beispiel II: Vereinskontoführung

Der Elternteil verschweigt, dass er als ehrenamtlicher Vorsitzender eines gemeinnützigen Vereins Zugriff auf das Vereinskonto hat. Da er nicht berechtigt ist, über das Vereinskonto eigene Verfügungen zu tätigen, braucht er das Konto im Vermögensverzeichnis nicht anzugeben. Zudem hätte das Kind als Gläubiger keinen Zugriff auf das Konto, da der Elternteil nicht Kontoinhaber ist.

Unvollständige Angaben ermöglichen Nachbesserung

Kann das Kind als Gläubiger glaubhaft machen, dass der unterhaltspflichtige Elternteil bewusst oder unbewusst unzutreffende, lückenhafte oder unvollständige Angaben im Vermögensverzeichnis gemacht hat, kann es den Elternteil über den Gerichtsvollzieher auffordern, seine ursprüngliche Vermögensauskunft nachzubessern (BGH, Beschluss v. 3.2.2011, Az. I ZB 50/10). Dem steht nicht entgegen, dass der Elternteil sich damit selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen müsste (LG Koblenz, MDR 1998, 369).

Alles in allem

In Unterhaltsfragen treffen oft gegensätzliche Interessen von Kind, dem betreuenden und dem barunterhaltspflichtigen und Elternteil aufeinander. Um den Unterhaltsanspruch nach „Recht und Gesetz“ ordnungsgemäß zu bestimmen, ist das Kind auf die ordnungsgemäße, vollständige und wahrheitsgemäße Information des unterhaltspflichtigen Elternteils angewiesen. Im Streitfall haben die Familiengerichte ein gewisses Instrumentarium, um die Auskunftspflicht durchzusetzen. Unabhängig davon, welches Ziel Sie persönlich verfolgen, sollten Sie sich frühzeitig unterhaltsrechtlich beraten lassen. Schreiben Sie uns gern eine Nachricht zu Ihrem Anliegen.

Foto(s): iurFRIEND

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