Gläubigerversammlung bei der Deutsche Lichtmiete AG: Stimmabgabe mit „NEIN!" sicherstellen

  • 4 Minuten Lesezeit

Am 13. März 2023 sind Anleihegläubiger vom Amtsgericht Oldenburg zu einer Versammlung eingeladen. In dieser soll der Kaufvertrag nachgenehmigt werden, den der Insolvenzverwalter am 31.08.2022 mit der Novalumen GmbH geschlossen hat. Es ist im Interesse der Anleger, dass dieser Kaufvertrag nicht genehmigt wird, jedenfalls nicht in dieser Versammlung.

One Square Advisory Services S. à r. l als Gemeinsame Vertreterin der Anleihegläubiger will trotz erheblichen Interessenskonflikt (persönliche Verflechtungen mit der Käuferin Novalumen GmbH) Stimmrechte ausüben. Anleihegläubiger sollten die One Square Advisory Services S. à r. l ausdrücklich anweisen, für Sie mit "Nein" zu stimmen.

Warum wir zu dieser Empfehlung gelangen? Kurz und knapp die Fakten: 

1. In dem Kaufvertrag vom 31.08.2022 hat der Insolvenzverwalter alle wesentlichen Vermögensgegenstände der Lichtmiete-Gruppe an die Novalumen GmbH verkauft. wenn der Kaufvertrag abgewickelt wurde, sind die Lichtmiete-Gesellschaften "leer".

2. Für Anleihegläubiger ist daher ganz entscheidend, welche Gegenleistung für die Vermögensgegenstände der Lichtmiete-Gruppe bezahlt wird.

a) Was ist der Kaufpreis?

b) Wann ist dieser Kaufpreis fällig?

c) Was bedeutet das für die Insolvenzquote, die Anleihegläubiger erhalten werden?

3. Genau hierzu erhalten Anleihegläubiger aber keine Informationen.

a) Ein Barkaufpreis wird nicht bezahlt. So viel ist sicher. Es fließt also erst einmal kein einziger Euro.

b) Der Kaufpreis soll durch Begebung einer Schuldverschreibung in Höhe von 45 Mio. Euro bezahlt werden. Das ist erst einmal nur ein Stück Papier. Was diese Schuldverschreibung wert ist, muss überprüft werden. Sonst handeln Anleger "im Blindflug".

c) Diese Überprüfung ist bislang nicht möglich. Wie die Schuldverschreibung besichert ist, wie sie verzinst wird und wann in welcher Höhe Zahlungen daraus erfolgen, steht nicht im Kaufvertrag.

d) Der Kaufvertrag nimmt Bezug auf "Anleihebdingungen" in einer "Anlage 6.2". Diese "Anleihebedingungen" werden den Gläubigern nicht vorgelegt, Wir haben die "Anleihebedingungen" für unsere Mandanten beim Insolvenzgericht angefordert. Die Antwort: Dem Gericht liegen die "Anleihebedingungen" nicht vor, wir sollen uns an den Insolvenzverwalter Weiß wenden. Daraufhin haben wir uns - mittlerweile zwei Mal - an den Insolvenzverwalter gewendet. Von dort erhalten wir jedoch keine Antwort.

e) Zwischenfazit: Sicher ist bislang nur, dass alle Vermögensgegenstände abgegeben werden. Völlig unbekannt ist, welche Gegenleistung erfolgt. Wir erhalten keine Auskunft, auch nicht auf mehrfache Nachfrage.

4. Was Sie als Anleihegläubiger außerdem misstrauisch machen sollte:

a) Schon die bisherige Informationspolitik ist unverständlich. Wie soll über einen Kaufvertrag abgestimmt werden, wenn einer der zentralen Punkte - der Kaufpreis ! - nicht mitgeteilt wird?

b) Was uns vorliegt, ist ein Angebotsschreiben in Vorbereitung des Kaufvertrages, das auf den 11.08.2022 datiert. Dort ist von einer Tilgung der Anleihe durch jährliche Zahlungen die Rede, soweit innerhalb der Erwerbergesellschaft "excess cash" (zu Deutsch wohl: Liquiditätsüberschuss) von mehr als 3 Millionen euro im Jahr erwirtschaftet wird.

c) Schon diese Regelung ist unbefriedigend, weil sie das unternehmerische Risiko der Novalumen GmbH vollständig auf die Anleihegläubiger verlagert. Kein Erfolg der Novalumen GmbH, bzw. Erfolg bis maximal 3 Millionen Euro jährlich bedeutet keine Zahlungen auf die Anleihe. Wollen Sie das? Ist das ein fairer Interessensausgleich?

d) Schlimmer aber noch ist, dass die Entstehung von "excess cash" (Liquiditätsüberschuss) auf Ebene der Novalumen GmbH von deren Gesellschaftern, ihrerseits verflochten mit One Square Advisory Services S. à r. l, aktiv gesteuert werden kann. Die Gesellschafter der Novalumen GmbH haben es in der Hand, den Liquiditätsüberschuss in dieser Gesellschaft dauerhaft unterhalb von 3 Millionen Euro jährlich zu halten.

e) Tatsächlich geschieht dieses "Absaugen der Liquidität" bereits. Die One Square Advisors stellt an Novalumen Beratungsrechnungen in Höhe von mehr als 100.000 Euro monatlich. Dabei werden Dienstleistungen niederrangiger Angestellter gegenüber Novalumen mit Stundensätzen von 350 Euro netto abgerechnet. Auch Bahnfahrten zwischen München und Oldenburg werden abgerechnet.

f) Unabhängig von der Frage, ob diese Rechnungen materiell berechtigt sind, oder nicht, kann auf diese Weise dauerhaft und beliebig Liquidität aus der Novalumen GmbH abgezogen werden. Das bedeutet, dass die Gläubiger möglicherweise niemals Geld erhalten werden. 

g) Zwischenfazit: Mit dem, was jetzt zur Entscheidung ansteht, geben Sie alle Vermögenswerte der Lichtmiete-Gruppe ab, ohne einen gesicherten Anspruch auf einen einzigen Euro Kaufpreis zu haben.

Daher kommen wir zu dem abschließenden Fazit: 

Die derzeit auf dem Tisch liegende Beschlussvorlage ist nicht zustimmungsfähig. Da One Square Advisory Services S. á r.l trotz des bestehenden Interessenkonflikts ganz offensichtlich für die Gläubiger abstimmen will, und da Insolvenzverwalter Weiß dies erklärtermaßen so akzeptieren will (was wir beides ebenfalls für klar rechtswidrig halten), sollten Gläubiger mit der einzigen Handlungsmöglichkeit reagieren, die ihnen bleibt: 

Weisen Sie One Square Advisory Services S. á r.l als Gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger an, am 13.03.2023 für Sie mit "Nein" zu stimmen.

Laut Bestellungsbeschluss war die One Square Advisory Services S. á r.l verpflichtet, vor wesentlichen Entscheidungen eine Meinungsbildung der Anleihegläubiger einzuholen. Dies ist bisher nach unserer Kenntnis nicht geschehen. die One Square Advisory Services S. á r.l ist als gemeinsame Vertreterin verpflichtet, Weisungen der Anleihegläubiger zu befolgen.

Für Rückfragen stehen Ihnen gerne Dr. Wolfgang Schirp sowie Dr. Susanne Schmidt-Morsbach von der Kanzlei Schirp & Partner in Berlin zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp

Beiträge zum Thema