Haften Finfluencer für schlechte Finanztipps? – Schadensersatz und rechtliche Risiken im Überblick

  • 3 Minuten Lesezeit

Dr. Marc Laukemann analysiert, wie Finfluencer mit ihrer Empfehlung von Finanzprodukten und Kryptowährungen eine besondere Verantwortung tragen und unter welchen Umständen sie für Schäden haftbar gemacht werden können. Finfluencer, die aufgrund ihrer großen Reichweite in sozialen Medien investitionsbezogene Inhalte teilen, können Schadensersatzansprüche auslösen, wenn ihre Empfehlungen als Anlageberatung nach Art. 20 MAR gewertet werden und irreführend oder marktmanipulierend sind. Derzeit besteht eine rechtliche Lücke im Bezug auf Kryptowährungen bis die MiCAR-Verordnung Ende 2024 in Kraft tritt. Dr. Laukemann rät Anlegern zur Vorsicht bei Finanztipps, besonders bei Kryptowährungen, und empfiehlt, die Zusammenarbeit mit Finfluencern rechtlich abzusichern. Geschädigte Anleger sollten alle relevanten Informationen sammeln und sich beraten lassen. Dr. Laukemann, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich Influencer-Marketing.

Von Dr. Marc Laukemann*



Ein Fall aus der Praxis

Ein Unternehmer folgt begeistert einem bekannten Finfluencer auf YouTube. Als dieser eine bestimmte Kryptowährung anpreist, investiert der Unternehmer – und verliert binnen weniger Tage fast sein gesamtes Kapital. Er fragt sich: Kann ich den Finfluencer für den Verlust haftbar machen?


Was sind Finfluencer?

Finfluencer sind Personen mit großer Reichweite in sozialen Netzwerken, die sich dort zu Finanz- und Anlagethemen äußern. So warb der US-Komiker Larry David im Februar 2022 prominent für die Kryptobörse FTX. Sie ging im November 2022 Konkurs. Der Schauspieler Matt Damon wiederum machte sich 2021 für Kryptowährungen stark, kurz bevor beispielsweise der Kurs von Bitcoin stark fiel (vgl. NZZ v. 25.05.2023). Mittlerweise ist die Tätigkeit der Finfluencer in den Focus einer breiten, kritischen Medienberichterstattung geraten (vgl. ZDF v. 19.11.2023, sowie Die Zeit v. 1. Juni 2024.


Wann haften Finfluencer für Fehlinformationen?

Finfluencer, die öffentlich zu Finanzprodukten raten, übernehmen eine besondere Verantwortung. Doch wann genau sind ihre Tipps rechtlich relevant? Und in welchen Fällen drohen Schadensersatzansprüche?

Mittlerweile hat die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA Warnhinweise für alle veröffentlicht, die in den sozialen Medien Anlagetipps geben.

Laut Buck-Heeb und Tatu (RDi 2024, S. 462) ist der rechtliche Rahmen klar: Empfehlungen auf Social Media können auch dann als Anlageempfehlung nach Art. 20 MAR gelten, wenn sie nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Ein einfacher Disclaimer wie „Keine Anlageberatung“ schützt also nicht vor Haftungsansprüchen, wenn der Finfluencer Erwartungen weckt, die auf irreführenden Informationen beruhen.


Kryptowährungen und die MiCAR – Eine gefährliche Lücke?

Bei Empfehlungen zu Kryptowährungen gibt es aktuell ein Problem: Viele Token fallen nicht unter die Marktmissbrauchsverordnung (MAR), die für Finanzprodukte gilt. Die neue MiCAR-Verordnung soll ab Ende 2024 für Kryptowährungen verbindliche Regeln schaffen, doch bis dahin bleibt eine gefährliche Lücke. Buck-Heeb und Tatu kritisieren diese Lücke und warnen: „Solange keine klaren Vorschriften existieren, bleiben Anleger weitgehend ungeschützt“ (vgl. Buck-Heeb/Tatu, RDi 2024, S. 467).


Schadenersatz: Wann besteht Anspruch gegen Finfluencer?

  1. Anlageberatung ohne Erlaubnis: Gibt ein Finfluencer individuelle Empfehlungen (iSd. § 2 III Nr. 9 WpHG bzw. § 1 I a 2 Nr. 1a KWG, § 2 II Ziff. 4 WpIG sowie ggf. Art. 3 I Nr. 35 MAR) und berät ohne entsprechende Lizenz, können Schadensersatzansprüche nach § 32 KWG und § 63 WpHG geltend gemacht werden.
  2. Irreführende Empfehlungen: Verbreitet ein Finfluencer über Medien unrichtige Informationen oder verschweigt Beteiligungen oder sonstige Interessenkonflikte, greift Art. 20, 91 II litc. c MAR (ggf. liegt auch eine verbotene Marktmanipulation vor, vgl. Art. 91 III litc. C MiCAR). Hier drohen Bußgelder und Schadensersatzpflicht.
  3. Marktmanipulation: Nach Art. 15 MAR ist es verboten, Kurse durch irreführende Empfehlungen zu manipulieren. Anleger können dann Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB geltend machen.


Handlungsempfehlungen für Unternehmer und Anleger

  • Finanztipps prüfen: Vertrauen Sie Finfluencern nicht blind. Achten Sie darauf, ob finanzielle Interessen offengelegt werden und ob es sich um Werbung handelt.
  • Besondere Vorsicht bei Kryptowährungen: Bis MiCAR vollständig greift, ist das Risiko besonders hoch. Vermeiden Sie spekulative Investments ohne fundierte Beratung.
  • Kooperationen absichern: Wenn Sie selbst mit Finfluencern arbeiten, stellen Sie sicher, dass alle Vorschriften eingehalten werden, um Bußgelder zu vermeiden (§ 22 MStV, § 6 I DDG und § 5a IV UWG; § 86 I I1 bzw. 2 NR. 1 WpHG, Art. 3 I DeIVO)
  • Geschädigte Anleger: Sie sollten alle relevanten Informationen und Dokumente sammeln, wie z.B.: die Kommunikation mit dem Finflucencer, die beworbenen Produkte und die getätigten Investitionen.


Lassen Sie sich beraten

Haben Sie durch fehlerhafte Finfluencer-Empfehlungen Geld verloren? Oder planen Sie eine Kooperation mit Influencern und möchten rechtlich auf der sicheren Seite sein? Kontaktieren Sie uns – wir prüfen Ihre Ansprüche und helfen Ihnen, rechtliche Risiken zu minimieren.



Über den Autor

Dr. Marc Laukemann ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz bei LFR Wirtschaftsanwälte und berät seit Jahren zu rechtlichen Fragen rund um Influencer-Marketing. Er hat u. a. in der Festschrift für Professor Michael Martinek sowie auf anwalt.de zu diesen Themen publiziert.

Über LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte ist eine spezialisierte Kanzlei für Wirtschaftsrecht in München. Wir unterstützen Unternehmen bei gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und digitalen Geschäftsmodellen. Profitieren Sie von unserer Erfahrung im Influencer-Recht und in der Vertragsgestaltung.

Foto(s): Kreiert mit ChatGPT 4.0 am 24.10.2024


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