Geblitzt: Irschenberg, BAB 8 Ost, Richtung München – wir helfen!

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Der stationäre Blitzer steht im Landkreis Miesbach an einer Gefälle-Strecke, die als Unfallschwerpunkt gilt. Gefertigt werden hier häufig 6.000 Fotos pro Monat – in Spitzen-Zeiten (z.B. während der Ferien) kann es aber leicht auch ein Mehrfaches dieser Zahl sein. Bemerkt wird dies von den meisten Verkehrsteilnehmern erst zu spät – wenn überhaupt. Denn die Anlage ist gut getarnt in die über der dort dreispurigen Autobahn angebrachte elektronische Schilderbrücke integriert.

Wenn die Zentrale Verkehrsordnungswidrigkeitenstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt in Straubing dann Anhörungsbögen versendet, heißt es darin regelmäßig wie folgt: 

Ihnen wird vorgeworfen, als Führer/in und Halter/in folgende Verkehrsordnungswidrigkeit begangen zu haben: 

Ort: Irschenberg, A8 Ost Ri. München, Abschnitt 1040, km 9.694, linke Spur
 Zeit: … um … Uhr
 Fahrzeug: Pkw, …
 Kennzeichen: …

Tatbestand (Nummer, Text und verletzte Vorschrift)
 … Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um ... km/h.
 Zulässige Geschwindigkeit: 100 km/h [zum Teil auch weniger]
 Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): … km/h.

Bemerkungen:
 Messtoleranz von 5 km/h wurde berücksichtigt.
 …
 Geschwindigkeitsmessanlage – stationär – TraffiStar S 330

Zeugen:
 PHK …, APS Holzkirchen“

Die Bußgeldbescheide der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach lauten mit nur geringen grammatikalischen Änderungen sinngemäß gleichermaßen.

Zum Einsatz kommt hier ein Geschwindigkeitsmessverfahren des Herstellers TRAFFIPAX, bei dem über in der Fahrbahn eingelassene Kontaktschleifen piezo-elektrisch die Überfahrt von Fahrzeugen detektiert und daraus letztlich über eine Weg-Zeit-Formel die Geschwindigkeit errechnet wird. Bei einem Überschreiten des eingestellten Geschwindigkeitsgrenzwerts werden die maßgeblichen Beweisdaten in einem Foto dokumentiert und in einer Datei gespeichert. Pikant ist dabei, dass sich die zulässige Höchstgeschwindigkeit immer wieder ändert und es somit einer Verbindung der elektronischen Geschwindigkeitszeichen mit dem Messgerät bedarf, was zu zusätzlichen Fehlerquellen führt.

Dieser Blitzer vom Typ TraffiStar TS 330 ist immer wieder für Schlagzeilen gut: Seien es die vier abgelichteten Touristen aus den Arabischen Emiraten, die im Jahr 2016 lachend und mit Victory-Zeichen in einem Mietwagen mit 193 km/h an der Messstelle vorbei gebrettert sind und dafür am Flughafen 1.263,50 € zahlen mussten oder aber der Landwirt, der mit seinem alten Trecker schon im Jahr 2009 mit 123 km/h über die Autobahn gerast sein soll. Im letztgenannten Fall wurde schlussendlich mit Blick auf die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h kleinlaut von der zuständigen Behörde eingeräumt, dass es eine Verwechselung gegeben habe – was natürlich gerade nicht passieren dürfte ...

Doch auch unabhängig von solchen „Schmankerln“ sind Messungen an der besagten Stelle zu überprüfen. Wir stellen häufig fest, dass die uns zugeleiteten Unterlagen unvollständig sind oder aus anderen Gründen Zweifel an der Richtigkeit des Geschwindigkeitswerts geboten sind:

Nachweise nach dem Mess- und Eichgesetz fehlen, so dass etwaige Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät nicht ausgeschlossen werden können.

