Ich kann mir Rechtsrat nicht leisten oder doch?

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Beratungshilfe – wie geht das? 

Der Rat und die Hilfe eines Anwalts kosten Geld. Das ist klar, steckt doch viel Wissen und Arbeit dahinter. Doch was ist, wenn man Rechtsrat benötigt, sich die Kosten jedoch nicht leisten kann? 

Auf keinen Fall sollte man an dieser Stelle den Kopf in den Sand stecken. 

Es gibt eine Lösung

Die Lösung nennt sich Beratungshilfe. Geregelt ist diese im Beratungshilfegesetz (BerHG). Unter gewissen Voraussetzungen erhält der Rechtssuchende staatliche Unterstützung in der Form eines Berechtigungsscheins, eine Art Gutschein für die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt. 

Die Beratungshilfe ermöglicht außergerichtliche Beratung und Vertretung durch einen Anwalt, also etwa ein bloßes Rechtsgespräch, ein Anwaltsschreiben oder die Vertretung gegenüber Behörden (§ 1 Abs. 1 BerHG). 

Sobald es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, muss erneute Hilfe beantragt werden. Diese nennt sich dann Prozesskostenhilfe. 

Für was kann ich Beratungshilfe bekommen?

Die Beratungshilfe wird gewährt in Angelegenheiten

  • des Zivilrechts (z. B. Kaufrecht, Mietsachen, Schadensersatzansprüche, bei Verkehrsunfällen, nachbarliche Streitigkeiten, Scheidungs- und Unterhaltssachen, sonstige Familiensachen, Erbstreitigkeiten, Versicherungsansprüche), 
  • des Arbeitsrechts (z. B. bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses), 
  • des Verwaltungsrechts 
  • des Verfassungsrechts,
  • des Sozialrechts (z. B. Grundsicherung für Arbeitssuchende „Hartz IV“, Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung), 
  • des Steuerrechts.
  • In Angelegenheit des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts wird nur Beratung gewährt, keine Vertretung.

Welche Kosten entstehen? 

Die Ausstellung des Berechtigungsscheins ist kostenlos. 

Wurde Beratungshilfe genehmigt, hat der Rechtssuchende an den Anwalt lediglich eine Beratungshilfegebühr in Höhe von 15 € zu zahlen (Nr. 2500 VV-RVG). 

Der Rechtsanwalt erhält weitere Gebühren, die weit unter den üblichen Rechtsanwaltsgebühren liegen, sodann von der Gerichtskasse ersetzt. 

Zu beachten ist, dass die Beratungshilfe nicht die Kosten trägt, die man gegebenenfalls einem Dritten zu erstatten hat. Fordert man zu Unrecht etwas von einem Dritten und nimmt dieser anwaltliche Hilfe in Anspruch, um die Forderung abzuwehren, muss man unter Umständen die hierdurch entstehenden Anwaltskosten des Dritten an diesen bezahlen.

Das Amtsgericht kann zudem innerhalb eines Jahres die Bewilligung der Beratungshilfe wieder aufheben, wenn sich herausstellt, dass die Angaben im Antrag nicht wahrheitsgemäß waren. Stellt sich im Nachhinein also heraus, dass die Beratungshilfe eigentlich gar nicht hätte bewilligt werden dürfen, hat man sämtliche ausgezahlten Kosten zu erstatten.

Unter welchen Voraussetzungen bekomme ich Beratungshilfe? 

  1. Der Rechtssuchende kann die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen,
  2. es gibt keine andere Möglichkeit für Hilfe, deren Inanspruchnahme dem Rechtssuchenden zuzumuten ist (z. B. Möglichkeit einer kostenlosen Beratung und Vertretung wegen Mitgliedschaft im Mieterverein, einer Gewerkschaft oder einer anderen Organisation oder eine bestehende Rechtsschutzversicherung) und 
  3. die Inanspruchnahme der Beratungshilfe ist nicht mutwillig.

Alle diese Voraussetzungen werden im Antrag abgefragt und anschließend vom Amtsgericht geprüft. 

Was muss ich also tun? 

Antrag stellen 

Gemäß § 4 Abs. 1 BerHG muss der Rechtssuchende einen Antrag auf Beratungshilfe beim Amtsgericht stellen, in dessen Bezirk er seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das heißt, beim Amtsgericht, in dessen Bezirk er wohnt. 

Sowohl das Antragsformular als auch das zuständige Gericht lassen sich ganz einfach über das Internet herausfinden. 

Der Antrag kann schriftlich oder mündlich beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Die Angaben sind wahrheitsgemäß zu machen. 

Mündlich kann der Antrag bei der Beratungshilfestelle des Amtsgerichts gestellt werden. Vor einem mündlichen Antrag sollte man sich auf der Homepage des zuständigen Amtsgerichts informieren, welche Unterlagen mitzubringen sind (z. B. Personalausweis, aktuelle Einkommensnachweise, Belege zur Zahlung der Miete, Kontoauszüge, Nachweise über Vermögen etc.). 

Sofern man bereits einen Rechtsanwalt aufgesucht hat und nachträglich einen Antrag auf Beratungshilfe stellen möchte, ist dieser innerhalb von 4 Wochen „nachzureichen“. Ansonsten wird die Beratungshilfe abgelehnt. 

In diesem Fall kann der Rechtsanwalt dann eine deutlich höhere, die übliche gesetzliche Vergütung verlangen.

Mit Berechtigungsschein zum Rechtsanwalt gehen

Das Amtsgericht bzw. der Rechtspfleger dort prüft anschließend, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe vorliegen. Liegen die Voraussetzungen vor und kann das Rechtsproblem nicht schon durch die Hilfe des Rechtspflegers gelöst werden, stellt der Rechtspfleger dem Rechtssuchenden einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe aus. Der Rechtssuchende kann mit diesem Berechtigungsschein dann zu einem Anwalt seiner Wahl gehen. 

Was ist zu tun, wenn Beratungshilfe abgelehnt wird?

Wird die Beratungshilfe abgelehnt, kann man den Rechtsbehelf der Erinnerung beim Amtsgericht einlegen. Schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (d. h. mündlich), muss man darlegen, warum man mit der ablehnenden Entscheidung des Rechtspflegers nicht einverstanden ist. 

Entweder ändert der Rechtspfleger sodann seine Entscheidung in eine positive Entscheidung ab, oder er legt sie dem Richter oder der Richterin zur Entscheidung vor. 

Besonderheiten gelten für Hamburg, Bremen und Berlin.



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