Geschäftsgrundlage bei Grundstücksübertragung gegen Wohnrecht und Pflege

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Bei einem Grundstücksübertragungsvertrag unter Geschwistern ist die dauerhafte, von gegenseitigem Vertrauen der Parteien getragene Beziehung im Zweifel Geschäftsgrundlage des Vertrags. Ist das Verhältnis zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden heillos zerrüttet, führt dies – vorbehaltlich anderer Vereinbarungen – zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Übertragende kann die Rechte aus § 313 BGB auf Vertragsanpassung und sogar -auflösung geltend machen, es sei denn, die Zerrüttung ist eindeutig ihm allein anzulasten.


Im vorliegenden, dem BGH vorgelegten Fall, hatte der Kläger nach einem schweren Herzinfarkt sein Hausgrundstück auf seine Schwester übertragen, welche ihm als Gegenleistung ein Wohnrecht an bestimmten Räumen des Hauses bestellte und sich verpflichtete, ihn lebenslang zu pflegen. In der Folgezeit wurde die Beklagte als Grundstückseigentümerin in das Grundbuch eingetragen und bezog zusammen mit ihrer Familie das Haus. Wenige Monate später kam es zu Streitigkeiten, aufgrund deren die Beklagte die Pflegeleistungen einstellte. Der Kläger erklärte den Rücktritt von dem Vertrag, da ihm ein Festhalten hieran nicht mehr zumutbar sei.


Nach Auffassung des BGH, Urteil vom 09.07.2021, V ZR 30/20, kommt ein Anspruch auf Rückübertragung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht nur dann in Betracht, wenn dies zur Vermeidung „untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheint“. Die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 eingeführte Regelung des § 313 Abs. 3 BGB ist nicht auf solche  „Extrem-Fälle“ beschränkt, sondern ermöglicht die Vertragsauflösung bereits dann, wenn eine Anpassung nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist. Die heillose Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den Parteien reicht hierfür aus, es sei denn, diese Zerrüttung ist eindeutig dem Übertragenden anzulasten. Da typischerweise beide Vertragsparteien mit ihrem Verhalten hierzu beitragen, ist dem Übertragenden das Festhalten an dem Vertrag trotz Zerrüttung nur dann zumutbar, wenn feststeht, dass dies ihm allein anzulasten ist, wofür die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist. Anderenfalls kommt auch eine Auflösung des Vertrages nur dann in Betracht, wenn eine vorrangige Vertragsanpassung, etwa durch Geldzahlungen der Beklagten, ausscheidet.


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