Google-Fonts-Abmahner Martin Ismail unterliegt vor Amtsgericht Charlottenburg nach negativer Feststellungsklage

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Seit längerer Zeit überziehen Herr Martin Ismail und dessen Rechtsanwalt Kilian Lenard Webseitenbetreiber mit vermeintlichen Schadensersatzforderungen, weil diese angeblich die Schriftart Google-Fonts fehlerhaft in ihre Webseite einbinden, sodass Daten der Webseitenbesucher an einen amerikanischen Server weitergeleitet werden. Im Regelfall fordert Kilian Lenard für seinen Mandanten Martin Ismail in seinen Schreiben Schadensersatz in Höhe von 170,- Euro, bei fristgerechter Zahlung würde von weiterer Inanspruchnahme abgesehen werden.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat dieser Praxis nun mit Urteil vom 20.12.2022 - 217 C 64/22 - einen empfindlichen Dämpfer verpasst:

Was war passiert?

Auf ein entsprechendes Forderungsschreiben der Kanzlei Lenard aus Berlin haben wir für die betroffenen Mandanten eine sogenannte "negative Feststellungsklage" gegen Martin Ismail erhoben, d. h. eine Klage auf Feststellung, dass der behauptete Anspruch des Martin Ismail nicht besteht.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg

Das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg fiel kurz und knapp aus, auch weil Martin Ismail nicht willens oder in der Lage war, seinen behaupteten Schadensersatzanspruch näher zu begründen:

Anspruch auf Schadensersatz nicht begründet

Das Amtsgericht Charlottenburg hielt den Anspruch des Martin Ismail nicht für begründet:

"(...)

Die (negative Feststellungs-) Klage ist zulässig; insbesondere ist den Klägern nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse abzusprechen. Die Klage ist auch begründet. Nach dem Vortrag des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten kann nicht von einem Anspruch gegen die Kläger ausgegangen werden, weder aus § 823 BGB noch aus der Datenschutzgrundverordnung oder unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt."

Datenschutzverstoß zwar grundsätzlich denkbar

Grundsätzlich sei ein Datenschutzverstoß denkbar, aber:

"Zwar mag im Falle der Wahl der sog. „dynamischen Variante“ (die Einbindung der Schriftart er- folgt nicht über den eigenen Server, sondern durch ein Code-Snippet im HTML-Code der Webseite) grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommen; wird nämlich die Internetseite nunmehr aufgerufen, so wird eine Verbindung zu den Google-Servern aufgebaut, wobei sodann zumindest die IP-Adresse des Seitenbesuchers an Google übertragen wird. Erfolgt diese Daten- übertragung ohne vorherige Einwilligung des Nutzers, so kann hierin ein Datenschutzverstoß liegen. Das LG München, Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20, hat in einem solchen Fall einen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz zugesprochen. Allerdings mangelt es insoweit an einem nachvollziehbaren Vortrag des Beklagten, sowohl hinsichtlich der Handlung als auch hinsichtlich der Höhe des begehrten Schadensersatzes."

Abmahnungen u. U. auch rechtsmissbräuchlich

Das Amtsgericht hielt auch unseren Einwand, die Forderungen seien rechtsmissbräuchlich, für denkbar, vorliegend kam es aber nicht darauf an:

"Ob die Geltendmachung des Anspruchs nicht ohnehin rechtsmissbräuchlich ist, muss daher nicht entschieden werden. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dient zwar dem Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten. Die DSGVO sieht daher auch Ansprüche auf Schadenersatz vor, wenn es zu einem Datenschutzverstoß gekommen ist [und die] gesetzlichen Regelungen nicht zum bloßen Selbstzweck verkommen und nicht ganz offensichtlich rechtsmissbräuchlich genutzt werden sollen, indem sich vermeintlich Geschädigte hier eine Einnahmequelle durch das massenhafte Versenden von „Abmahnungen“ schaffen. Vorliegend macht der Beklagte derartige Ansprüche in großem Umfang geltend, weshalb ein Rechtsmissbrauch durchaus vorliegen könnte."

Was tun bei Forderungsschreiben von Kilian Lenard/Martin Ismail?

Je nach Fallkonstellation sollten Betroffene in Betracht ziehen, die Forderungsschreiben des Kilian Lenard im Auftrag von Martin Ismail in die Ablage "P" abzulegen oder sich gerichtlich dagegen zu wehren. In jedem Fall empfiehlt sich dringend, bei einem solchen Forderungsschreiben kompetenten Rechtsrat einzuholen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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