Germania – Die Insolvenz: gekonnt auf die Nase fliegen

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Auch wenn sie allen Beteiligten weh tut: Weshalb eine rasche Insolvenz das Vernünftigste sein kann. Ein paar Tipps

Ohne die Betriebsbilanz der nun geschlossenen Airline Germania zu kennen, es sieht doch alles danach aus, als habe die Geschäftsführung bei ihrer letzten Aktion vieles richtig gemacht. Dass die Januar-Gehälter nicht gezahlt wurden, war ein klares Zeichen. In der Regel unternehmen Chefs hinter den Kulissen alles nur Denkbare, um ihren Betrieb zu retten. Und da sich Mitarbeiter meist besser vertrösten lassen, als Lieferanten, sind sie am Ende oft die größten Verlierer. Nur wer sich rechtzeitig, also möglichst nach dem ersten Gehaltsausfall, beim Jobcenter wenigstens die Grundsicherung abgeholt hat, steht bei einer Insolvenz nicht mit leeren Händen da. Wer hingegen wartet, bekommt am Ende oftmals – nichts. Germania war so fair und hat die ausstehenden Gehälter sofort überwiesen, bevor der Insolvenzverwalter übernahm. Das zeugt von Anerkennung. Und eben leider auch von der Eindeutigkeit der Lage: An dieser Insolvenz ist nichts mehr zu rütteln, Kunden, die direkt bei Germania Tickets gekauft haben, gehen leer aus.

Warum ging alles so schnell? 

Bei Germania fehlte eine betriebliche Perspektive, die Marke hatte praktisch kein Image. Wahrscheinlich wollte man wenigstens das Personal, zu der ja auch Teile der Chefetage zählen, nicht im Regen stehen lassen. Zudem: Alle Gesellschafter und Geschäftsführer von Firmen, die als GmbH, bzw. haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaften (UG) eingetragen sind, unterliegen einer sogenannten Insolvenzantragspflicht. Bedeutet: Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen. Tun sie das nicht, machen sie sich strafbar. Keine gute Voraussetzung, um möglichst rasch woanders unterzukommen. 

Mal ganz allgemein: Darf man als Chef während einer Insolvenz selbstständig bleiben?

Hängt vom Insolvenzverwalter ab. Er kann die Betriebsausstattung veräußern und dem Unternehmen damit eine wichtige Grundlage entziehen. Manche Chefs wollen auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sogleich einen neuen Betrieb eröffnen. Ist ebenfalls machbar. Dann wird mit dem Insolvenzverwalter über die Höhe des monatlichen Anteils, der an ihn abführt werden muss, verhandelt. In der Regel will er mindestens das Geld haben, das abgeführt werden könnte, wenn der Schuldner einer abhängigen Beschäftigung im erlernten Beruf nachgehen würde. Stark vereinfacht gesagt: Eine Putzfrau könnte mit neuer Selbstständigkeit Millionen machen und die Gläubiger würden keinen Cent bekommen. Ein Ingenieur aber, der mit seinem neuen Start-Up lediglich 500 Euro im Monat einnimmt, muss den Betrag vollständig an den Insolvenzverwalter weiterreichen. Denn als Angestellter würde er sehr viel mehr verdienen. 

Kann ein Insolvenzantrag auch abgelehnt werden?

Bei Germania wird das sicher nicht passieren. Wenn eine GmbH oder UG jedoch überhaupt nichts von Wert besitzt und nicht einmal die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind, ist solch ein Antrag leider aussichtslos. Einzelunternehmer oder Freiberufler können dann aber gleich mit dem Insolvenzantrag einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten einreichen. Stimmt das Gericht dem Antrag zu, darf der Insolvenzantrag bei natürlichen Personen mangels Masse nicht abgelehnt werden. Wer dann während der Insolvenz nur sehr geringe Einnahmen hat, von denen nicht einmal die Verfahrenskosten bezahlt werden können, braucht sich um das Thema nicht zu sorgen: Auch für die Verfahrenskosten gilt die Restschuldbefreiung.

Befreit eine Insolvenz auch von Steuerschulden?

Das ist die gute Nachricht für das Unternehmen und eine schlechte für den Staat: Steuerschulden werden wie andere Verbindlichkeiten in das Insolvenzverfahren aufgenommen, ja. Gilt sogar für Schulden aus nicht abgeführter Umsatzsteuer, die oft ein erheblicher Posten sind. Nur wer dem Finanzamt Geld aufgrund einer Steuerhinterziehung schuldet, wird davon auch bei einer Insolvenz nicht zwingend befreit.

Bei weiteren Fragen stehe ich gern zur Verfügung! 

Herzlichst, Ihr Rechtsanwalt 

Gerhard Rahn, Fachanwalt für Insolvenzrecht


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