Gekauft wie gesehen: Arglistig verschwiegene Mängel beim Immobilienkauf und die Pflicht zur Offenbarung

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Der Kauf einer Immobilie ist oft eine der bedeutendsten Investitionen im Leben. Doch hinter der schönen Fassade eines Hauses oder einer Wohnung können sich versteckte Mängel verbergen, die dem Käufer erst nach dem Kauf auffallen. In solchen Fällen stellt sich die Frage nach der Haftung des Verkäufers und welche Rechte der Käufer hat. In diesem Zusammenhang ist vor allem der arglistig verschwiegene Mangel sowie die in der Praxis häufig verwendete Haftungsausschlussklausel "gekauft wie gesehen" von Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Feinheiten und Herausforderungen im Kontext dieser Themen und soll Ihnen als Käufer oder Verkäufer einer Immobilie eine erste Orientierungshilfe geben.

Was ist ein arglistig verschwiegener Mangel?

Im rechtlichen Kontext bezeichnet Arglist nicht zwangsläufig eine böse Absicht, sondern vielmehr den Umstand, dass ein Verkäufer von einem Mangel weiß und diesen bewusst verschweigt. Anders ausgedrückt: Arglist liegt vor, wenn der Verkäufer erkennt oder zumindest in Betracht zieht, dass ein Mangel existiert, und trotzdem absichtlich unterlässt, diesen dem Käufer mitzuteilen. Beim Verkauf eines Objekts ist jeder Verkäufer grundsätzlich verpflichtet, sämtliche bekannten Umstände offenzulegen, einschließlich etwaiger reparierter Schäden oder anderer Mängel. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Verkäufer den Mangel als solchen identifiziert; entscheidend ist, dass er über die relevanten Fakten und Umstände informiert ist. Die rechtliche Bewertung des Verkäufers ist dabei nicht relevant.

Diese Kenntnis des Verkäufers muss zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhanden sein. Ein arglistiges Verschweigen gemäß § 444 BGB liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel erkennt oder zumindest für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt. In einem solchen Fall hätte der Käufer den Vertrag unter anderen Bedingungen abgeschlossen oder möglicherweise gar nicht geschlossen, wenn ihm der Mangel bekannt gewesen wäre.

Ein arglistiges Verschweigen liegt nicht vor, wenn dem Verkäufer die Existenz von Tatsachen, die er offenlegen müsste, offensichtlich sein müsste oder wenn sich diese Tatsachen ihm förmlich aufdrängen. Es ist immer erforderlich, dass der Verkäufer tatsächlich über diese Informationen verfügt. Es reicht nicht aus, wenn er sie hätte kennen müssen. Es spielt dabei keine Rolle, wie der Verkäufer diese Kenntnisse interpretiert oder in welchem Kontext er sie sieht. Entscheidend für die Frage der Arglist ist allein, ob der Verkäufer den Mangel oder die Umstände, die den Mangel verursachen, kennt. Wenn diese Kenntnis vorhanden ist, ist es unerheblich, ob er die richtigen Schlüsse daraus zieht oder ob er diesen Sachverhalt als einen Mangel betrachtet, den er dem Käufer gegenüber offenlegen muss.

Darlegungs- und Beweislast immer beim Käufer

In Bezug auf alle tatsächlichen Umstände, die ein arglistiges Verschweigen nach § 444 BGB begründen, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Käufer. Rechtlich ist er nicht verpflichtet, den Verkäufer, der ihm etwas arglistig verschwiegen hat, zur Mängelbeseitigung aufzufordern. Obwohl die Mängelbeseitigung oft im Interesse des Käufers liegt, sollte er den Verkäufer dennoch in angemessener Frist zur Nachbesserung auffordern. Dies folgt dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und bedeutet, dass der Käufer eine fristgemäß erbrachte Nachbesserung akzeptieren muss. Dabei sollte der Käufer darauf achten, sein eigenes Verhalten nicht zu widersprechen. Da die Mängelbeseitigung im Interesse des Käufers liegt, könnte er durch dieses Vorgehen schnell zu einer Lösung gelangen. Die Aufforderung zur Mängelbeseitigung wird teilweise als Entgegenkommen des Käufers angesehen. Grundsätzlich ist der Käufer jedoch nicht verpflichtet, weitere Zugeständnisse gegenüber dem arglistig täuschenden Verkäufer zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2013, Az.: V ZR 266/11).

Keine Haftung bei offensichtlichen Mängeln

Nur solche Mängel können als arglistig verschwiegen betrachtet werden, die nicht offensichtlich sind. Mängel, die während einer Besichtigung leicht erkennbar sind, müssen vom Verkäufer nicht offengelegt werden. Der Käufer kann diese Mängel selbstständig erkennen, wenn er die gebotene Sorgfalt walten lässt, was in seinem eigenen Interesse liegt. Anders verhält es sich bei Mängeln, bei denen zwar Spuren während der Besichtigung sichtbar sind, die jedoch keinen eindeutigen Rückschluss auf die Art und den Umfang des Mangels erlauben. In solchen Fällen ist der Verkäufer verpflichtet, den Käufer entsprechend seinem eigenen Wissen darüber zu informieren und darf diese spezifischen Informationen nicht zurückhalten. Allerdings ist der Verkäufer nicht dazu verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass die genaue Ursache des Schadens unklar ist oder dass keine weiteren Untersuchungen durchgeführt wurden.

