Großer Erfolg: SCHUFA Holding AG muss Insolvenzdaten (Insolvenzverfahren aufgehoben) löschen.

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Die Rechtsanwaltskanzlei Losch erstreitet Urteil in der Berufungsinstanz gegen die SCHUFA Holding AG. Diese wurde zur Löschung eines Negativeintrages verurteilt. Dieses Urteil ist bislang jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Landgericht Kiel (Az.: 10 O 127/21) wies die Klage unseres Mandanten in der ersten Instanz ab. Nunmehr waren wir für unseren Mandanten in der Berufungsinstanz erfolgreich.


Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit brandaktuellem Urteil vom 03.06.2022 (Az.: 17 U 5/22; Urteil bislang noch nicht rechtskräftig) entschieden, dass die SCHUFA Holding AG die Information „Insolvenzverfahren aufgehoben…“ aus dem Datenbestand des Klägers (unseres Mandanten) löschen muss.


Mit diesem Urteil bestätigt der Senat sein Urteil vom 02.07.2021 (Az.: 17 U 15/21; Urteil bislang noch nicht rechtskräftig). In dem dortigen Verfahren handelte es sich um einen Eintrag in dem Datenbestand des dortigen Klägers über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Im Falle unseres Mandanten speichert die SCHUFA Holding AG die Information „Insolvenzverfahren aufgehoben…“ in ihrem Datenbestand.


Das es sich hierbei im Ergebnis um eine vergleichbare Fallgestaltung handelt, bestätigt nunmehr das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht. Die Verpflichtung diesen Eintrag zu löschen, bestünde – so der erkennende 17. OLG-Senat – für die Beklagte SCHUFA Holding AG jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten.


Maßstab für die Beurteilung, für welchen Zeitraum die SCHUFA Holding AG diese Information („Aufhebung des Insolvenzverfahrens…“) in ihrem Datenbestand speichern dürfe, wäre vorwiegend § 3 InsoBekV. Dieser sieht vor, dass Insolvenzdaten aus den öffentlichen Registern (www.insolvenzbekanntmachungen.de) nach Ablauf von sechs Monaten zu löschen sind. Der Verhaltenskodex des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien e. V., auf welchen sich die Beklagte in dem hiesigen Verfahren berief, sieht hingegen eine dreijährige Speicherdauer vor.


Der Beklagten stünde, so der OLG-Senat, keine Rechtsgrundlage für die Speicherdauer über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus für diese Information zur Verfügung. Eine Speicherung sei grundsätzlich nur dann rechtmäßig, wenn im Sinne von Art. 6 DSGVO eine rechtliche Grundlage für die Datenverarbeitung besteht oder der Kläger (was er vorliegend gerade nicht tat) in die Datenverarbeitung eingewilligt habe. Für die Datenverarbeitung könne sich die Beklagte allein auf Art. 6 I S. 1 lit. f) DSGVO stützen, also die Interessenabwägungsklausel.


Nach Ablauf von sechs Monaten sei die Datenverarbeitung in diesem Fall hingegen für die SCHUFA Holding AG nicht ohne Weiteres für die Wahrung ihrer berechtigten Interessen oder eines Dritten rechtmäßig, denn die Interessen, Grundfreiheiten und Grundrechte des Klägers überwögen die Interessen jeweils.


Zwar sei der Beklagten – hier der SCHUFA Holding AG – grundsätzlich ein Interesse gegeben, Informationen zum Insolvenzverfahren zu speichern. Dieses eigene Interesse stünde aber in einem Wertungswiderspruch zu den Regelungen des § 3 InsoBekV, denn die Beklagte wolle die Daten aus dem öffentlichen Register weitere zweieinhalb Jahre verarbeiten, wohingegen der Gesetzgeber mit der Regelung des § 3 InsoBekV eine Speicherdauer im Insolvenzregister von nur sechs Monaten vorgesehen habe.


Es liege – so der Senat – auf der Hand, dass damit eines der Ziele eines modernen Insolvenzrechts, nämlich einem Insolvenzschuldner nach abgeschlossenem Insolvenzverfahren einen Neustart zu ermöglichen, zumindest erschwert würde.


Die Datenverarbeitung greift im Falle unseres Mandanten nicht nur erheblich in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, sondern auch in sein Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit ein. In der notwendigen Abwägung ging zur Überzeugung des erkennenden Senats bereits das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Klägers dem Interesse der Beklagten an der Datenverarbeitung i. S. von Art. 6 I S. 1 DSGVO vor. Betrachte man das Interesse der Beklagten allein, wäre die Einwilligung des Klägers zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung erforderlich. Aber auch die Abwägung der Interessen und Grundrechte des Klägers mit den berechtigten Interessen der Vertragspartner der Beklagten (SCHUFA Holding AG) führten zur Überzeugung des Senats dazu, dass die Interessen und Grundrechte des Klägers überwögen.


Das erkennende Gericht führt weiter aus:

„Die notwendige Abwägung ist zunächst selbständig durchzuführen und lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht durch einen Verweis auf die Speicher- und Löschungsfristen in den Verhaltensregeln der Wirtschaftsauskunfteien ersetzen.“


Damit hat der Senat klargestellt, dass eine Einzelfallabwägung durchzuführen ist und sich die SCHUFA Holding AG nicht pauschal auf ihre eigenen Speicherfristen berufen kann. Die Verhaltensregeln (auch sog. „code of conduct“) ersetzten weder die staatliche Normgebung noch die gemäß Art. 6 I S. 1 lit. f) DSGVO gebotene Abwägung, so der Senat in seinen Urteilsgründen weiter.


Ein normativer Anhaltspunkt der notwendigen Abwägung stelle zur Überzeugung des Senats jedoch die Löschungsfrist aus § 3 InsoBekV dar. § 3 InsoBekV regele auch keinen wesentlich intensiveren hoheitlichen Eingriff, vielmehr könne eine längerfristige Speicherung etwa durch die Beklagte (verbunden mit der Berechnung von Score-Werten) und anschließender Auskunftserteilung, den anschließenden Aktionsradius eines früheren Insolvenzschuldners viel deutlicher einschränken, was sich im Falle unseres Mandanten gezeigt hat.


Im Falle unseres Mandaten hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht daher geurteilt, dass die weitere Datenverarbeitung durch die SCHUFA Holding AG, also eine Speicherung der Information („Aufhebung des Insolvenzverfahrens“) über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus, unrechtmäßig im Sinne des Art. 17 I lit. d) DSGVO erfolge, insoweit die Information durch die SCHUFA Holding AG zu löschen sei.


Das Gericht hat vorliegend die Revision gegen das Urteil zugelassen.


Die Rechtsanwaltskanzlei Losch zeigt sich mit dem Urteil sehr zufrieden. Damit konnten wir das Ziel unseres Mandanten erreichen, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Es zeigt aber, dass unsere Rechtsauffassung, wonach diese Insolvenzdaten von der SCHUFA Holding AG allenfalls nur für sechs Monate gespeichert werden dürfen, bestätigt wurde.


Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden.


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