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Fristlose Kündigung nach Einschließen auf der Toilette. Ist eine Abmahnung in diesem Fall entbehrlich?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 11.02.2021.

ArbG Siegburg Urt. v. 11.2.2021 – 5 Ca 1397/20, BeckRS 2021, 2742

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Das Gericht hatte über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung zu entscheiden. Der Kläger und Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber/der Beklagten seit September 2019 als Lagerist beschäftigt. Im Januar 2020 ging ein Kollege des Klägers, mit dem er in der Vergangenheit sich bereits häufiger gestritten hatte, im Lager auf die Toilette. Während er seinem Geschäft nachging, schob der Kläger ein Blatt unter die Toilettentür hindurch und stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss. Nachdem der Schlüssel auf das Blatt gefallen war, zog der Kläger dieses weg. Der Kläger ließ den Kollegen so lange auf der Toilette eingeschlossen, bis dieser sich veranlasst sah, die Toilettentür einzutreten. Im Juni 2020 fiel es der Beklagten auf, dass die Toilettentür im Lager stark beschädigt war. Daraufhin klärte sie den Sachverhalt auf und sprach anschließend gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung aus. Gegen diese fristlose Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage eingelegt und beantragt festzustellen, dass die fristlose Kündigung rechtswidrig ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat folgendes entschieden:

Das Arbeitsgericht hat dem Arbeitgeber Recht gegeben und entschieden, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung beendet worden ist. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung liegen nach Ansicht des Gerichts vor. Es liegt ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB vor, wonach das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Das Gericht ordnet den Sachverhalt so ein, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Durch das Einschließen des Kollegen auf der Toilette hat der Kläger den Kollegen zumindest teilweise seiner Freiheit und der ungehinderten Möglichkeit des Verlassens der Toilette beraubt. Das Gericht lässt offen, ob hierin bereits eine strafrechtlich relevanter Sachverhalt zu sehen ist, sondern sagt, dass die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses (innerhalb des Arbeitsverhältnisses) entscheidend ist. Außerdem hat der Kläger die Beschädigung der Toilettentür zu verantworten. Das Verhalten des Kollegen, der die Toilettentür eingetreten hat, um aus der Toilette rauszukommen, ist dem Kläger als Veranlasser vollumfänglich zuzurechnen. In der Gesamtwürdigung ist das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Hierbei ist eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. Außerdem ist zu prüfen, ob es für den Arbeitgeber als Alternative zu der fristlosen Kündigung keine mildere Reaktionsmöglichkeit gibt, die dem Arbeitgeber auch zuzumuten ist. Als mildere Reaktionen sind insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine vorherige Abmahnung bei besonders schweren Pflichtverstößen des Arbeitnehmers entbehrlich, da dieser von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen konnte und er sich bewusst sein musste, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Diese Voraussetzung sieht das Gericht hier als gegeben an und hat daher entschieden, dass der Kläger nicht zuvor abzumahnen gewesen ist, sondern eine Abmahnung in diesem Fall entbehrlich gewesen ist. Grund für die Entbehrlichkeit der Abmahnung ist die besondere Schwere des vorgeworfenen Verstoßes des Klägers. Der Kläger durfte nicht davon ausgehen, dass die Beklagte es duldet, dass er seinen Kollegen auf der Toilette einschließt und diesen so lange eingeschlossen lässt, bis er die Tür eintritt um überhaupt eine Möglichkeit zu haben, die Toilette zu verlassen. Außerdem ist der Kläger durch sein Verhalten für die Beschädigung des Eigentums der Beklagten (Toilettentür) verantwortlich.

Das Gericht hat daher die fristlose Kündigung als rechtens angesehen.

Fazit:

Das Urteil ist nicht nur deswegen interessant, da der Sachverhalt einer gewissen Komik nicht entbehrt, sondern auch daher, da das Gericht deutlich aufzeigt, wann eine Abmahnung entbehrlich ist. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine Abmahnung immer dann entbehrlich ist, wenn das vorgeworfene Verhalten besonders schwerwiegend ist und der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen konnte, dass dieses auch geduldet wird. Wie häufig im Arbeitsrecht, wird insoweit immer jeder einzelne Sachverhalt bewertet. Daher lässt es sich pauschal nicht sagen, wann denn ein vorgeworfenes Verhalten als so schwerwiegend anzusehen ist. Das Gericht hat in der Entscheidung außerdem berücksichtigt, dass der Kläger erst relativ kurz beschäftigt gewesen ist. Bei einer deutlich längeren Betriebszugehörigkeit hätte das Gericht eventuell anders entschieden.


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