Hessen: Beihilfe für Kinderwunschbehandlung auch ohne Trauschein

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main bestätigt Anspruch auf Beihilfegewährung für die Kosten einer künstlichen Befruchtung (IVF) auch für nicht verheiratete Beamte

Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, nicht aber für den Dienstherrn der Landesbeamten in Hessen: Während die private Krankenversicherung anteilig die Kosten einer medizinisch notwendigen Kinderwunschbehandlung in Form einer In-Vitro-Fertilisation übernimmt, lehnt die Beihilfestelle in Hessen dies bei unverheirateten Paaren ab. Nach Meinung des Landes Hessen gehöre die künstliche Befruchtung nicht zum Kernbereich der Krankheitsfürsorge, da die organisch bedingte Unfruchtbarkeit sich lediglich auf die Lebensführung und -planung des Beamten auswirke. Dennoch räumt das Land zumindest verheirateten Paaren bislang einen Anspruch auf anteilige Kostenübernahme zu.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte allerdings bereits im September 2019 klargestellt hatte, dass die Kosten der Kinderwunschbehandlung keineswegs „Privatangelegenheit“ der betroffenen Beamtinnen und Beamten ist, sondern die Krankheitsfürsorge des Dienstherrn schon wegen der beeinträchtigten Körperfunktion auch die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zur Beseitigung diese "regelwidrigen Körperzustands" umfasst. Da dieser Zustand aber nicht nur bei Verheirateten eintreten könne, sei eine Verkürzung des Beihilfeanspruchs lediglich auf verheiratete Beamten nicht zulässig (vgl. HessVGH, Urteil vom 24.09.2019, Az. 1 A 731/17).

Dem folgt nun auch das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, in dem es unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung herausgestellt hat, dass die Anknüpfung an das Verheiratetsein weder mit dem Krankheitsbegriff i. S. d. der Hessischen Beihilfeverordnung (HBeihVO) in Einklang zu bringen sei, noch die HBeihVO ihrem Wortlaut nach überhaupt eine Einschränkung auf verheiratete Partner der IVF-Behandlung vorsehe (vgl. VG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.03.2020, Az. 6 K 541/20). Die Bestätigung dieser Entscheidung durch den HessVGH steht noch aus.

Nachdem das Land Hessen seine Beihilfe-Praxis trotz der o. g. Entscheidungen offenkundig bislang nicht ändert, kann Betroffenen einstweilen nur geraten werden, gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung (Insemination, IVF oder ISCI) den Rechtsweg zu beschreiten.

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RA Michael Kurtztisch

hünlein rechtsanwälte, Frankfurt am Main

Foto(s): hünlein Rechtsanwälte GbR

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