Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Lässt sich das Gegenteil beweisen?

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Ungleichbehandlung beim Lohn – Was kann/muss ich tun?

Entgeltgleichheitsklage/Entgeltdiskriminierung


Gleich die erste Pressemitteilung im Jahr 2021 berichtet von einem Grundsatzurteil des BAG (8 AZR 488/19). Eingereicht wurde eine Entgeltgleichheitsklage. Die Klägerin vermutete, dass ihr gleichgestellte männliche Arbeitnehmer mehr Geld für gleiche Arbeit erhalten. Sie ließ sich daraufhin gemäß den §§ 10 ff EntgTranspG das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter vorlegen. Dadurch erhielt sie Auskunft über den auf Vollzeitäquivalente hochgerechneten statistischen Median des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie die übertarifliche Zulage (Median-Entgelte). Die Klägerin erhielt ein Grundgehalt von € 5.685,90 und Zulagen in Höhe von € 550 brutto. Diese lagen unter dem männlichen Median. Das Median-Grundgehalt bei männlichen Abteilungsleitern betrug € 6.292 brutto und die Zulagen beliefen sich auf € 600 brutto pro Monat. Die Klägerin verlangte daraufhin Ausgleich der Differenz zwischen ihrem Grundentgelt und dem ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelt. Vor dem Arbeitsgericht wurde ihrer Klage stattgegeben. Das Landearbeitsgericht wies die Klage ab, da es annahm, es lägen keine ausreichenden Indizien gemäß § 22 AGG vor, um eine Vermutung zu begründen, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe.

 

Hierzu ist auszuführen, dass gemäß § 22 AGG es zur Erfüllung der Beweislast genügt, wenn eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Sodann trägt die jeweils andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmung zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen habe. Es genügt also der Vortrag, der zur Vermutung einer Benachteiligung führt.

 

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.01.2021 festgestellt, dass der Umstand der Gewährung von geringerem Entgelt als es der Vergleichsperson bezahlt wird, die Vermutung belegt, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Die Sache wurde nun zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, denn die Vermutung führt nicht zur Feststellung eines Rechtsverstoßes, sondern führt dazu, dass die in diesem Fall Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass gerade kein Verstoß gegen die Bestimmung zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

 

Das Urteil des BAG macht ganz deutlich, dass die vorgetragenen Tatsachen zum Nachweis einer Benachteiligung keinen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung bei Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal haben müssen. Es reicht vielmehr aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht.

 

Dies stärkt einerseits die Rechte, insbesondere von Frauen, ein gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu erhalten. Dies gilt aber allgemein. Man darf grundsätzlich nicht gemäß der in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligen. Dies betrifft also nicht nur geschlechterspezifische Benachteiligungen, sondern auch u.a. Benachteiligungen wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

 

Das BAG hat hiermit nicht entschieden, gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, sondern hat sich zu den Beweiserleichterungen im Rahmen einer solchen Entgeltgleichheitsklage festgelegt. Dies ist ein wesentlicher Schritt, der Klagen diesbezüglich erleichtern wird.

 

Wir begrüßen dieses Urteil, da wir bereits sehr oft Fälle wegen Verstößen aus dem AGG bearbeitet haben.

 

Sollten Sie vermuten, dass Sie am Arbeitsplatz diskriminiert werden, sei es insbesondere wegen Ihres Geschlechts, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir beraten Sie gerne.


Ulrike Böhm-Rößler

Fachanwältin für Medizinrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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