Genussscheine – Kapitalbeschaffung mit Risiken für Anleger

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Ein Genussschein ist eine Anlageform zwischen Aktie und Anleihe. Er verbrieft wie eine Anleihe den Anspruch auf Zinsen und die Rückzahlung des Nominalwertes. Das Stimmrecht ist üblicherweise ausgeschlossen. Wie eine Aktie gewährt er dem Inhaber aber auch häufig das Recht, am Reingewinn einer Gesellschaft teilzuhaben und nimmt andererseits auch am Verlust durch eine Verringerung des Rückzahlungsanspruchs teil. Der Verlust kann bei späterem Gewinn des Emittenten wieder aufgeholt werden. Im Konkurs- bzw. Liquidationsfall sind die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber zumeist gegenüber allen anderen Gläubiger nachrangig.

Genussrechte sind nach der Rechtsprechung des BGH Dauerschuldverhältnisse eigener Art, die keine gesellschaftsrechtlich geprägten Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern sich in einem bestimmten geldwerten Anspruch erschöpfen.

Der Inhaber eines Genussrechts hat das Recht, vom Emittenten Auskünfte zu erhalten. Es handelt sich dabei um einen Informationsanspruch nach den allgemeinen Regeln. Aus §§ 666, 681, 687Abs. 2 BGB ergibt sich i. V. m. § 242 BGB der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass rechenschaftspflichtig ist, wer fremde oder solche Angelegenheiten besorgt, die zugleich fremde und eigene sind. Diese Rechenschaftslegungspflicht besteht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1953 – II ZR 149/52, BGHZ 10, 385, 386 f.). Mit dem Genussrechtsverhältnis wird ein solches Rechtsverhältnis begründet. Das Genussrechtsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis eigener Art, da das Genussrecht auf wiederkehrende Leistungen gerichtet ist (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38, 43).

Ein Genussscheininhaber kann nach allgemeinen Grundsätzen Rechenschaftslegung verlangen, soweit er sie zur Plausibilisierung seines Anspruchs benötigt (vgl. Seiler in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 221 Rn. 24; KK-AktG/Lutter, 2. Aufl., § 221 Rn. 378). Wenn der Genussscheininhaber einen Anspruch auf eine festgelegte Zinsleistung hat, die entfällt, soweit dadurch ein Bilanzverlust entstehen würde, benötigt er zur Plausibilisierung eine Rechenschaftslegung zum Bilanzgewinn oder -verlust, wenn die Gesellschaft unter Berufung darauf keinen oder einen verminderten Zins bezahlt. Der Genussscheininhaber ist über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs im Ungewissen, die Gesellschaft dagegen unschwer in der Lage, die erforderliche Rechenschaft zu legen.

Diese Rechenschaftslegung besteht in der Mitteilung des Jahresabschlusses. Soweit die Genussscheinbedingungen lauten, dass ein Bilanzverlust durch die Zinszahlung nicht entstehen dürfe, nehmen sie die aktienrechtlichen Vorschriften zum Bilanzverlust in § 158 Abs. 1 Nr. 5 AktG in Bezug (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 Rn. 24 f.) und damit einen Teil der Rechnungslegung im Jahresabschluss. Die nach § 259 Abs. 1 BGB als Rechenschaftslegung geschuldete, eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung, die die Klägerin für die Information über das Bestehen ihres Zinsanspruchs benötigt, ist daher mit dem Jahresabschluss der Gesellschaft identisch. Das belegt auch der Zusammenhang der Regelungen in den Genussscheinbedingungen. Nach § 8 der Genussscheinbedingungen vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genussscheininhabers, wenn die Deutsche S. AG einen Bilanzverlust ausweist oder ihr Grundkapital zur Deckung von Verlusten herabgesetzt wird. „Ausgewiesen“ wird der Bilanzverlust im jeweiligen Jahresabschluss der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Ein Recht auf Einsichtnahme in die gesamte Buchführung oder auf eine Einzelerläuterung von Rechnungspositionen, die die Klägerin mit der Klage als Rechenschaftslegung verlangt, gewährt der Rechenschaftslegungsanspruch nicht.



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