Keine Arglist bei irrtümlich falschen Angaben

Beachten Sie: Ein Verkäufer, der irrtümlich falsche Angaben macht, ohne dies böswillig zu tun, wird nicht als arglistig betrachtet. Selbst wenn dieser Irrtum auf Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit beruht, haftet der Verkäufer nicht dafür (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 13.09.2017, Az. 5 U 363/17). Dies verdeutlicht, dass die Haftung für arglistiges Verschweigen sehr eng begrenzt ist.

Offenlegungspflichten des Verkäufers beim Hausverkauf

Die Frage, in welchen Fällen ein Verkäufer beim Hausverkauf verpflichtet ist, Mängel offenzulegen, wurde teilweise durch die Rechtsprechung entwickelt und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Ein Vergleich hierzu ist etwa der Kauf eines Gebrauchtwagens, bei dem der Verkäufer auf vorherige Unfallschäden hinweisen muss. Beim Hausverkauf muss der Verkäufer beispielsweise darauf hinweisen, wenn

  • ein Wasserschaden aufgetreten ist (unabhängig vom Jahr),
  • das Dach ein bestimmtes Alter erreicht hat und eine baldige Instandhaltung wahrscheinlich ist,
  • Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen durchgeführt wurden und welche Arbeiten genau durchgeführt wurden,
  • die Hausdämmung beschädigt wurde,
  • die Heizungsanlage nicht immer ordnungsgemäß funktioniert.

"Gekauft wie gesehen" bei Bestandsimmobilien

Bei Bestandsimmobilien wird häufig die Klausel "Gekauft wie gesehen" im Notarvertrag verwendet, um die übliche Gewährleistung auszuschließen. Ein solcher Ausschluss der Gewährleistung ist rechtlich möglich und erlaubt. Die meisten vertraglichen Ausschlüsse sind wirksam, was bedeutet, dass der Käufer in solchen Fällen keine Mängelrechte geltend machen kann. Eine Haftungsausschlussklausel ist beim Erwerb von Immobilien die Regel. Falls eine solche Klausel nicht vereinbart wurde, haftet der Verkäufer grundsätzlich auch für Mängel, die erst nach dem Kauf vom Käufer entdeckt werden.

Der im Kaufvertrag festgelegte Haftungsausschluss gilt jedoch nicht, wenn dem Verkäufer ein Mangel spätestens zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bekannt war und er ihn arglistig verschwiegen hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (arglistig verschwiegen).

Die Ansprüche bei einem arglistig verschwiegenen Mangel sind im Grunde dieselben wie bei anderen Mängeln: Der Käufer kann die Beseitigung des Mangels verlangen, ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Zusätzlich kann ein Schadensersatzanspruch entstehen, wenn der Käufer bei Kenntnis des Mangels einen niedrigeren Kaufpreis gezahlt hätte oder wenn das Objekt aufgrund des Mangels weniger wert ist, als vertraglich vereinbart.

Die Ansprüche aus arglistig verschwiegenen Mängeln verjähren drei Jahre, nachdem der Käufer von diesen Mängeln erfahren hat. Dies gilt jedoch nur, wenn keine längere Frist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgesehen ist. Der Anspruch verjährt endgültig zehn Jahre nach Übergabe der Immobilie. Danach besteht grundsätzlich kein rechtlicher Anspruch mehr.

Arglist ist oft schwer nachweisbar

Für den Käufer gestaltet sich der gerichtliche Nachweis von Ansprüchen aufgrund arglistig verschwiegener Mängel oft als äußerst schwierig bis unmöglich. Der Käufer muss nicht den Mangel selbst nachweisen, was vergleichsweise einfach wäre, sondern die Kenntnis des Verkäufers von diesem Mangel. Nur wenn der Verkäufer von dem Mangel wusste, kann er ihn offenlegen. Oft ist es für den Käufer jedoch nahezu unmöglich, diese Kenntnis zu beweisen.

Anwaltliche Einschätzung im Einzelfall unverzichtbar

Falls bei Ihnen der Verdacht aufkommt, dass Ihnen beim Kauf Ihrer Immobilie ein Mangel arglistig verschwiegen wurde, sollten Sie zuerst eine rechtliche Einschätzung von einer spezialisierten Anwältin oder einem spezialisierten Anwalt einholen, wenn Sie darüber nachdenken, rechtlich gegen den Verkäufer vorzugehen.

Häufig stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten für die Inanspruchnahme eines Anwalts deckt. Wenn Sie eine Bestandsimmobilie erworben haben, könnte eine spezielle Rechtsschutzversicherung greifen, die die anfallenden Rechtsverfolgungskosten übernimmt. Leider übernehmen viele Versicherungen diese Art von Fällen nicht. Dennoch sollten Sie es nicht unversucht lassen und zumindest die Deckung anfragen, bevor Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Foto(s): Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay

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