Immobilie und Erbbaurecht: Muss der Notar über den konkreten Inhalt des verkauften Erbbaurechts belehren?

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Hausbau

Der Kauf oder Verkauf einer Immobilie erfordert stets rechtliche Sorgfalt. Insbesondere beim Erwerb oder Veräußern einer Immobilie mit Erbbaurecht gibt es besondere Überlegungen, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 04.02.2022, Az. 11 U 124/18 verdeutlicht.

Erbbaurecht - was ist das?

Bevor ich auf das Urteil eingehe, ist es wichtig, das Erbbaurecht zu verstehen. Ein Erbbaurecht ist das Recht, auf einem Grundstück, das einem anderen gehört, ein Bauwerk zu errichten und zu nutzen. Der Inhaber des Erbbaurechts, auch Erbbauberechtigter genannt, erwirbt somit das Nutzungsrecht an dem Grundstück für einen festgelegten Zeitraum, oft für 99 Jahre. Während dieser Zeit kann der Erbbauberechtigte das Grundstück bebauen und nutzen, ohne jedoch Eigentümer des Grundstücks zu sein. Nach Ablauf des Erbbaurechts kann das Bauwerk in der Regel dem Grundstückseigentümer gehören, es sei denn, es wird vertraglich anders geregelt. Die Bedingungen des Erbbaurechts sind in einem speziellen Vertrag, dem Erbbaurechtsvertrag, festgelegt.

Muss Notar über Inhalt des Erbbaurechts belehren?

In dem Urteil vom OLG Hamm ging es um den Verkauf eines Erbbaurechts, bei dem der Notar gegen seine Pflichten verstoßen hat. Die Klägerin hatte im Juni 2013 ein Erbbaurecht erworben und versuchte später erfolglos, auch das Grundstückseigentum zu erwerben. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, verlangte der Grundstückseigentümer von der Erbbauberechtigten die nach dem Erbbaurechtsvertrag geschuldete Instandhaltung und setzte ihr dafür eine Frist. Obwohl die Erbbauberechtigte verschiedene Arbeiten durchführen ließ, machte der Grundstückseigentümer seinen Heimfallanspruch geltend.

Die Erbbauberechtigte klagte daraufhin gegen den Notar auf Amtshaftung, da sie der Ansicht war, dass sie das Erbbaurecht nicht gekauft hätte, wenn der Notar sie ausreichend über die Klauseln des Erbbaurechtsvertrages, insbesondere zu Instandhaltung und Heimfall, belehrt hätte. Das OLG Hamm stellte fest, dass der Notar gegen seine Pflichten zur Sachverhaltsaufklärung und Belehrung verstoßen hat, indem er den Erbbaurechtsvertrag nicht zugezogen und die Käuferin nicht über dessen Inhalte belehrt hatte.

Trotz dieses Amtspflichtverstoßes lehnte das Gericht einen Amtshaftungsanspruch ab. Die Begründung lag darin, dass die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass ihr Schaden kausal auf der Verletzung der Belehrungspflicht beruhte. Möglicherweise war der Klägerin der Inhalt des Erbbaurechtsvertrages beim Kauf egal, da sie damals noch die Hoffnung hatte, auch das Grundstückseigentum erwerben zu können.

Praktische Empfehlungen für Käufer und Verkäufer

Was bedeutet das Urteil des OLG Hamm für Käufer und Verkäufer einer Immobilie mit Erbbaurecht? Insgesamt betont das Urteil die Wichtigkeit einer umfassenden rechtlichen Beratung und transparenten Kommunikation zwischen den Vertragsparteien und dem Notar, um unangenehme Überraschungen und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden. Das Urteil des OLG Hamm hat für Käufer und Verkäufer von Immobilien mit Erbbaurecht einige wichtige Implikationen:

Für Käufer:

  1. Notwendigkeit umfassender Information: Käufer sollten sich bewusst sein, dass der Notar verpflichtet ist, den Erbbaurechtsvertrag zuzuziehen und über dessen Inhalt zu belehren. Dies ermöglicht es dem Käufer, die Bedingungen und Verpflichtungen des Erbbaurechts vollständig zu verstehen.

  2. Sorgfältige Prüfung des Erbbaurechtsvertrags: Der Erbbaurechtsvertrag sollte vor dem Kauf sorgfältig überprüft werden, um mögliche Risiken und Verpflichtungen zu erkennen.

  3. Klare Kommunikation mit dem Notar: Käufer sollten sicherstellen, dass der Notar alle relevanten Dokumente zuzieht und sie umfassend über die rechtlichen Implikationen belehrt. Bei Unklarheiten oder Unsicherheiten sollten Käufer den Notar gezielt nach weiteren Informationen fragen.

Für Verkäufer:

  1. Bereitstellung vollständiger Unterlagen: Verkäufer sollten dem Notar alle relevanten Unterlagen, insbesondere den Erbbaurechtsvertrag, zur Verfügung stellen, damit der Notar den Sachverhalt angemessen klären kann.

  2. Transparente Kommunikation mit dem Käufer: Verkäufer sollten sicherstellen, dass der Käufer ausreichend über die Bedingungen des Erbbaurechts informiert ist. Transparenz kann dazu beitragen, spätere Missverständnisse und rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden.

  3. Beratung durch Rechtsanwalt: Es könnte hilfreich sein, rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Aspekte des Erbbaurechtsvertrags angemessen berücksichtigt werden.

Allgemein:

  1. Bewusstsein für Heimfallklauseln: Käufer und Verkäufer sollten besonders auf Klauseln achten, die den Heimfall regeln, und die potenziellen finanziellen Auswirkungen für den Erbbauberechtigten verstehen.

  2. Sorgfältige Vertragsgestaltung: Die Erstellung eines Kaufvertrags über ein Erbbaurecht erfordert sorgfältige Überlegung und sollte die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigen, um spätere Konflikte zu minimieren.

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Foto(s): Titelbild von Semevent from Pixabay


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