Immobilienrecht - über welche Mängel muss der Verkäufer informieren?

  • 3 Minuten Lesezeit

In Fällen des Grundstücksverkaufs ist der Verkäufer dazu verpflichtet, den Käufer auch unaufgefordert über besonders wichtige Umstände zu informieren, die für die Kaufentscheidung des Käufers offensichtlich von entscheidender Bedeutung sind. Wenn der Verkäufer es unterlässt, auf solche offenbaren Mängel hinzuweisen, handelt er arglistig und kann sich nicht auf den üblichen Ausschluss der Mängelhaftung gemäß § 444 BGB berufen. In einem solchen Fall drohen dem Verkäufer erhebliche Schadensersatzansprüche sowie die Möglichkeit zur Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Angesichts dieses Risikos ist es für den Verkäufer in einer Transaktion von großer Bedeutung, sorgfältig zu prüfen, welche Umstände tatsächlich offengelegt werden müssen. Diese Überprüfung kann jedoch komplex sein. In der Rechtsprechung gibt es zahlreiche Einzelfallentscheidungen darüber, welche Mängel unaufgefordert offengelegt werden müssen.

Im letzten Jahr wurden drei neue höchstrichterliche Entscheidungen getroffen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob der Verkäufer verpflichtet ist, den potenziellen Käufer auf bereits behobene Mängel hinzuweisen.

Die erste Entscheidung (BGH, Urteil vom 19.02.2016 – V ZR 216/14) behandelt den Fall, in dem der Verkäufer eines Hausgrundstücks vor dem Abschluss des Kaufvertrags ein Fachunternehmen beauftragt hatte, einen Holzbock-Befall umfassend zu beseitigen. Diese Sanierungsmaßnahme wurde jedoch bei den Verhandlungen zum Kaufvertrag nicht erwähnt. Nach Abschluss des Vertrags stellte sich heraus, dass die Sanierung nicht den gewünschten Erfolg erzielt hatte und der Holzbock nicht vollständig beseitigt worden war. Der BGH entschied, dass der Holzbock-Befall als entscheidender Umstand für den Kauf angesehen wurde und daher eine Verpflichtung zur Aufklärung über diesen Befall bestand. Der Verkäufer hatte jedoch diese Aufklärungspflicht nicht vorsätzlich verletzt, da er weder von dem Mangel wusste, noch ihn für möglich hielt oder in Kauf nahm. Insbesondere, weil der Verkäufer ein Fachunternehmen mit der Beseitigung des Mangels beauftragt hatte, war er nicht verpflichtet, den Erfolg der Sanierungsmaßnahmen zu überwachen. Eine Ausnahme bestünde nur, wenn der Verkäufer konkrete Anzeichen gehabt hätte, die den Verdacht nahelegten, dass die Sanierung erfolglos war. In diesem Fall hätte der Verkäufer diese Anzeichen offenlegen müssen. Wenn er es unterlässt, handelt er arglistig.

Die zweite Entscheidung (BGH, Urteil vom 24.04.2016 – V ZR 23/15) behandelt einen Fall, in dem das Maklerexposé Angaben machte wie "Das massive Architektenhaus wurde 1999/2000 errichtet", obwohl das Haus tatsächlich unter Einbeziehung einer alten, bereits vorhandenen Außenwand gebaut worden war. Diese Wand wies eine höhere Anfälligkeit für Schäden und eine geringere Wärmedurchlässigkeit auf. Der BGH stellte fest, dass Arglist nur angenommen werden kann, wenn die Verkäufer Kenntnis von der Einbeziehung der alten Wand in das Wohnhaus hatten und wenn sie wussten oder davon ausgingen, dass ein durchschnittlicher Käufer die Angaben im Hinblick auf die alte Wand für falsch halten würde. Der BGH betonte, dass berücksichtigt werden muss, dass der Verkäufer, der eine Fachfirma beauftragt, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass die Firma ordnungsgemäß handelt.

Die dritte Entscheidung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.09.2016 – 4 U 171/10) beruht auf dem Sachverhalt, dass vor dem Kaufvertrag Feuchtigkeit in den Keller des Hauses eingedrungen war und der Verkäufer die Sanierung des Kellers veranlasste. Bis zum Verkauf des Hauses trat keine Feuchtigkeit mehr auf. Nach dem Abschluss des Vertrags stellte sich jedoch heraus, dass die Sanierungsmaßnahmen mangelhaft ausgeführt worden waren, und es kam zu erneuter Feuchtigkeit im Keller. Das Oberlandesgericht entschied, dass nicht nachgewiesen werden konnte, ob der Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis von Umständen hatte, die es für möglich hielten, dass die Sanierung nicht erfolgreich war. Diese Ungewissheit ging zu Lasten der Käufer, da sie die Beweislast trugen. Der Verkäufer konnte daher darauf vertrauen, dass die Sanierungsarbeiten fachgerecht und erfolgreich ausgeführt wurden, insbesondere weil ein Sachverständiger die Baumaßnahme begleitete. Arglistiges Verhalten wurde daher abgelehnt.

Haben Sie Fragen zum Thema Immobilienrecht? Rufen Sie uns gerne unverbindlich in einer unserer Kanzleien an. Der zuständige Rechtsanwalt steht Ihnen gerne zur Verfügung.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Stephan Steinwachs

Beiträge zum Thema