Gefährliche Hobbies Teil 4: Videotheken-Kassetten sammeln

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Ob nach einem langen Arbeitstag, an einem verregneten Sonntagnachmittag oder einfach um sich die Zeit während des Corona-Lockdowns zu vertreiben: manchmal ist ein spannender Film auf dem Sofa genau das Richtige. Während den meisten von uns das Fernsehangebot und die Filmauswahl der herkömmlichen Streaming-Dienste genügen, haben sich andere zum Hobby gemacht, eine möglichst große Sammlung an Filmen aller Genres aufzubauen. Die wahren Filmfans unter ihnen oder die Nostalgiker interessieren sich dabei vor allem für alte Videothekenkassetten der 80er und 90er Jahre mit raren und besonderen Inhalten. In Deutschland gibt es bereits eine ganze Szene, in welche Videokassetten untereinander getauscht oder ver- und gekauft werden. Klingt erstmal harmlos, da es sich hierbei um alte Kassettenbestände aus ehemaligen Videotheken der 80er und 90er Jahre handelt. Was man aber aus rechtlicher Sicht unbedingt beachten sollte, während man seine Filmsammlung aufbaut und wann man sich dabei sogar strafbar machen kann – all diese Informationen gibt es jetzt von uns.

Zunächst eine kleine Übersicht:

Die Kontrollinstanzen im Filmbereich in Deutschland

Wer eine Videokassette besitzt, ist primär an ihrem „Inhalt“, also dem dort gespeicherten Filmmaterial interessiert. Der Bereich der Medien und damit auch des Films wird in Deutschland im Wesentlichen durch drei (vier) Kontrollinstanzen überwacht.

Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK)

Zum einen gibt es die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, die sicherlich jeder unter der Abkürzungen „FSK“ kennt. Die FSK überprüft, ob beispielsweise Kinofilme oder DVDs für die Jugend zugänglich gemacht werden dürfen. Damit soll ein gewisser Schutz der Jugendlichen vor überfordernden und beeinträchtigenden Inhalten gewährleistet werden. Im Rahmen der Prüfung wird einem Film dann der entsprechende „FSK ab“ -Siegel zugeteilt. Es gibt dabei fünf Freigabestufen, bei welchen ein bestimmtes Alter erreicht sein muss: „FSK 18“, also keine Jugendfreigabe,  „FSK 16“, „FSK 12“, „FSK 6“ und FSK 0, also ohne Altersbeschränkung. Die FSK handelt zwar im Auftrag der Obersten Landesjugendbehörden, die Überprüfung des filmischen Materials ist jedoch keine Pflicht: nicht alle neu gedrehten oder importierten Filme müssen zwangsläufig einer FSK- Prüfung unterzogen werden. Die Überprüfung findet nur auf Antrag statt. Eine entsprechend zugeteilte FSK-Beschränkung ist im gewerblichen Gebrauch dann rechtlich bindend. Wird jedoch auf die Kontrolle der FSK verzichtet, ist derartiges Material unabhängig von seinem Inhalt dann für den deutschen Markt automatisch mit einem FSK ab 18 versehen und damit nur für volljährige Zuschauer zugelassen.

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM)

Zum anderen werden Filme und andere Medien durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, kurz BPjM, kontrolliert. Die BPjM hat die Möglichkeit, bestimmte Inhalte zu indizieren. Die Indizierung dient dazu, den Zugang zu einem Film zu erschweren, wenn dieser bestimmte negative Kriterien erfüllt. Das kann Inhalte, die besonders gewaltvoll oder anderweitig gegen geltendes Recht verstoßen, betreffen. Filme mit einer FSK-Freigabe dürfen hingegen nicht mehr indiziert werden. Auch ein Grund, warum ein Filmverleih den Gang zur FSK antritt und ggf. Schnittauflagen auch für eine Erwachsenfreigabe „ab 18“ akzeptiert. Ein indizierter Film unterliegt gemäß § 15 JuSchG einem weitgehenden Werbeverbot, so dass sich wirtschaftliche Einbußen für den Lizenznehmer ergeben. Bspw. ein Online-Vertrieb eines indizierten Filmes ist nicht erlaubt.

Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO)

Ein Film kann auch noch der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) vorgelegt werden, wenn die FSK eine Freigabe gänzlich verweigert oder nur mit Schnittauflagen akzeptieren möchte. Die SPIO prüft dann eigenständig, ob ein Film die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs einhält. Eine Freigabe der SPIO schütz allerdings nicht vor einer Indizierung des Films.

Staatsanwaltschaft

Schließlich darf in besonders schweren Fällen der Staat selbst als Kontrollinstanz eingreifen und entsprechende Filme sogar beschlagnahmen. Zumeist werden Verbote und Beschlagnahmen auf § 131 StGB, der die sogenannte „Gewaltverherrlichung“ regelt, gestützt. Verfügt ein beschlagnahmter Film über eine Freigabe der FSK bzw. SPIO entfällt i.d.R. der Vorsatz beim „Täter“, so dass zumindest keine weitere Strafe droht. Verfügt der Film über keine solche Freigabe und wurde sozusagen „unrated“ veröffentlicht, kann eine zusätzliche Strafe drohen.

