Finanzagenten und die Haftung – Finanzmanager haftet nur bei Leichtfertigkeit

  • 7 Minuten Lesezeit

Immer mehr Geld-Transaktionen finden online statt. Dies beinhaltet nicht nur einen zusätzlichen Komfort, sondern ebenfalls zuvor nicht bekannte Risiken. Dazu gehört vor allem, dass unbescholtene Bürger zu einem sogenannten Finanzagenten werden und anschließend sogar straf-und zivilrechtlich belangt werden können. 

Ein rechtlicher Streitpunkt besteht oft darin, ob der Financial Agent den Schaden ersetzen muss. In der Regel entscheiden die Gerichte – so auch der BGH -, dass eine Haftung nur bei Vorsatz oder zumindest bei Leichtfertigkeit erfolgen muss. 

Das Wichtigste in Kürze 

  • Die Bezeichnung Finanzagent wird heutzutage meistens für Personen verwendet, die ihr Konto – wissentlich oder unwissentlich – zur Geldwäsche nutzbar machen 
  • Oftmals werden Finanzagenten aufgrund von Job-Annoncen zum Opfer, wenn sie erhaltenes Geld auf ein anderes Konto transferieren sollen 
  • Mehrere Gerichte haben entschieden, dass ein Finanzmanager in der Regel nur bei Vorsatz oder Leichtfertigkeit haften muss 
  • Grundsätzlich kommt sowohl eine strafrechtliche als auch eine zivilrechtliche Haftung für Finanztransaktionsmanager infrage 

Worum handelt es sich bei einem Finanzagenten?

Prinzipiell wird von einem Finanzagenten gesprochen, wenn dieser sein eigenes Konto zum Zweck der Geldwäsche bereitstellt. Meistens geschieht dies unwissentlich und somit unabsichtlich, weil der sogenannte Finanzmanager auf Job-Anzeigen oder Spam E-Mails hereingefallen ist. Alternative Bezeichnungen für den Finanzagent sind Treuhandagent, Finanztransaktionsmanager oder aus dem englischsprachigen Raum Financial Agent sowie Escrow Agent. 

Kennzeichnend für Finanzagenten ist, dass über deren Konto Geld weitergeleitet wird, welches in der Regel aus Betrugsfällen stammt. Meistens geschieht dies nach dem folgenden Prinzip: 

  • Bargeldabhebung des Geldes vom Konto und Kauf von Gutscheinen, beispielsweise Amazon-Gutscheine 
  • Weiterleitung des Geldes vom Konto mittels klassischer Überweisung oder Western Union 
  • Von dem Geld werden Bitcoins und anderen Kryptowährungen gekauft, die anschließend auf andere Wallets transferiert werden 

Wie kann ich zum Finanzagent werden?

Es gibt mittlerweile mehrere Maschen, wie unschuldige Bürger manchmal relativ leicht zum Finanzmanager werden können. Eine häufige Betrugsmasche besteht darin, dass Arbeitslose mit einem attraktiven Jobangebot geködert werden. Durch eine anscheinend einfache und leichte Tätigkeit sollen sich so pro Monat mehrere Tausend verdienen lassen. 

Worin der Job letztendlich besteht, ist sehr unterschiedlich. Entscheidend ist, dass der Finanzagent in dem Zusammenhang einen größeren Geldbetrag auf sein Konto erhält und diesen umgehend weiterleiten soll. Der Zweck dahinter ist, dass der Finanztransaktionsmanager bzw. dessen Konto zur Geldwäsche genutzt werden soll.  

Die entsprechenden Beträge fließen dann an die Betrüger oder deren Partner. Dabei ist es wichtig, dass möglichst keine einfache Rückverfolgung der Transaktionen möglich ist. Dies stellen die Betrüger meistens durch folgende Vorgaben sicher: 

  • Überweisung auf ausländische Konten 
  • Transfer per Western Union 
  • Bargeldverfügung und Kauf von Gutscheinen 
  • Transaktion in Bitcoins 

Neben Jobangeboten gibt es einige weitere Maschen, die Bürger ebenfalls zu einem Treuhandagent machen können. So erhält der Escrow Agent beispielsweise einen Scheck per Post, den er in bar einlösen soll. Der Betrag wird anschließend auf verschiedenen Wegen wiederum an die Empfänger im Ausland transferiert. 

