Hinzuverdienst bei Erwerbsminderungsrente

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Mit diesem Rechtstipp möchte ich Ihnen erläutern, welche Hinzuverdienstmöglichkeiten bestehen, wenn eine (volle oder teilweise) Rente wegen Erwerbsminderung bezogen wird. Zu den grundsätzlichen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente darf ich auf meinen entsprechenden Rechtstipp verweisen.

Anrechenbares Einkommen:

Zunächst soll kurz erläutert werden, welche Einkünfte überhaupt angerechnet werden und damit grundsätzlich „rentenschädlich“ sind.

Als Einkommen zählen in erster Linie das Bruttoarbeitseinkommen sowie im Falle von Selbständigen der steuerrechtliche Gewinn. Ferner zählen gewisse Sozialleistungen wie z.B. Arbeitslosengeld, Krankengeld, Übergangsgeld und Verletztengeld als Einkommen.

Ausdrücklich nicht als Einkommen zählt in diesem Zusammenhang das Pflegegeld, das eine Pflegeperson von einer pflegebedürftigen Person erhält.

Volle Erwerbsminderungsrente:

Bis zu einer Gesetzesänderung am 01.07.2017 war es möglich, neben einer vollen Erwerbsminderungsrente einen monatlichen Verdienst in Höhe von 450,00 € zu erzielen, wobei in zwei Monaten eines Jahres der doppelte Betrag anrechnungsfrei war (insgesamt also 14 x 450,00 €). Die Überschreitung durfte nur in zwei Monaten pro Jahr angefallen sein. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bisweilen Einmalzahlungen wie z.B. Weihnachtsgeld gezahlt werden.

Seit der Gesetzesänderung besteht ein jährlicher Freibetrag in Höhe von 6.300,00 € (Hinzuverdienstgrenze), der frei verteilt werden kann. An der Höhe des jährlichen anrechnungsfreien Einkommens hat sich mithin nichts geändert (14 x 450,00 €), jedoch führt die Möglichkeit der freien Einkommensverteilung dazu, dass der gesamte Freibetrag auch innerhalb weniger Monate (z.B. bei Saisonarbeit) ausgeschöpft werden kann, ohne dass es zu einer Anrechnung kommt. Dies steht im Zusammenhang mit der sog. Flexi-Rente.

Bei einem Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze wird der übersteigende Betrag zunächst durch zwölf geteilt. Von dem so ermittelten Monatsbetrag werden 40% auf die monatliche Rente angerechnet.

Wird auch die Hinzuverdienstgrenze überschritten, greift der Hinzuverdienstdeckel, der die Grenze nach oben abschließt. Dieser Deckel wird individuell berechnet, wobei das Kalenderjahr mit den meisten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung maßgeblich ist. Liegt die bereits gekürzte Rente zusammen mit einem Zwölftel des Jahresverdienstes über dem ermittelten Hinzuverdienstdeckel, so wird der den Deckel übersteigende Betrag in voller Höhe auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet.

Ein sog. Mini-Job ist daher unproblematisch und führt nicht zu einer Rentenkürzung. Bei einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze ist neben einer Anrechnung auch immer zu berücksichtigen, dass der zuständige Rentenversicherungsträger nachprüfen kann, ob die Voraussetzungen für eine volle Erwerbsminderungsrente überhaupt noch gegeben sind. Ein höherer Verdienst, der für einen gesteigerten zeitlichen Arbeitsumfang spricht, kann zu der Annahme führen, dass das tägliche Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht (mehr) lediglich unter 3 Stunden besteht.

Teilweise Erwerbsminderungsrente:

Im Falle der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 3 bis unter 6 Stunden) erfolgt eine individuelle Berechnung der Hinzuverdienstgrenze sowie des Hinzuverdienstdeckels anhand der höchsten Entgeltpunkte der letzten 15 Jahre sowie der jährliche Bezugsgröße mit dem Faktor 0,81. Grundsätzlich gilt: Je höher der frühere Verdienst war, desto höher ist auch die Hinzuverdienstmöglichkeit.

Die individuelle Hinzuverdienstgrenze sowie der Hinzuverdienstdeckel bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sind dynamisch und werden jeweils zum 01. Juli unter Berücksichtigung der jährlichen Bezugsgröße neu berechnet. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt dies nur für den Hinzuverdienstdeckel, die Hinzuverdienstgrenze von jährlich 6.300,00 € ist indes nicht dynamisch.

Besonderheit bei dem Bezug von Lohnersatzleistungen:

Sofern Sie Lohnersatzleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld 1) beziehen, ist zu beachten, dass bei der Berechnung des Einkommens nicht die Höhe der Ersatzleistung, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende Arbeitseinkommen berücksichtigt wird.

Bevor Sie neben dem Bezug einer Erwerbsminderungsrente eine Tätigkeit aufnehmen, die zu einer Anrechnung führen kann, empfiehlt es sich, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Bitte beachten Sie auch, dass die Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen für die Kalenderjahre 2020 und 2021 lediglich für vorgezogene Altersrenten, nicht jedoch für Erwerbsminderungs- sowie Hinterbliebenenrenten gilt.

Sebastian Berg

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Sozialrecht


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