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Foul und Tätlichkeit beim Fußball – Schadensersatz und Schmerzensgeld?

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Etwa 105 mal 68 Meter misst ein Fußballplatz. Insbesondere für einige Amateur-Kicker scheint dieses knappe Hektar Fläche eine Zone mit eigenen Gesetzen darzustellen. Bzw. eher noch: Einen gänzlich rechtsfreien Raum.

Doch weit gefehlt: Auch wenn beim Fußball rechtliche Besonderheiten gelten, kann das Foulspiel oder die Tätlichkeit beim Kreisliga-Spiel nicht nur vor das Sportgericht führen.

Den Alltagsstress weggrätschen

Es ist mitunter schon erstaunlich: Da ist etwa der nette und immer höfliche Familienvater, der unter der Woche als seriöser Geschäftsmann auftritt. Dem aber dann Sonntag nachmittags jegliche Synapsen durchzuknallen scheinen ausweislich des Umstandes, dass er beim niederklassigen Fußballspiel zu einer Blutgrätsche nach der anderen ansetzt. Bis dem Gegenspieler dann die Knochen „durchknallen“.

Auch soll es Staatsdiener geben, die im Beruf für Recht und Ordnung sorgen, dann aber während der berühmten „90 Minuten“ mal die rhetorisch ganz feinen Geschütze auffahren. Motto: „Arschloch, Wichser, Hurensohn“.

Besonders unangenehme Spielgenossen kanalisieren ihren allgemeinen Lebensfrust damit, dass sie Gegenspieler schlagen, treten oder anspucken.

Dabei stellt man leicht Erstaunliches fest: Es scheint im Dunstkreis des Spielfeldes keinerlei Unrechtsbewusstsein zu herrschen. Und das nicht nur auf Täterseite. Auch Opfer beschreiten kaum einmal den ordentlichen Rechtsweg.

Dies erstaunt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Tätlichkeit, ein Faustschlag oder ein Anspucken im alltäglichen öffentlichen Raum regelmäßig zumindest mit dem Ruf der Polizei quittiert würde. Teils gefolgt von einer Anzeige und mitunter straf- und zivilrechtlichen Interventionen.

An dieser Stelle soll gar nicht zu mehr Law & Order aufgerufen werden. Es ist wunderbar, wenn man sich auch nach nicht ganz so harmonischen 90 Minuten mit Gegner und Schiedsrichter abklatscht und friedlich seiner Wege geht.

Es gibt aber Grenzen, die überschritten werden und bzgl. derer sensibilisiert werden soll. Wenn vorsätzlich verletzt oder mit dem Tode bedroht wird, wird man durchaus auch den ordentlichen Rechtsweg in Erwägung ziehen dürfen. Sowohl in straf- als auch zivilrechtlicher Hinsicht.

Das Gesetz greift – Wenn auch mit Einschränkungen

Selbstredend ist es schon moralisch fragwürdig, nach einem fußballtypischen Zusammenprall oder einem harmlosen „taktischen Foul“ den Gegenspieler wegen Körperverletzung anzuzeigen oder auf Schmerzensgeld zu verklagen, nur weil man sich dabei unglücklich verletzt hat.

Dieses Risiko geht man schlicht bewusst ein, wenn man sich auf den Fußballplatz begibt. Es handelt sich immerhin um Kontaktsport (im Jura-Sprech gar „Kampfsport“).

Das sehen Gesetzgeber und Rechtsanwender genauso. Erst im Falle von grob regelwidrigen Foulspielen und Tätlichkeiten käme eine Verurteilung wegen Körperverletzung oder die Zubilligung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Betracht.

Dies ist dann aber immer eine Einzelfallbetrachtung, bei der sich allgemeingültige Aussagen weitgehend verbieten. Solche Pauschalaussagen sind vorliegend auch deshalb nur schwer zu treffen, weil eben in der Vergangenheit kaum Fälle vor die Gerichte gebracht worden sind und insoweit wenig obergerichtliche Rechtsprechung existiert, an der man sich orientieren könnte.

Das Oberlandesgericht Hamm etwa sprach einem Kreisliga-Spieler im Jahr 2012 Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 50.000 Euro zu. Hierfür kam die Haftpflichtversicherung des Gegenspielers auf. Grund war ein rücksichtloses Foul „mit gestrecktem Bein“.

Aus „11 Freunde müsst ihr sein“ wird „11 Zeugen müsst ihr sein“

Die Beweislage wird in den vorgenannten Fällen zumeist auch von besonderer Gestalt sein. Zwar dürfte es kaum Ereignisse geben, bei denen regelmäßig mehr Zeugen zugegen sind. Gleichwohl weiß ein jeder Teamsportler um den besonderen Teamgeist, der in einer Mannschaft vorherrschen kann. Da dürfte es dann auch vor Gericht mitunter weiter „11 gegen 11“ gehen.

Allerdings gibt es noch den unparteiischen Schiedsrichter, dessen Wort auch im Gericht regelmäßig gesteigertes Gewicht haben wird. Zusätzlich sind auch bei den meisten unterklassigen Spielen Zuschauer vor Ort. Wenngleich auch diese selten „neutral“ sind und daher nicht als Beweismaterial der Güteklasse „besonders zuverlässig“ eingeplant werden dürften.

Mit dem Vorgenannten sollen primär nicht mal vorsätzliche Lügen und Falschaussagen angedeutet sein. Es gilt vielmehr der Erfahrung nach: Spieler und Fans sehen, was Spieler und Fans sehen wollen. Während der „90 Minuten“ sind objektive Wahrnehmungen selten gewährleistet…

„VAR“ schon in der Kreisklasse 

Für die Beweislage nicht von Nachteil ist, dass externe Anbieter in der jüngeren Vergangenheit mitunter selbst die entlegensten Dorfsportplätze mit einem automatischen Kamerasystem ausgestattet haben, das die Amateur-Spiele live im Internet überträgt und aufzeichnet. Kein Witz!

Hierbei ist in der Kamera, die in der Regel in beträchtlicher Höhe am Flutlichtmast montiert ist, eine smarte Software und Sensorik implementiert, die automatisch dem Ball folgt und somit immer auf der Höhe des Geschehens ist. Idealerweise im hiesigen Kontext auch auf Höhe des Fouls bzw. der Tätlichkeit.

Demnach stünde mit der Videoaufzeichnung ein Weiteres – vergleichsweise zuverlässiges – Beweismittel zur Verfügung. Quasi eine andere Art „VAR“. Welch Glück, dass über Verwertbarkeit und Würdigung der Bilder aber nicht der berüchtigte „Kölner Keller“ entscheidet, sondern im Zweifel ein Gericht… 

RA Robin Nocon, www.nocon-recht-digital.de



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