Strafrechtliche und zivilrechtliche Komponente bei Finanzagenten

Der Vorgang der Geldwäsche ist keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen, denn dabei handelt es sich um eine Straftat. In der Regel stammt das Geld auf dem Konto des Finanzagenten aus Betrügereien, wie zum Beispiel Computerbetrug.  

Die Weiterleitung auf ein anderes Konto stellt demzufolge nach Paragraph 261 Abs. 5 StGB eine Geldwäsche dar. Dies setzt lediglich voraus, dass der Financial Agent leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um Geldwäsche handeln dürfte. 

Das Strafrecht ist jedoch nur eine Komponente, mit der Finanzagenten in der Praxis konfrontiert werden. Hinzu kommt das Zivilrecht, nach dem gegenüber den Geschädigten und Opfern des Betruges eine Schadensersatzverpflichtung besteht. Allerdings kommt es auch in dem Fall darauf an, ob dem Finanztransaktionsmanager Leichtfertigkeit oder gar Vorsatz nachgewiesen werden kann. 

BGH-Urteil zur Haftung von Finanzagenten 

Der Bundesgerichtshof hat sich in der Vergangenheit bereits mit dem Thema auseinandergesetzt, ob und in welchem Umfang Finanzagenten im Fall eines Betruges bzw. der Geldwäsche haften müssen. Im verhandelten Fall bewarb sich der Beklagte auf einen Job und sollte Geldeingänge auf seinem Konto abzüglich einer Provision ins Ausland transferieren. Grundlage waren verschiedene Betrügereien, sodass eine Geldwäsche über das Konto stattfand. 

Die Bundesrichter kamen in diesem Fall zum Urteil (VI ZR 474/16 vom 16.1.2018), dass der Finanzagent nicht für den Schaden haften müsse. Er wurde lediglich dazu verurteilt, die von ihm vereinnahmte Provision der Transaktionen zu erstatten. In ihrer Begründung gaben die BGH-Richter an, dass der Straftatbestand der Geldwäsche nicht erfüllt sei.  

Dieser setze nämlich voraus, dass der Finanzagent leichtfertig nicht erkannt hätte, dass die entsprechenden Geldeingänge auf seinem Konto aus Betrügereien bzw. Straftaten stammen müssen. Das wiederum führt dazu, dass auch keine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht besteht. 

Im verhandelten Fall hätte der Beklagte vor allem deshalb nicht leichtfertig gehandelt, weil er geschäftlich relativ unerfahren war. Zudem gaben die jeweiligen Verwendungszwecke der Transaktionen keine Anzeichen dafür, dass Straftaten anzunehmen seien

Urteil des Oberlandesgerichts München vom Dezember 2014 

Ebenfalls ein sehr interessantes Urteil zum Thema Haftung von Finanzagenten bei Computerbetrug gibt es vom OLG München. Im verhandelten Fall wurde der Beklagte ebenfalls durch ein Jobangebot geködert. Dies sollte darin bestehen, Bücher einzuscannen. Um diese Tätigkeit durchführen zu können, sollte der Beklagte vom angeblichen Arbeitgeber einen Scanner erhalten.  

Dafür überwies der Jobgeber einen Betrag von 9.790 Euro auf das Konto des Beklagten, von dem der Scanner bezahlt werden sollte. Dabei wurde der Beklagte angewiesen, das Geld aufgrund eines möglichen Rabattes per Western Union an einen Partnershop zu transferieren

Als Klägerin trat in dem Fall die Empfängerbank auf, die das Geld des Geschädigten ersetzen musste. Die Bank forderte anschließend vom Beklagten, also dem Finanzagenten, den entsprechenden Schaden zu ersetzen

In seinem Urteil (Aktenzeichen 19 U 3492/14) kam das Oberlandesgericht München in zweiter Instanz zu der Auffassung, dass die Klage weiterhin abzuweisen sei. Begründet wurde dies vor allem damit, dass die Klägerin keine Leichtfertigkeit auf Seiten des Finanzagenten nachweisen konnte. Weitere, interessante Inhalte und Begründung des Urteils sind: 