 Aber was hat das nun alles mit dem Hobby „Sammeln von alten Videothekenkassetten“ zu tun? 

Zunächst muss man sagen, dass Filmmaterial mit entsprechenden FSK-Altersbegrenzungen nur von Kindern und Jugendlichen angesehen werden dürfen, die das angegebene Alter auch wirklich erreicht haben. Die Einhaltung dieser Vorgaben liegt zwar insbesondere in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten. Im öffentlichen Bereich, wie in Kinos oder in Videotheken, dürfen Filme jedoch nur von Personen mit dem FSK-entsprechenden Alter zugänglich gemacht werden.

Verkauf indizierter Videofilme

Indizierte Medien unterliegen noch viel strengeren Regeln. An dieser Stelle ist reine Besitz von solchen Material zunächst unproblematisch. Sie dürfen jedoch öffentlich und außerhalb von Geschäftsräumen nicht einfach angeboten werden. Das kann sowohl den Onlinehandel aber auch einen typischen Flohmarkt-Stand betreffen. Beachtet also der Filmsammler diese Regelung nicht und tauscht und verkauft man indizierte Filme öffentlich, bspw. über Social Media Plattformen oder Online-Auktionshäuser, kommen Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz in Betracht. Es drohen hier Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.

Verbreitung beschlagnahmter Videofilme

Wird oder wurde ein Film insbesondere nach § 131 StGB beschlagnahmt, müssen alle Kopien durch den Rechteinhaber vom Markt genommen werden. Ab diesem Moment ist die Verbreitung strafbar, obwohl der reine Besitz weiterhin zulässig bleibt. Bietet der Hobby-Sammler eine beschlagnahmte Videokassette einer andern Person an, ebenfalls bspw. über Social Media Plattformen oder Online-Auktionshäuser, kann er sich allein mit dem Angebot strafbar machen.

Die Strafen für die Verbreitung beschlagnahmten Werken richten sich nach dem Strafgesetzbuch. In den meisten Fällen kommt eine Strafbarkeit wegen des Verstoßes gegen § 131 StGB in Betracht. So droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, wenn Medien mit Gewaltdarstellungen verbreitet werden. Je nach Inhalt eines Films können noch einige weitere Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften vorliegen,  die im Einzelfall bis zu fünf Jahre Gefängnisstrafe bedeuten können.

Frühere Verbote und Indizierungen wurden teilweise aufgehoben

Gerade im Bereich beschlagnahmter Videofilme ist in den letzten Jahren viel Bewegung gekommen. Ehemals verbotene Filme wie bspw. „Tanz der Teufel“, „Maniac“, "Freitag der 13.-Teil 3 und 4", „Kettsägenmassaker (Texas Chainsaw Massacre)“ oder „Zombie“ wurden zwischenzeitlich rechtlich rehabilitiert und sind nunmehr teilweise bereits mit einer neuen FSK 16-Freigabe ungekürzt in den Kaufhäusern erhältlich oder im Fernsehen bzw. in Streaming-Diensten zu sehen. Auch Indizierungen alter Videofilme werden dem Zeitgeist entsprechend nach und nach immer weiter –wenn auch nicht gänzlich- aufgehoben.

Unser Fazit:

In Deutschland erhältliche Medien, wie Filme oder Bücher unterliegen der ständigen Kontrolle durch zuständige Behörden. Und auch wenn der Besitz von indizierten und nach § 131 StGB beschlagnahmten Videokassetten nicht strafbar ist, sollte der Hobby-Videokassetten-Sammler sich auf dem aktuellen Stand halten, welche seiner Kassetten, die er gerade tauscht, verkauft oder verschenkt insoweit noch indiziert oder beschlagnahmt ist, um eine Strafe zu vermeiden. Denn eine Verbreitung, die sehr weit auszulegen ist, kann ernste Konsequenzen nach sich ziehen. Übrigens erstrecken sich die Verbreitungsbeschränkungen bzw. Verbote auch auf entsprechendes Werbematerial wie bspw. alte Videothekenplakate.

Neben hohen Geldstrafen droht im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren.

Mehr Infos auch im Video.

Über die Kanzlei Mutschke
Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin und deutschlandweit bekannt aus den Medien (RTL, ntv, ZDF, sternTV, WDR etc.). 

Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen des Social Media-, Medien-, Urheberrecht-, Unternehmens- und Verbraucherrechts.
Auf TikTok hat die Kanzlei den ersten Anwaltskanal in Deutschland gegründet und berät dort ihre wachsende Followerschaft in allen rechtlichen Belangen. Die Kanzlei unterhält ebenfalls Kanäle auf Instagram, YouTube, Twitch etc.

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