Fragwürdige Coachings - Was hat es damit rechtlich auf sich?

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In der heutigen Zeit gewinnen fragwürdige Online-Coachings immer mehr an Bedeutung. Die von den Mentoren als Online-Finanzakademien bezeichneten Trainings versprechen den Teilnehmern im Rahmen von Coaching- und Mentoring-Programmen, fundiertes Wissen über Themen wie Finanzplanung, Geldanlage, Vermögensaufbau und Altersvorsorge zu vermitteln. Oftmals beinhalten diese Angebote auch vermeintliches Know-how im Bereich Kryptowährungen und anderen Anlageformen. Dabei neigen sie allerdings dazu, die damit verbundenen Risiken herunterzuspielen und den Teilnehmern schnelle Gewinne zu versprechen. Die Coachings sind jedoch alles andere als preisgünstig.

Neben wenigen tatsächlich erstklassigen Coachings tummeln sich zahlreiche unseriöse Finanztrainer, die das Streben der Teilnehmer nach finanzieller Stabilität ausnutzen und Schulungen anbieten, die sich im Wesentlichen auf Standardwissen beschränken und die Teilnehmer nicht in die Lage versetzen, fundierte individuelle Finanzentscheidungen zu treffen.

Abgesehen von den bereits hohen Kosten für diese Coachings besteht in einigen Fällen die Gefahr erheblicher finanzieller Verluste durch falsche Investitionen. Viele Teilnehmer fragen sich daher, ob sie zumindest die Kosten für das Coaching zurückfordern können. In diesem Rechtstipp werden die rechtlichen Aspekte solcher Möglichkeiten erörtert.

Struktur der Finanztrainings

Die rechtlichen Möglichkeiten der Teilnehmer hängen weitgehend von der Form und Struktur der Coachings ab. Die meisten Online-Finanztrainings folgen einem ähnlichen Aufbau:

  1. Die Teilnehmer erhalten Zugriff auf einen Online-Videokurs, Workbooks und Checklisten, um das notwendige Wissen zu erlangen.
  2. Begleitend zu den Videokursen finden Online-Meetings, Video-Calls, Workshops oder Live-Treffen statt, bei denen die Teilnehmer Fragen zu den Videokursen stellen können und vertiefendes Wissen erwerben sollen.
  3. In einigen Fällen erhalten die Teilnehmer konkrete Anlagetipps oder Ratschläge von den Anbietern.
  4. Teilweise werden die Teilnehmer auch dazu ermutigt, weitere Teilnehmer zu werben und erhalten dafür eine Provision (sog. Schneeballsystem)

Die Unwirksamkeit dieser "Verträge"

Es gibt verschiedene Gründe, warum Coachingverträge unwirksam sein können.

  1. Finanzanlageberatung (§ 34h GewO): Einige Finanztrainings können als Anlageberatung angesehen werden. Allerdings benötigen sogenannte Finanzanlagenberater gemäß § 34h Gewerbeordnung (GewO) eine staatliche Erlaubnis. Falls der Anbieter des Coachings über keine solche Erlaubnis verfügt, könnte der Coaching-Vertrag unter Umständen nichtig sein.

  2. "Schneeballsystem" (§ 16 Abs. 2 UWG): Wenn die Teilnehmer dazu aufgefordert oder motiviert werden, weitere Teilnehmer zu werben, könnte dies als strafbare Werbung gemäß § 16 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angesehen werden. Solche Verträge in Verbindung mit "Schneeballsystemen" sind regelmäßig nichtig und daher unwirksam.

  3. Fernunterricht (§ 7 Abs. 1 FernUSG): Die Struktur von Finanztrainings ähnelt auch verschiedenen Fernunterrichtsangeboten. Für Fernunterricht ist eine staatliche Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) erforderlich. Ein Vertrag, der von einem Anbieter ohne diese Zulassung abgeschlossen wird, könnte gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig sein.

Widerruf des Coaching-Vertrags

Sofern Sie den Vertrag als Verbraucher abgeschlossen haben, steht Ihnen grundsätzlich ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen zu. Oftmals informieren die Coachinganbieter ihre Kunden jedoch nicht ausreichend über das Widerrufsrecht. Dadurch wird die Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 3 BGB auf ein Jahr und 14 Tage verlängert, was bedeutet, dass Verträge auch nach Ablauf der 14-Tage-Frist widerrufen werden können.

Anfechtung des Coaching-Vertrags

Teilweise können Verträge aufgrund irreführender Werbung anfechtbar sein. Viele Anbieter von Finanztrainings werben mit enormen Gewinnen innerhalb kurzer Zeiträume. Dies kann unter Umständen als irreführende Werbung gemäß § 16 Abs. 1 UWG angesehen werden. Wenn ein Teilnehmer aufgrund dieser irreführenden Werbung den Vertrag abschließt, könnte der Vertrag gemäß § 123 Abs. 1 BGB aufgrund arglistiger Täuschung anfechtbar sein.

Kündigung des Coaching-Vertrags

Schließlich könnte es auch möglich sein, den Coaching-Vertrag zu kündigen. Eine Kündigung beendet den Vertrag zu dem Zeitpunkt, zu dem sie erklärt wird. Im Vergleich dazu führen Widerruf und Anfechtung dazu, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam ist, und Zahlungen des Kunden normalerweise zurückerstattet werden müssen. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer des Vertrags und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters. Die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung hängt von einem wichtigen Grund ab, beispielsweise rechtswidrigem Verhalten des Veranstalters.

Was können Sie tun?

Wenn Sie den Vertrag mit einem solchen Finanztraining auflösen möchten, sollten Sie dies zunächst dem Anbieter mitteilen. Solche Schreiben sollten mit Ihren persönlichen Informationen ergänzt und nachweisbar an den Anbieter gesendet werden. Einschreiben mit Rückschein oder eine E-Mail sind empfehlenswerte Versandmethoden, da sie im Zweifel nachgewiesen werden können.

Benötigen Sie Unterstützung?

Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie einen wirksamen Vertrag für ein solches Coaching abgeschlossen haben oder Fragen zu Ihren Rechten bezüglich Widerruf, Anfechtung oder Kündigung haben, stehen wir Ihnen gerne für eine unverbindliche Ersteinschätzung zur Verfügung. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Foto(s): Pexels, Canva

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