Gesellschaftsvertrag / Satzung einer MVZ-Träger-GmbH

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1. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags

Der vorliegende Beitrag geht davon aus, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als Trägergesellschaft gegründet oder betrieben wird. Die GmbH ist insb. neben Personengesellschaften (GbR/PartG) eine zulässige Rechtsform für eine MVZ-Trägergesellschaft (§ 95 Abs. 1a S. 3 SGB V).

Der Gesellschaftsvertrag (auch Satzung genannt) einer GmbH ist die grundlegende Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern (m/w/d). In ihm werden die Rechte und Pflichten der Gesellschafter sowie ihre Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft sowie zur Geschäftsführung festgelegt. Ergänzend gelten die gesetzlichen Bestimmungen des GmbH-Gesetzes. 

Der Gesellschaftsvertrag sollte genau zu den Vorstellungen und Bedürfnissen der Gesellschafter passen. Deshalb ist von der Nutzung einfacher Vorlagen und Muster abzuraten. Vielmehr sollte der Gesellschaftsvertrag auf die individuelle Situation der Gesellschafter maßgeschneidert werden. Dabei hängt die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags wesentlich von der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises ab. So macht es bspw. einen gravierenden Unterschied, ob an der GmbH nur ein Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter beteiligt sind, wobei dieser Rechtstipp von einem mehrköpfigen Gesellschafterkreis ausgeht.

2. Abschluss und Änderung

Der Gesellschaftsvertrag wird erstmals bei Gründung der MVZ-GmbH im Rahmen der notariellen Gründungsurkunde errichtet, die durch sämtliche Gesellschafter unterzeichnet wird. Vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung bedürfen spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrags eines mit Dreiviertelmehrheit gefassten Gesellschafterbeschlusses in notariell beurkundeter Form.

Anders als der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) muss der Gesellschaftsvertrag einer GmbH beim Handelsregister eingereicht werden und kann dort durch jedermann eingesehen werden. Dies gilt ebenfalls für die Beteiligungsverhältnisse an der GmbH, da die insofern zu errichtende Gesellschafterliste ebenfalls im Handelsregister hinterlegt werden muss. Wollen die Gesellschafter nicht, dass bestimmte sensible Regelungen wie z.B. Fragen der Finanzierung, Gewinnverteilung oder Exit-Szenarien öffentlich einsehbar sind, so besteht in gewissem Umfang die Möglichkeit, solche Punkte in einer separaten Gesellschaftervereinbarung zu regeln, die nicht im Handelsregister veröffentlicht werden muss, jedoch ggf. der Ärztekammer und dem Zulassungsausschuss vorzulegen ist.

3. Regulatorische Vorgaben

Die über das GmbH-Gesetz hinausgehenden regulatorischen (d.h. gesetzlichen) Vorgaben für die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags stammen maßgeblich aus dem Vertragsarztrecht sowie dem (zahn)ärztlichen Berufsrecht:

  1. Vertragsarztrecht: die vertragsärztlichen Bestimmungen im fünften Sozialgesetzbuch sind stets zu beachten, auch wenn sich die Gesellschafter auf eine rein kapitalmäßige Beteiligung beschränken, da das MVZ eine eigene Zulassung erhält. Die §§ 95 ff. SGB V regeln die Voraussetzungen für die Teilnahme des MVZ an der vertragsärztlichen Versorgung. Eine detaillierte Erläuterung der Gründung und Zulassung eines MVZ finden Sie bitte in diesem Rechtstipp. Im Folgenden (unter 4.) werden nur diejenigen Punkte erläutertet, die für den Gesellschaftsvertrag einer MVZ-Träger-GmbH von Bedeutung sind.
  2. Berufsrecht: üben die Gesellschafter auch ihren (zahn)ärztlichen Beruf im MVZ aus, sind zusätzlich die berufsrechtlichen Voraussetzungen zu wahren. Diese sind im Hinblick auf eine GmbH in den Kammergesetzen der Länder sowie den Berufsordnungen der Kammern von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Rechtlich umstritten ist hierbei, ob in diesem Fall auch die berufsrechtlichen Anforderungen an Ärztegesellschaften (BAG in Form einer GmbH) zu erfüllen sind (vgl. § 23a MBO-Ärzte). Der Vollständigkeit halber werden daher unter 4. im Hinblick auf die einzelnen Regelungspunkte im Gesellschaftsvertrag auch die berufsrechtlichen Vorgaben aufgeführt. In dieser Hinsicht muss jedoch jeder Einzelfall gesondert geprüft werden.

4. Einzelne Punkte im Gesellschaftsvertrag

Hinsichtlich der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags der Träger-GmbH sind eine Vielzahl von einzelnen Regelungsgegenständen zu berücksichtigen, die hier nicht erschöpfend dargestellt werden können. Im Folgenden werden daher nur die wichtigsten MVZ-spezifischen Regelungsmaterien erläutert.

a) Gesellschafter

Gesellschafter eines MVZ bei Gründung sowie späteren Anteilsabtretungen kann gem. § 95 Abs. 1a S. 1 SGB V nur sein, wer eine der folgenden Eigenschaften erfüllt:

  1. zugelassener Arzt,
  2. zugelassenes Krankenhaus,
  3. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen, 
  4. anerkanntes Praxisnetz,
  5. gemeinnütziger Träger, der aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, oder
  6. Kommune.