  • Der Beklagte bekam von den Betrügern eine nicht vollkommen abwegige Begründung für die Transaktion präsentiert 
  • Keine Beteiligung des Beklagten, die den rechtswidrigen Eingriff in ein anderes Rechtsgut aktiv unterstützt hat 
  • Beklagter hatte keinerlei Kenntnisse von den Tatumständen 
  • Dem Finanzagenten musste sich nicht aufdrängen, dass die auf sein Konto verbuchten Gelder aus einem Betrug oder einer anderen Straftat stammen 
  • Geschäftsanbahnung über das Internet ist nicht prinzipiell unseriös bzw. verdachtserregend 
  • Finanztransaktionen über Western Union bzw. ähnliche Zahlungsdienste sind ebenfalls nicht von Grund auf verdächtig 
  • Klägerin hatte nicht nachgewiesen, dass der Beklagte am unrealistischen Kaufpreis für den Scanner hätte erkennen müssen, dass etwas nicht stimmt 
  • Beklagter hätte auch nicht stutzig werden müssen, weil auf einem Kontoauszug als Veranlasser der Überweisung lediglich „Z.“ genannt wurde. Dies begründeten die Richter damit, dass der Beklagte nicht die Pflicht hat und es ihm nicht kümmern muss, wer ihm Geld überweist 

Zusammengefasst haften Finanzagenten also in der Regel nur dann, wenn ihnen leichtfertiges Handeln nachgewiesen werden kann. 

Tipp: Daran können Sie eventuelle Betrugsangebote erkennen

Es gibt durchaus einige Anzeichen, an denen sich zweifelhafte Jobangebote erkennen lassen, bei denen es voraussichtlich ausschließlich um Geldwäsche geht. Trotzdem werden Jahr für Jahr nicht wenige Bürger auch in Deutschland ungewollt zu Finanzagenten und sehen sich anschließend einer rechtlichen Auseinandersetzung gegenüber. Durchaus häufigere Anhaltspunkte, an denen Sie derartige Angebote erkennen können, sind: 

  • Besonders lukratives Jobangebot (sehr einfache Tätigkeit von Zuhause aus) mit dennoch hohen Verdienstmöglichkeiten 
  • Geldein- und Ausgänge sind Teil der Tätigkeit bzw. sollen zwingend unter verschiedenen Vorwänden vorgenommen werden 
  • E-Mail oder das Jobangebot enthalten zahlreiche Rechtschreib- und Grammatikfehler 
  • Keine Erreichbarkeit des Auftraggebers, außer per Mail 
  • Gelder sollen in bar abgehoben und weitergeleitet werden 

Was ist die Konsequenz der Urteile zu Finanzagenten?

Die meisten Urteile im Hinblick auf die Haftung von Finanzagenten in der Vergangenheit kommen zu dem Schluss, dass jeweilige Kläger ihre Ansprüche lediglich in Einzelfällen durchsetzen können. Grundlegende Voraussetzung für die Haftung ist, dass der Finanzagent zumindest geahnt haben muss, dass die Gelder aus einem Betrug stammen.  

Das ist allerdings nur schwer und oftmals gar nicht nachzuweisen, weil es schlichtweg in der Regel nicht den Tatsachen entspricht. Es müsste demnach relativ auffällig ein Betrug vorliegen, der die Grundlage für die Geld-Transaktionen ist. 

Trotzdem sollten Finanzagenten nicht zu arglos agieren, denn eine Haftung ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Aus dem Grund kommt es häufig vor, dass die ungewollten Finanztransaktionsmanager zumindest eine Klageschrift erhalten und sich vor Gericht verantworten müssen. 

Was können Betroffene tun? 

Wie bereits erwähnt, gibt es beim Vorwurf der Geldwäsche an einen (ungewollten) Finanzagenten eine straf- und eine zivilrechtliche Komponente. Sicherlich wiegen zunächst der Vorwurf der Geldwäsche und die damit verbundenen, strafrechtlichen Konsequenzen schwerer.  

Dennoch sollten keinesfalls mögliche zivilrechtliche Ansprüche außer Acht gelassen werden, nämlich die Schadenersatzleistung. Aus dem Grund ist es wichtig, dass sich Betroffene beim Vorwurf der Geldwäsche aufgrund der Tätigkeit als Finanzagent an einen Anwalt wenden.  

Für die zivilrechtliche Seite eignet sich insbesondere eine Kanzlei, die sich auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert hat. Eine solche Anwaltskanzlei ist CDR-Legal, die ihren Mandanten zunächst ein kostenfreies Erstgespräch per Telefon anbietet. Dort kann der vorliegende Fall bereits erörtert werden und es gibt erste Hinweise zur weiteren Vorgehensweise. 

Foto(s): Bild von Darwin Laganzon auf Pixabay

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Corinna Ruppel LL.M.

Beiträge zum Thema