Impfpass Betrug?strafbar? ja,nein, vielleicht?

  • 3 Minuten Lesezeit

Sehr geehrte Leser und Leserinnen,


aktuell erreichen die auf Strafrecht spezialisierten Kanzleien häufig Fragen zum Thema


 Impfass Fälschungen, strafbar? ja oder nein?

Im Regelfall liegt folgender Sachverhalt vor:


Unsere Mandantschaft hat sich auf dubiosem Wege ( ebay Kleinanzeigen, telegramm oder sonstigen sozialen Medien) einen Impfass "bestellt", in dem eine bzw. zwei Impfungen eines in Deutschlad zugelassenen Vakzins eingetragen sind.

Diese Impfpässe sind oftmals für wenige Hundert-Euro auf o.g. Kanälen oder sonstigen sozialen Medien käufilich zu erwerben.


Mit diesem "falschen" Impfpass geht unsere Mandantschaft dann in die Apotheke um sich dort ein digitales Zertifikat ( QR Code) erstellen zu lassen, um dies beispielsweise im Handy vorzeigen zu können und sich Zugang zu nur Geimpften zugänglichen Bereichen zu "erschleichen".



Sobald die Apotheke bei der Erstellung des digitalen Zertifikats auf Ungereimtheiten stößt ist es sehr häufig der Fall, dass die Polizei gerufen wird, die Personalien des Antragstellers werden festgehalten, der Impfpass wird sichergestellt.  


Die Polizei leitet ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung § 267 StGB ein.


Im Regelfall kommt unsere Mandantschaft zu uns.


Was ist zu tun?


Zunächst ist Ruhe zu bewahren, wie bei allen Strafverfahren ist auch hier grundlegend anzuraten, keine weiteren Angaben gegenüber der Polizei zu machen. sondern einen Fachanwalt für Strafrecht mit der Rechtsangelegenheit zu beauftragen.


Ohne Akteneinsicht durch den Strafverteidiger sollte hier keine Stellungnahme.

Stand Rechtslage vor dem 24.11.2021

Ein versierter Strafverteidger kann die mitunter (noch - hierzu am Ende des Artikels mehr Informationen) herrschende unklare Rechtslage zu der Frage, ob die Vorlage eines "gefälschten Impfasses" in der Apotheke tatsächlich den Tatbestand der Urkundenfälschung erfüllt oder nicht, nutzen um eine Verfahrenseinstellung zu erwirken.


Die bisher ergangene Rechtsprechung lässt die Möglichkeit erkennen, ein Strafverfahren wegen o.g. Sachverhalts zur Einstellung zu bringen, es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Frage, ob eine Strafbarkeit vorliegt, oder eben nicht, sehr uneins entschieden werden wird.

Beispielsweise sei nachfolgende Entscheidung gegen das Vorlagen des Tatbestands der Urkundenfälschung vorzutragen

Entscheidung des LG Osnabrück Pressemitteillung zur Entscheidung des LG Osnabrück

Einen gefälschten Impfausweis in einer Apotheke vorzulegen, um an ein digitales Impfzertifikat zu gelangen, ist nicht strafbar. Die Sicherstellung des vermeintlichen Impfausweises durch die Polizei ist jedoch grundlegendmöglich. Diese Entscheidung hat das Landgericht Osnabrück getroffen. (Beschl. v. 26.10.2021).


Ein Imfpass stellt ein Gesundheitszeuggnis im Sinne der Spezialvorschriften der §§ 277, 279 StGB dar, im Konkreten ist jedoch eine Fälschung von bzw. Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse denkbar. Die Vorlage erfolge allerdings nicht gegenüber einer Behörde, sondern in einer im Regelfall privat geführtene, Apotheke, für die diese Vorschrift mangels Behördenstellung nicht einschlägig ist bzw. greift (Gesetzeslücke???)


Gemäß der Entscheidung des Landgericht Osnabrück finden die allgemeinen Vorschriften des § 276 StGB für den Fall der "gefälschten Impfpasse"  keine Anwendung, da die §§ 277, 279 StGB als Spezialvorschrift die Anwendung der allgemeinen Urkundsdeliktsvorschriften ausschließt - aber mangels Zutreffen auf privat geführte Apotheken eben nicht greift.

 

Es handelt sich hier offensichtlich um eine Gesetzeslücke, durch die für Beschuldigte einer solchen Straftat durch geschicktes Agierens einesversierten Strafverteidiger eine Einstellung des Verfahrens denkbar ist.




Hinweis: die rechtliche Situation hierzu kann sich durch Maßnahmen des Gesetzgebers oder lokale anders lautende Rechtsprechung grundlegend ändern, nähere Informationen hierzu erhalten Sie bei Ihrem Strafverteidiger

Aktualisierung ( 3.12.2021)

Achtung, aufgrund der nunmehr geänderten Gesetzeslage (24.11.2021) hat der Gesetzgeber die vorliegende "Lücke" geschlossen, die Rechtslage hat sich nunmehr geändert. Für den Fall der Verteidigung dürfte nunmehr der Tattag mitentscheidend sein! 



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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