Üben GmbH-Gesellschafter ihren ärztlichen Beruf in der Gesellschaft aus, so sieht das landesgesetzliche Berufsrecht für Ärztegesellschaften zum Teil vor, dass Gesellschafter nur ÄrztInnen und andere zugelassene Berufe sein dürfen und dass die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte ÄrztInnen zustehen müssen.

b) Vertragsärztliche Sicherheitsleistung

Eine wesentliche vertragsärztliche Nebenpflicht der Gesellschafter einer MVZ-Träger-GmbH besteht gem. § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V darin, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 BGB für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des MVZ fällig werden.

c) Geschäftsführung

Geschäftsführer der MVZ-GmbH können (Zahn)ÄrztInnen sowie nichtärztliche natürliche Personen sein. Die ärztliche Gesamtverantwortung obliegt der ärztlichen LeiterIn (dazu sogleich unter d). 

Bei einer Berufsausübungsgemeinschaft schreibt das Berufsrecht der Länder für Ärztegesellschaften mitunter vor, dass die Geschäftsführer mehrheitlich (Zahn)ÄrztInnen sein müssen.

d) Ärztliche Leitung

Gem. § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V muss das MVZ einen ärztlichen Leiter (m/w/d) haben, der selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt im MVZ tätig und in medizinischen Fragen weisungsfrei ist. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich (§ 95 Abs. 1 S. 3 SGB V).

Die Stellung und Aufgaben des ärztlichen Leiters sind im Gesetz nicht ausdrücklich beschrieben, sie erstrecken sich jedoch insbesondere auf die Überwachung der Einhaltung der berufsrechtlichen und vertragsärztlichen Vorgaben.

Der Gesellschaftsvertrag sollte die Bestellung bzw. Abberufung des ärztlichen Leiters, seine Weisungsfreiheit sowie seine konkreten Aufgaben und Funktionen regeln.

e) Berufsrechtliche Pflichten

Zur Klarstellung sollte festgehalten, dass die Trägergesellschaft die anwendbaren berufsrechtlichen sowie vertragsärztlichen Maßgaben stets einzuhalten hat.

Bei ärztlicher Tätigkeit der Gesellschafter in einer GmbH schreiben die berufsrechtlichen Landesgesetze teilweise besondere Anforderungen an die zu unterhaltende Berufshaftpflichtversicherung vor.

f) Gewinnverwendung

Die Gewinnverwendung kann in einer GmbH weitgehend flexibel gestaltet werden. Die Verteilung kann sich z.B. nach der Beteiligungsquote, nach Umsatzbeiträgen oder der Seniorität der Gesellschafter richten. Zulässig ist auch die verbindliche Bildung von Rücklagen, Mindestausschüttungen sowie unterjährige Vorabausschüttungen (unter Wahrung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vorgaben). 

Für Ärztegesellschaften verbietet das landesgesetzliche Berufsrecht zum Teil, dass Dritte am Gewinn der GmbH beteiligt werden.

g) Anteilsübertragungen

Im Regelfall sollte die freie Übertragbarkeit der Geschäftsanteile durch eine sog. Vinkulierung eingeschränkt werden, sodass eine Übertragung nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung zulässig ist.

Darüber hinaus sollte eine Übertragung nur möglich sein an Personen, welche die vertragsärztliche Gründereigenschaft aufweisen (siehe oben unter 4. a), da andernfalls nach Ablauf einer sechsmonatigen Frist die Zulassung des MVZ entzogen wird (§ 95 Abs. 6 S. 3 SGB V).

h) Ausscheiden und Abfindung eines Gesellschafters

Zunächst sollte jeder Gesellschafter ein Kündigungsrecht mit einer angemessenen Kündigungsfrist erhalten. Dabei ist auch das Schicksal der gekündigten Geschäftsanteile zu regeln, die im Regelfall entweder durch Einziehung vernichtet oder mittels Zwangsabtretung auf einen Erwerber übertragen werden.

Zudem sollten die Geschäftsanteile eines Gesellschafters eingezogen bzw. die Zwangsabtretung an einen Erwerber verlangt werden können, wenn der Gesellschafter die vertragsärztlichen oder berufsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt (siehe insb. oben unter 4. a). Daneben sind weitere Einziehungsgründe wie Insolvenz, Berufsunfähigkeit, Tod etc. zu erwägen.

Bei Ausscheiden erhält der Gesellschafter eine Abfindung von der Gesellschaft bzw. vom Erwerber der Geschäftsanteile. Die Abfindung entspricht grundsätzlich dem vollen Verkehrswert der Beteiligung, sie kann jedoch im Regelfall durch gesellschaftsvertragliche Regelung auf max. ca. 60% des Verkehrswerts herabgesetzt werden. Da die Bewertung konfliktanfällig ist, sollte im Streitfall ein Schiedsgutachter entscheiden. Zudem sollte die Abfindung nur ratierlich (unter angemessener Verzinsung) gezahlt werden, wobei eine Streckung auf fünf Jahresraten in der Regel zulässig ist.

5. Anwaltliche Beratung und Begleitung

Bei Gestaltung des Gesellschaftsvertrags einer MVZ-Träger-GmbH ist das verschachtelte Zusammenspiel der gesellschaftsrechtlichen, vertragsärztlichen sowie berufsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Aufgrund unserer Erfahrung im Medizin- und Gesellschaftsrecht beraten wir Sie gerne bei Abschluss und Änderung des Gesellschaftsvertrags eine MVZ-Träger-GmbH sowie in allen weiteren Fragen rund um MVZs. Bitte melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie Fragen haben oder eine Beratung wünschen.


Mit besten Grüßen, Dr. Alexander Dorn & Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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