Gewogen und für zu leicht befunden

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Das müssen sich wohl auch die Richter am Arbeitsgericht Darmstadt gedacht haben, als sie die Schadensersatzklage einer etwas übergewichtigen Dame abgewiesen haben (Urteil 6 Ca 22/13). In der Begründung bezog man sich auf § 2 SGB IX, in dem geregelt ist, wer nach dem Gesetz als behindert gilt.

Diesem Urteil ging folgender Fall voraus: Besagte Dame hatte sich um eine Anstellung bei einer Patientenorganisation beworben, deren Tätigkeitsbereich die Erziehung zu gesunder Ernährung und sportlicher Betätigung war. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch wurde ihr schriftlich mitgeteilt, dass sie wegen ihres Körpergewichtes kein gutes Aushängeschild für das Unternehmen wäre und man fragte nach, warum sie den nicht schlanker sei.

Trotzdem wurde sie zu einem zweiten Gespräch eingeladen. Die Frau allerdings war so beleidigt, ja fühlte sich gar diskriminiert und erschien nicht zum zweiten Gespräch. Den Job bekam sie natürlich nicht. Sie klagte und wollte 30.000 Euro Schmerzensgeld. Sie sei wegen ihres Übergewichts nicht genommen worden und das diskriminiere sie aufgrund einer Behinderung. Außerdem fühlte sie sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Gericht sah die Klägerin weit entfernt von einer Behinderung und unterstellte auch dem Arbeitgeber nicht, dass er bei der Ablehnung zur Einstellung von einer Behinderung ausgegangen war. Im § 2 SBG IX ist definiert,

"Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist."

Die Richter teilten die Meinung des Arbeitgebers. Wer nicht zum Gespräch erscheint, kann auch nicht mit einer Einstellung rechnen. Ebenfalls führte das Arbeitsgericht aus, dass der Arbeitgeber durchaus entscheiden darf, ob er einen Menschen einstellt, der in den Augen des Arbeitgebers für den Publikumsverkehr attraktiv genug ist. Der Arbeitgeber darf auch jemanden ablehnen, der wegen seiner äußeren Erscheinung nicht ins Grundkonzept des Arbeitgebers passt. Die Frau hätte die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit dem Arbeitgeber nach Wegen zu suchen, ihr Gewicht zu reduzieren. Das hätte in das Konzept des Unternehmens gepasst und sie wäre vielleicht zum „Vorher-Nachher“ Aushängeschild geworden. Aber sie war beleidigt und wollte Geld sehen.

Aber mal ehrlich, der hohe Streitwert von 30.000 € wäre nie erzielt worden. Allerdings lässt dieser hohe Streitwert vermuten, dass die Frau über eine Rechtsschutzversicherung verfügte, die für die Anwaltskosten in Höhe von ca. 2.600 € aufkommt – ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Der Arbeitgeber – obwohl im Recht – musste seinem Anwalt auch 2.600 € auf den Tisch legen.

Fazit: Wer nicht dick genug ist, darf auch nicht auf Schmerzensgeld nach dem AGG hoffen, auch wenn er sich diskriminiert fühlt.


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