Indem man Reue zeigt, kann man ein Kündigungsschutzverfahren gewinnen!

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Das Arbeitsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 19. Februar 2016 (Az: 6 Ca 190/15) einer Kündigungsschutzklage stattgegeben, obwohl der Arbeitgeber mehr als Anlass zur Kündigung hatte.

Der Arbeitnehmer, ein Zugführer der DB Regio GmbH, hatte nämlich auf Facebook Auschwitz-Fotos eingestellt und mit der Überschrift „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ versehen. Die DB Regio GmbH hat das Arbeitsverhältnis mit dem Zugführer daraufhin ordentlich verhaltensbedingt gekündigt.

Der Arbeitnehmer zeigte sofort Reue. Er entschuldigte sich beim Arbeitgeber und entfernte die Fotos sofort auf seinem Facebook-Account. Gleichzeitig erhob er gegen die verhaltensbedingte Kündigung eine Kündigungsschutzklage.

Die Reueaktion rettete den Arbeitnehmer. Das Arbeitsgericht Mannheim war zwar zunächst der Auffassung, dass der Zugführer seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt habe. Letztlich gab es der Kündigungsschutzklage jedoch statt.

Pflichtverletzung

Die Pflichtverletzung begründete das Arbeitsgericht Mannheim wie folgt: Solche Fotos können sich ruf- und geschäftsschädigend auf den Arbeitgeber auswirken. Bereits die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes „Arbeit macht frei“ sei in Deutschland tabuüberschreitend und eine Verbindung mit Flüchtlingen mute in Deutschland menschenverachtend an, so das Arbeitsgericht Mannheim.

Der Arbeitnehmer wehrte sich und argumentierte, dass es sich um Satire gehandelt habe. Dies erachtete das Arbeitsgericht Mannheim für objektiv nicht erkennbar. Auch war es der Auffassung, dass das Einstellen dieser Fotos nicht von der grundrechtlich verankerten Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Reue wurde bei Interessenabwägung berücksichtigt – Kündigungsschutzklage wurde gewonnen

Der Knackpunkt war aber, wie eingangs erwähnt, die Reueaktion des Arbeitnehmers. Diese rettete ihn vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Bei der Überprüfung der Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung wägt das Arbeitsgericht immer die Interessen des Arbeitgebers an der Kündigung gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers am Bestand des Arbeitsverhältnisses ab. Der Arbeitnehmer war recht lange, d.h. 14 Jahre bei der DB Regio GmbH tätig. In diesen 14 Jahren hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis eine recht lange Zeit reibungslos verlief und der Arbeitnehmer sich sofort beim Arbeitgeber entschuldigt hat und die Fotos von seinem Facebook-Account gelöscht hatte, veranlasste das Arbeitsgericht Mannheim, die so genannte Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers zu werten. Es gab der Kündigungsschutzklage statt. Das Aussprechen einer Abmahnung seitens der DB Regio GmbH hätte als milderes Mittel genügt. Allerdings forderte es den Kläger in der Urteilsbegründung ausdrücklich dazu auf, in Zukunft sensibler in sozialen Netzwerken zu agieren.

Fazit ist somit, dass es gerade bei verhaltensbedingten Kündigungen helfen kann, wenn sich ein Arbeitnehmer für sein Fehlverhalten sofort entschuldigt. Nichtsdestotrotz rettet die Entschuldigung alleine nicht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hat, kann der Arbeitnehmer die Wirksamkeit der Kündigung nur überprüfen lassen, wenn er binnen drei Wochen ab Erhalt/Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage bei dem für ihn zuständigen Arbeitsgericht einreicht.

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Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Mannheim, Urteil vom 19. Februar 2016, 6 Ca 190/15


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