Für die Kontrolle des mechanischen Zustands des Sensor- und Fahrbahnbereichs werden oftmals keine Belege übersandt. Wenn aber der Fahrbahnbelag im Messstellenbereich sich nicht in einem ebenen und unbeschädigten Zustand befindet und/oder die bündig zur Fahrbahnoberfläche eingesetzten Sensoren nicht lückenlos mit dem Fahrbahnbelag durch Verguss verbunden sind, können hieraus fehlerhafte Messwerte resultieren. Witterungseinflüsse können aber ebenso wie Schwerlastverkehr dazu führen, dass sich Spurrillen und Unebenheiten herausbilden, so dass die Richtigkeit der Messwerte fraglich ist.

Die Unversehrtheit von Eichmarken sowie die Qualifikation des Bedienpersonals sind häufig ebenfalls nicht belegt.

Oftmals werden auch nicht sämtliche vorhandenen Messdateien zu Prüfungszwecken vorgelegt.

Und schließlich haben wir erhebliche Zweifel an der Korrektheit der Anbindung der Wechselverkehrszeichenanlage an das Messgerät, so dass nicht sichergestellt ist, dass der vom Messgerät empfangene Wert für die angeblich zulässige Höchstgeschwindigkeit den Verkehrsteilnehmern bei deren Vorbeifahrt auch tatsächlich erkennbar angezeigt wurde.

Dies sind nur ein paar von vielen Punkten, die in technischer und rechtlicher Hinsicht an dieser Messstelle eine Prüfung nahelegen.

Wir selbst nehmen aufgrund umfassender Erfahrungswerte bereits eine sehr weitgehende rechtliche und technische Überprüfung vorgeworfener Geschwindigkeitsüberschreitungen vor und greifen in geeigneten Fällen zusätzlich auf die Hilfe eines kompetenten und eng mit uns zusammenarbeitenden Sachverständigenbüros zurück.

Natürlich gehören verjährungsrechtliche Überprüfungen ebenso zu unserer umfassenden Verteidiger-Tätigkeit, wie auch Überlegungen dazu, ob überhaupt eine Identifizierung des Fahrers bzw. der Fahrerin möglich ist. 

Falls es bereits zu Voreinträgen in Flensburg gekommen sein sollte, hinterfragen wir, ob zeitnah mit Punktetilgungen zu rechnen ist und inwiefern zeitliche Verzögerungsmaßnahmen beispielsweise die Anordnung eines Fahrverbots wegen beharrlicher Pflichtverletzung verhindern können.

Die Kosten der Überprüfung trägt eine bestehende Verkehrsrechtschutzversicherung. Sollte eine solche (noch) nicht gegeben sein, so gibt es auf dem Markt aktuell zumindest einen Tarif, bei dem der dahinter stehende Rechtschutzversicherer in engen zeitlichen Grenzen im Falle des Vertragsschlusses rückwirkend einen Fall einer Verkehrsordnungswidrigkeit abdeckt. Gerne können wir bei Bedarf hierzu nähere Informationen mitteilen.

Zur abschließenden Entscheidung berufen ist in den Fällen des Blitzers am Irschenberg letztlich stets das Amtsgericht Miesbach. Sofern es nötig ist, stellen wir für Betroffene dort umfassende Beweis- und sonstige Anträge zu Zwecken der Verteidigung.

Dr. Sven Hufnagel

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Dr. jur. Sven Hufnagel ist konsequent auf die Verteidigung in Bußgeldsachen und dabei vor allem nach Geschwindigkeitsverstößen spezialisiert. Mit der Erfahrung aus mehreren tausend geführten Bußgeldverfahren in den letzten 19 Jahren ist er bundesweit an allen Behörden und Gerichten in Bußgeldsachen tätig. 

In der großen „Focus-Anwaltsliste“ wurde er von 2015 bis 2021 durchgehend als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ aufgeführt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.fahrverbot-rechtsanwalt.de und www.anwalt-strafrecht.com .



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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