Ich habe einen Aufhebungsvertrag erhalten! Was nun?

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Verfallen Sie nicht in Panik, sondern befolgen Sie meine erste-Hilfe Tipps:


 1. Sie sind nicht gekündigt! 

Ein Aufhebungsvertrag ist nicht gleichzusetzen mit einer Kündigung. Eine Kündigung kann der Arbeitgeber ohne Ihre Zustimmung aussprechen. Ob die Kündigung rechtmäßig ist, kann dann gerichtlich überprüft werden.

Ein Aufhebungsvertrag hingegen ist ein Vertrag zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber, der die Konditionen der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses regeln soll. Sie müssen mit Ihrer Unterschrift (auf Papier, nicht online) zustimmen.

Lassen Sie sich also nicht unter Druck setzen, der Arbeitgeber kann und darf Sie nicht zur Unterschrift zwingen.  


Mein Tipp: 

Der Arbeitgeber muss Ihnen mindestens 5 Werktage Bedenkzeit einräumen, nutzen Sie diese.


2. Beachten Sie die sozialrechtlichen Folgen!

Wenn Sie mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vereinbaren, kann Ihnen eine Sperr- und Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld I drohen, dh. Sie erhalten kein Arbeitslosengeld und sind in dieser Zeit in der Regel auch nicht Kranken- und Rentenversichert bzw. müssen die Beiträge selbst abführen. Die gängige Sperr- und Ruhenszeit liegt bei ca. 3 Monaten.


Hintergrund ist, dass Ihnen Arbeitslosengeld I nur zusteht, wenn Sie Ihre Arbeitslosigkeit nicht selbst herbeigeführt haben.


Es gibt leider keinen Weg eine Sperr- und Ruhenzeit zu 100% zu vermeiden, aber man kann die Chancen darauf verringern:


- Der Aufhebungsvertrag muss unter Einhaltung der Kündigungsfrist (aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz) und zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Arbeitgeberkündigung erfolgen


- Sind Sie unkündbar, zB. auf Grund eines besonderen Kündigungsschutzes wegen einer Schwerbehinderung, Mutterschutz oder Elternzeit oder einer tarifvertraglichen Regelung, dann droht sogar eine Sperr- und Ruhenszeit von bis zu 18 Monaten.


- Leiden Sie an einer Erkrankung, wegen derer Sie nicht mehr arbeiten sollten, kann Ihr Arzt Ihnen ein Attest ausstellen, in welchem er Ihnen aus gesundheitlichen Gründen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses rät. Beachten Sie aber, dass dies dann auch in Ihrer Krankenakte vermerkt sein wird.


3. Verhandeln Sie eine Abfindung!

Zwar gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung, aber sie ist gängig und sollte verhandelt werden. Üblicherweise richten sich Arbeitgeber nach der sog. Regelabfindung, welche 0,5 Bruttomonatsgehälter pro vollem Beschäftigungsjahr sind.


Beispiel:

Bei einem Bruttomonatsgehalt von 3.000 EUR und einer Beschäftigungsdauer von 3 Jahren und 2 Monaten beträgt die Standardabfindung 4.500 EUR.


Gibt es aber keinen validen Kündigungsgrund, sondern es bestehen zB. lediglich persönliche Differenzen, kann die Abfindung durchaus wesentlich höher ausfallen. Ebenso bei einem bestehenden Kündigungsschutz.


Der Arbeitgeber spart sich durch den Aufhebungsvertrag das Risiko eines Prozesses, welches bezahlt werden will.


Mein Tipp:

Achten Sie im Ergebnis vor allem darauf, ob Sie durch die Abfindung finanziell abgesichert sind: können Sie eine drohende Sperr- und Ruhenszeit überbrücken, können Sie die Zeit bis Sie voraussichtlich eine neue Stelle finden finanziell überstehen?

Beachten Sie hierbei auch, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld lediglich um die 60% Ihres Bruttolohnes beträgt, Ihnen also einiges an Gehalt fehlen wird.


Sollte Ihr Arbeitgeber nicht bereit sein eine Abfindung zu zahlen, kann auch eine längere Freistellungsphase vereinbart werden. In dieser Phase müssen Sie nicht arbeiten, werden aber mit Ihrem vollen Gehalt weiterbezahlt, sind Kranken- und Rentenversichert.


4. Verhandeln Sie die Note Ihres Arbeitszeugnisses!

Gesetzlich hat man nur Anspruch auf ein wohlwollendes und wahrheitsgemäßes Zeugnis. Verhandeln Sie daher, dass Ihr Arbeitszeugnis einer Note „sehr gut“ oder „gut“ entsprechen muss. Zu den genauen Formulierungen oder einer Prüfung Ihres Zeugnisses berate ich Sie gerne.


Mein Tipp:

Sie können außerdem, wenn die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses noch weiter in der Zukunft liegt, auch ein Zwischenzeugnis vereinbaren, mit dem Sie sich noch vor dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses auf Jobs bewerben können.  


5. Nutzen Sie die Turboklausel

(auch Sprinterklausel genannt)

Insbesondere, wenn Sie eine lange Freistellungsphase haben und davon ausgehen, dass Sie schnell eine neue Stelle finden, können Sie mit der Turboklausel eine höhere Abfindung erzielen.


Die Turboklausel regelt, dass Sie das Arbeitsverhältnis früher als im Aufhebungsvertrag beenden können, üblicherweise mit einer Frist von zwei Wochen. Damit Ihnen aber der restliche Teil Ihres Gehaltes in der Freistellungsphase nicht entgeht, wird es als Abfindung ausbezahlt.


Pluspunkt: Auf Abfindungen zahlen Sie keine Sozialangaben, dh. es bleibt netto mehr übrig. Das gilt auch für den Arbeitgeber: er spart sich die ca. 20% für die Sozialabgaben, weswegen im Ergebnis beide Seiten profitieren.


Sie brauchen Hilfe bei der Prüfung Ihres Aufhebungsvertrages oder wollen wissen, welche Möglichkeiten Sie haben: kontaktieren Sie mich gerne. Ich stehe Ihnen beratend und bei den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zur Seite.


*Ihre persönliche Situation kann anders zu bewerten sein. Diese Rechtstipps ersetzen keine anwaltliche Beratung für den Einzelfall.






Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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